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Leitud 18 artiklit

Aas das <pl Äser, Aße>
‣ Varianten: As,
{mnd. âs 'Fleisch eines gestorbenen Wesens'}
1. 'Körper eines toten Tieres' de Kadaver; et korjus
Viehaße
Schweineaße
Thieraße
2. Schimpfw. 'ein Mensch mit schlechtem Charakter'; scherzh. 'anerkennende Bezeichnung für eine Person' de Aas; et raibe, raisk, mait
dieses heimtückische Aas!
wart, du Aas!
Aas mit Schrauben
ein altes, dammliges, falsches, faules, feiges, freches, gemeines, unverschämtes, verfluchtes, versoffenes Aas
du Aas, war das eine feine Hochzeit! [emotionaler Ausruf, auch der Anerkennung]
wott, strammes Aas! [die Bekundung größter Wertschätzung]
Und was Natur und Zeit getan, Das sieht so´n Aas für Bess´rung an
‣ Synonyme: Luder
siehe auch aasen, aasig

QUELLEN

Gutzeit 1859, 51
As, (Aas). Die rigische Scharfrichterordnung von 1752 spricht von Äsern, die revalsche von 1665 von Aßen (Aassen). Bemerkenswert ist, dass auch in Riga das s in diesem Worte sehr gew. zu ß geschärft wird, besonders wenn As Schimpfwort ist. Man sagt dann: eines Aßes, einem Aße, solche Aße, Viehaße, Schweineaße, Thieraße. Dasselbe findet in den Zw. abasen, einasen, verasen statt, die häufig wie abaßen u.s.w. lauten. Nur in asig scheint ß nie zu hören.

Gutzeit 1886, 60
As (Aas). Unterm As, sehr schlecht, elend, 324, wie: unterm Luder, unter Piss.

Boehm 1904, 101
Aas Für recht harmlos gilt das derbe Wort Luder und das ihm sinnverwandte Aas, sie spielen im Verkehr mit den Füchsen eine gewisse Rolle: man treibt mit ihm sein „Schindluder“, man aast ihn, man bedarf sogar eines Burg- und Podrettluders, wie sich einstmals hohe Herren einen Prügelknaben oder einen Hofnarren hielten.

Masing 1926b, 75
Aas „Schimpfwort zur Bezeichnung eines Menschen mit schlechtem Charakter; vlg. auch manchmal bewundernd: Aas auf Hauen = kühner Haudegen“ (als Schelte bei Schumann, S. 70; Klaus Groth „Quickborn“ I, S. 278; Frischbier I, S. 3).

Masing DBWB, 7f.
Aas, n. (ās), pl. Äser (ḗzər), grdsch. Äsers (ḗzərs) 1. Kadaver / {Körper eines toten Tieres}. A. wird als Köder für Wölfe, Füchse, Neunaugen und Krebse benutzt. 2. Schimpfwort. Ach du A.! So´n A.!_ Und was Natur und Zeit getan, Das sieht so´n Aas für Bess´rung an. Kurl. (Nach Gellerts Ged. „Die Wachsamkeit”: Und was Natur und Zeit getan, Sieht unser unser Stolz für Tugend an.) _ „Abraham war ein Aas, finde ich”, erklärte Egon mit der ganzen Überzeugungskraft seiner jungen Jahre [der Lehrerin], „würden Sie das auch machen: solch ein unschuldiges Lamm schlachten, wenn Sie schon Ihren eigenen Sohn nicht zu schlachten brauchten?” GvdB 30. _ In einem Pratchen (s.d.) heißt es: Ein dörptscher Handwerker sitzt mit seinen drei Söhnen am Mittagstisch. Der älteste Sohn bemerkt zum zweiten: „Seh, wo Nudeln hängen von Vater sein Fresse!” Dieser erwiedert: „Wie darfst du zu Vater sein Schnauze „Fresse” sagen!” Der erzürnte Vater greift zum Stock, worauf die beiden Übeltäter flüchten. Der unschuldige Jüngste verkriecht sich unter den Tisch, und auf den Zuruf des Vaters: „Komm heraus, ich tu dir nichts!” antwortet er: „Dir Aas kenn ich schon!” (Ähnlich Dr. Bert. 2). _ In einem andern Pratchen sagt ein Schüler: „Adam eßte dem Apfel”. Der Lehrer verbessert: „Aß!”. Der Schüler: „Adam Aas eßte dem Apfel.”. _ Das Schimpfwort A. wird oft mit modifizierenden Beiwörtern versehen: altes, dammliges, falsches, faules, feiges, freches, gemeines, unverschämtes, verfluchtes, versoffenes usw. Verstärkung: A. mit Schrauben. Riga,└Das is´n A. von Grundboden aus. Libau._3. anerkennende Bezeichnung für eine Person, die auf einem bestimmten Tätigkeitsgebiet Außerordentliches leistet. Die Sensation des Tages [im Zirkus] ist aber Mister Atlas, der … mit der bloßen Faust Nägel durch dicke Bretter schlägt. „Wot [s.d.] Aas!” erschallte es heiser in tiefster Hochachtung von der Galerie. Rig. Rdsch. № 274, 5.XII.1931. _ A. auf Hauen, s. Johannson. ¤ Aas:- die Redewendung „wott, strammes Aas!” bedeutete … die Bekundung größter Wertschätzung. (ev. Ev. Mensenkampff 300, Felliner Schülespr.; nach 1905).

Kobolt 1990, 31
Aas n Kadaver; Schimpfwort, z.B.: Dieses heimtückische Aas! Wart, du Aas!, Ein faules Aas!; emotionaler Ausruf, auch der Anerkennung, z.B.: Du Aas, war das eine feine Hochzeit! mnd. âs Fleisch eines gestorbenen Wesens; Br.Wb. Aas Aas; kleines naseweises Mädchen; lbg. As Kadaver; Schimpfwort; anerkennendes Scherzwort; nhd. Aas Kadaver; gemeiner Mensch

Adelskonvent der
‣ Varianten: Adelsconvent
‣ Belege: Livland, Ösel
1. 'aus indigenen Edelleuten, und zwar aus dem Landmarschall, den 12 Landräten, den 12 Kreisdeputierten und 2 Kassadeputierten bestehender Ausschuß des livländischen Landtags, der in der zwischen den ordentlichen Landtagen liegenden Zeit von 3 Jahren […] alle Sachen, zu deren Entscheidung der residierende Landrat nicht befugt war und die nicht ausdrücklich dem Landtage vorbehalten war, zu entscheiden hatte' et aadlikonvent
deliberierender Adelskonvent
Livländischer Adelskonvent
2. 'regelmäßige Tagung dieses Ausschusses'

QUELLEN

Gutzeit 1859, 26
Adelsconvent Vgl. über ihn 214. 77 Adelsmarschall. 172. 1769. 27. Gewöhnlich wird dies Wort nur von denjenigen in den Gouvernements des eigentlichen Russlands gebraucht: in Livland sagt man fast durchweg: Landmarschall.

Tobien 1925, 12f.
Zur Vorprüfung der in der Landtagsversammlung allgemeiner Beratung zu unterwerfenden Gegenstände war der „engere Ausschluß“ geschaffen, der später den Namen „deliberierender Adelskonvent“ trug und aus dem Landmarschall, den 12 vom Landtage erwählten Landräten, 12 von den 4 Landkreisen gewählten Kreisdeputierten und 2 Kassadeputierten bestand. Dieser Ausschuß wurde in der zwischen den ordentlichen Landtagen liegenden Zeit von 3 Jahren zum „Adelskonvent“, der alle Sachen, zu deren Entscheidung der residierende Landrat nicht befugt war und die nicht ausdrücklich dem Landtage vorbehalten worden waren, zu entscheiden hatte.
[Beschlußfassung] Die Kreis- und Kassadeputierten tagten unter dem Vorsitz des Landmarschalls und gaben ihre „Sentiments“ über jede Vorlage ab, die alsdann dem aus des 12 Landräten bestehenden Landratskollegium zur Begutachtung überwiesen wurden. Nachdem die Landräte, die „das Beste dabei raten sollten“, ihre „Konsilia“ verlautbart hatten, faßten die Deputierten den endgültigen Beschluß.

Krusenstjern 1963, 24
beschlußfassender Adelskonvent. Livland. 12 Kreisdeputierte (ß 2 Kassadeputierte ohne Stimme) Vorsitz Landmarschall

Masing DBWB, 181f.
1. aus indigenen Edelleuten, und zwar aus dem Landmarschall (s.d.), den 12 Landräten (s.d.), den 12 Kreisdeputierten (s.d.) und 2 Kassadeputierten (s.d.) bestehender Ausschuß des livländischen Landtags (s.d.), der in der zwischen den ordentlichen Landtagen liegenden Zeit von 3 Jahren ... alle Sachen, zu deren Entscheidung der residierende Landrat nicht befugt war und die nicht ausdrücklich dem Landtage vorbehalten war, zu entscheiden hatte. Tobien, L.R. I, 12.
2. regelmäßige Tagung dieses Ausschusses. v. Stryk

Breß die
‣ Varianten: Brez

QUELLEN

Gutzeit 1886, 176f.
Breß (-), die, 1) Schnalle, vorzugsweise wol Brustschnalle. Begegnet zuerst in dem Schragen der russischen Kremer Gordelt und Breeßmaker v. 1512 zu Riga. Die Schreibung daselbst ist: Breeß u. Brees, in der Vielzal Breeße, u. daher Breeß- Breeße- und Breesmaker; das Geschlecht stets weiblich. Später wiederholt sich dieselbe Schreibung oder verändert sich; selbst das Beschlecht. Ein silbernen Breß kostet 20 Mk., 349. XXIII. 5. J. 1587. In der Bo. des rig. Raths von 1659 in Anlass der Streitigkeiten zwischen den deutschen u. undeutschen Krämern gebraucht das amtliche Schriftstück (im Schragenbuche) Bretzen: Wie es denn auch mit den bretzen u. Bendekens gehalten werden soll - nämlich es sollte den reußischen Krämern gestattet sein, diese Gegenstände für die Undeutschen zu verfertigen u. zu verkaufen. Den rig. Goldschmideschragen ist das Wort Breß fremd; doch werden, auffallend genug, die Breße der Breßmacher in der erwänten Bo. v. 1659 Bretzen genannt u. geschrieben, letztere dagegen in anderen späteren Schriftstücken umgekehrt Breß u. Bresen. Die Breßen der Breßmacher scheinen aber keineswegs dasselbe gewesen zu sein, was die Brazen od. Bretzen der alten Goldschmide waren; Brazen, Bretzen u. Breße überdies nicht gleichbedeutend mit den heutigen Nesteltrichtern (sölg) der Estinnen. Denn einerseits lassen diese wie die Breße nichts entdecken, was auf eine Bezeichnung Hand in Hand oder etwas die Handtreue Versinnbildlichendes deuten könnte; anderseits wären sie nicht ein Meisterstück d. rigischen Goldschmide gewesen; eine solche Anname fiele vor der Thatsache, dass auch die Lübecker und Wismarer Zunftrollen von Bratzen, Bretzen und Breßen als Meisterstücken der Goldschmide sprechen, auch die estnischen Brezen, die Nesteltrichter, in Riga unbekannt od. ungebräuchlich waren und sind. - Wenngleich indessen die Bratzen od. Bretzen der Goldschmide etwas Anderes waren als die Breße der Breßmacher, so verdunkelte doch die ungenaue Schreibweise der alten Zeiten diese Unterschiede und man nannte, oder schrieb wenigstens, veranlasst durch die sehr ähnliche Lautlichkeit beider Begriffsausdrücke, den einen Ausdruck wie den anderen, so dass es hier und da Schwierigkeiten macht, zu entscheiden, ob Bretze der Goldschmide oder Breß der Breßmacher gemeint ist.
Die Vermischung der beiden Ausdrücke unter einander und mit den Brezen oder Bresen der Estinnen hat dazu gelangen lassen, nicht blos die Gegenstände dieses Namens zu vereinerleien, sondern auch die Überzeugung hervorgerufen, das Wort Breze, Brese, Breß u.s.w. sei aus dem Estnischen herzuleiten. Dies sprach bereits Hupel in seinem Idiotikon mit vollster Zuversichtlichkeit aus in dem Artikel: das Bres, Spange, kleine Brustschnalle. Einige sagen, bemerkt er, die Breze oder das Bröschen; eigentlich sollte es nach dem Estnischen, woher es kommt, Prees heißen. Auch d. Petersburger Akademiker A.J.Sjögren folgte dieser Ansicht, ging jedoch einen Schritt weiter; denn er stellte noch die Behauptung auf, das estnische Prees sei aus dem russ. пряжка Schnalle entstanden. Dieser Überzeugung hat neuerlicht auch Prof. Leo Meyer gehuldigt. In 408. 1870. S. 44 sagt er: das estnische prees (bei Wiedemann prez, werro-estnisch prets) Spange, Schnalle, das in der Form Brees, Breese od. Breeze auch in das baltische Deutsch sich Eingang zu verschaffen wußte, erweis't sich, da echt estnische Wörter nur mit einfachen Consonanten anlauten, durch sein anlautendes pr deutlich als entlehntes Wort. Die Quelle aber, aus der es eindrang, bietet sich in nächster Nähe. Im Russischen heißt die Schnalle пряжка, das, da das russische я in der Regel auf altslawisches A, en,zurückweis't, altslawisch würde prenschka gelautet haben. - Bei dieser Erläuterung ist erstlich nicht gedacht der niederdeutschen Gestaltungen von Breze, Bratze, Brese, Bres u.s.w., welche doch unmöglich dem Estnischen entsprungen sein können, ebensowenig wie das englische brace; zweitens, dass wenn ein russisches Wort das estnische Prees oder das deutsche hierortige Bres, Brese u.s.w. zur Entwickelung gebracht hätte, dies Wort nicht пряжка, sondern das altrussische пряжа gewesen wäre. Denn пряжка hätte kein deutsches Bres, Brese, Breze hervorgebracht, sondern ein Wort Breeßke oder Breseke, wie wir das in den Ausdrücken Lasteken und Wymeleken für ластка u. выметки sehen. Der Ursprung des estnischen prees oder prez muss daher gesucht werden entweder im deutschen Bres u. Brez oder im altrussischen пряжа. Die lautliche Übereinstimmung mit ersterem ist vollkommen, selbst bis auf das End-s oder End-z, mit dem zweiten nur annähernd und in sofern, dass das estnische Wort wie das russische ein p als Anlaut zeigt. Da indessen die estnische Sprache den ankautenden Buchstaben b nicht kennt, so versteht sich die Verwandelung des deutschen b in estnisches p von selbst. Man könnte vielleicht unser Bres, Brese u. Breß als aus пряжа entstanden ansehen, da es, wie es scheint, erst im J. 1512 auftaucht. Das russ. я und ж, welche deutschem Munde und deutschem Schreiben unmöglich sind, könnten, jenes mit ee, dieses mit s oder ß wiedergegeben u. ersetzt, das russ. P endlich in deutscheres B verwandelt sein. Alle diese Möglichkeiten scheinen indessen darin Widerlegung zu finden, dass dieselben Gestaltungen von Breze, welche bei uns seit 1512 hervortreten, auch aus Deutschland bezeugt sind. Es lag somit keine Notwendigkeit vor, ein den Niederdeutschen Rigas aus Deutschland her bekanntes Wort am hiesigen Orte aus пряжа neu zu bilden.
Die Ansicht, dass Breze, Bres u.s.w. dem Estnischen entstamme, ist auch von Sallmann vertreten worden. Er sagt (390c. 52), Breze ist ein Wort, das aus dem Estnischen (Prez) ins Deutsche zurückgewandert ist; das gemeine estnische Synonym ist sölg; ebda S. 143: Breze ist eine Neubildung, indem beim Übergang ins weibliche Geschlecht (aus männl. estn. Prez) ein e angehängt worden. - Sallmann verweist auf schwed. brêska, franz. broche, hd. breis, altn. brîs, mnd. brace, brece, bretze = nodus, compages, auf das Zw. brîsen, noch jetzt schweiz. brisen, schnüren, nesteln; finnisch priski, schwed. brisk. Das finn. priski u. schwed. brisk verraten sich als entlehnte Wörter; Sjögren hält letzteres dem Finnischen, priski aber dem russ. пряжка entstammend. Priski u. brisk stimmen zu russ. пряжка, Prees aber zu Breß od. пряжа.

bumßen V [h]
‣ Varianten: pumpsen
Vi

QUELLEN

Gutzeit 1859, 160
bumßen 1) wie Grimm nicht, wol aber Hoffm. anf., mit dumpfem Stoß fallen. Eine Raupe bumßte vom Baume; er bumßte gegen die Wand. 2) einen Bums oder Wind lassen. - Hoffm. schreibt das Wort mit s; bei uns hört man ß.

Gutzeit 1886, 194
bumßen (◡), fisten. Gewöhnlicher: pumpsen.

duß Adj

QUELLEN

Gutzeit 1864, 214
duß (-), still, sanftmütig. Ein dußet od. duser Mensch; er ist duß geworden, still, zahm. Gewönlich mit ß gesprochen, und daher auf franz. doux weisend. vgl. dagegen Grimm unter dus.

-en Suff

QUELLEN

Gutzeit 1864, 255
en. 1) als Zwischensilbe in Quastenstiel, Bleckenzeug, Blechenschläger, Birnenbaum, Kirschenbaum, Schrankenschlüssel, Bankenbaum, Bankengeld st. Quaststiel, Blechzeug u.s. w.; in Bastensieb, Bastenstrick, Bastentuch, Strauchenquast vielleicht nur Endung des Beiworts: basten Sieb, strauchen Quast. Sehr allgemein in zusammengesetzten Namen: Holstenhof st. Holsts Hof, Schwarzenhof st. Schwarzhof, Fossenholm, Rammenhof. Enden die Namen nicht auf st, ß, ss od. z, sondern auf e, so wird nur n eingeschoben: Kojenholm, Kotenhof, nach den Besitzern Koje u. Koke. — 2) als Endung von Nebenwörtern früher gewönlich. Dieblichen beschlagen werden; erstlichen, ernstlichen, häusigen, fleißigen st. dieblich, erstlich, häufig. Ein halbes Überbleibsel des nd. redliken, eindrechtliken. — 3) als Endung bei weiblichen Namen, statt der in Deutschland üblichen, hier unbekannten Endung in, bei Namen, die auf a. au, o, n, s, t und z ausgehn. Z.B. die Ramlauen, Reimersen, Boltoen, Schwarzen st. Ramlau, Reimers, Bolto, Schwarz. Bei Namen, die auf e, i, r auslauten, ist nur apostrophirtes n zu hören. Die Poppe'n, Jakobi'n, Müller'n. Diese Endung ist gew. in vertraulicher Sprache, und hat „durchaus nichts Wegwerfendes od. Geringschätziges, was der ebenfalls gewönlichen Endung sche anklebt.

Gutzeit 1886, 245
en, 3) als Endung bei Familiennamen,z. B. die Blau-en u. s. w., seit 30 Jahrensehr abgekommen, hier u. da schon unbekannt(1868), oder ganz unedel. Bei Namen auf e und el und einigen anderen Endlauten wird en zu einfachem n: die Emme'n, die Löbel'n, die Löffler'n. Am Montag begleiteten mich meine Frau und die Ebeln zu Falck hin, 174. 1885. 185. J. 1788.

Seemann von Jesersky 1913, 115
als Nachsilbe eines Familiennamens bedeutet die Frau: die Schnetzen, Müllern, Kruskoppen.

feist

QUELLEN

Gutzeit 1886, 261
feist (feißt), fett. Zu feiß und feißt stellt Grimms Wtb. als unverwandt slaw. pitati alere, saginare, „so dass fett oder feist eigentlich bedeutet fett gemacht, gemästet, genährt“. Dieser Schluss erscheint bedenklich. Zum wenigsten wäre damit ausgesprochen, dass der ursprüngliche Begriff im slaw. Wort enthalten sei, im deutschen sich verloren habe. Ueberdies bezeichnet das slawische, ebenso wie das russische pitat' ernären, nicht: fett machen, oder mästen, was upitat' ausfüttern heißt; auch entspricht dem feiß oder feißt oder fett kein slaw. oder russ., aus pitat' gebildetes Beiwort. Endlich lässt sich selbst das deutsche ßt od. st nicht gut aus dem t des slawisch-russ. Wortes erklären. Wenn indessen selbst eine Zusammenstellung von pitat' ernären mit feißt u. feißten Geltung haben sollte, weil nären auch ein fett werden hervorbringen kann; so kann doch nicht übersehen werden, dass mit feißt u. feißten lautlich vollkommen übereinstimmt altruss. иѣстать pflegen, warten. Zeigt nun ebensowol feißt u. feißten wie russ. иѣстать ein st, so dürfte es unwahrscheinlich sein, in feißt eine mittelwörtliche Bildung (st. gefeißtet) anzunemen; glaublicher dagegen, dass in der Gestaltung feiß, welche nur dem allema. Gebiet angehört, das st oder ßt zu ß abgeschliffen u. dadurch feiß entstanden ist. vgl. Foster.

geben V [h]
Vt

QUELLEN

Petri 1802, 85
gebe, esse, nehme für gieb, iß, nimm.

Hoheisel 1860, 26
geben: sich Zeit geben st. „sich Zeit nehmen“ (franz. se donner le temps).

Gutzeit 1877, 316
geben. 1) mit Infinitiv. Einem zu essen, zu trinken geben, Speise und Trank geben, wie lat. dare bibere und in anderen Sprachen. Den Pferden zu fressen, zu saufen geben, sie füttern und tränken. — Einem zu schlafen geben, schlafen lassen, am Schlafen nicht hindern, wie russ. дать кому спать, vgl. ähnliche Infinitivwendungen in Grimms Wtb. II. 24. 6. ß und d. ß. —
2) sich geben. Die Stifeln werden sich geben sich ausweiten. Grimms Wtb. ll. 22. 3. — Sich geben, nach einer Richtung hin: ausweichen, neigen, sich herausgeben, senken. Die Lage des Zimmers hat sich gegeben, nach unten gesenkt; die Hauswand hat sich (nach Innen, nach Außen) gegeben, sich herausgegeben, hervorgebaucht. — Sich auseinander geben oder sich von einander geben: auseinander weichen, sich trennen, sich spalten u. dgl. —
3) von sich geben, etwas Genossenes, durch Erbrechen. Was er auch genießt, alles gibt er wieder von sich, muss er von sich geben. Zu Grimms Wtb. II. 12. g.
Statt: einem geben hört man nicht selten: an einen geben. Ich habe das Buch an ihn gegeben. Sallmann (390c. 25) schreibt dies französischem Einfluss zu. Das ist unwahrscheinlich. In derselben Weise — aber auch im Lateinischen (dare literas ad aliquem) — wird gesprochen: einem u. an einen schreiben, schenken, sagen, liefern; das an entschä-digt gewissermaßen für die felende Beugungsendung in Fällen wie: ich habe das an Jakob, an R. N. gegeben u. s. w. Häufig zeugt dieser Gebrauch von einer Unreife im Sprechen, aus welcher Unreife sich auch erklären: an und für etwas st. woran u. wofür; um was st.worum; nicht wo st. nirgends; durch dem dass st. dadurch dass, auch die Imperative (bei Sprechenlernenden) geb, ess, die später lauten gib, iss. Die Annahme eines französ. Einflusses widerlegt sich schon dadurch, dass das franz. à in donner à ql. oder emprunter à ql. keineswegs an bezeichnet u. dass Kinder ebensowol deutscher als lettischer Herkunft donnez-moi wiedergeben mit: geben Sie an mich. Das Geben „an mich“ hört mit den Kinderschuhen auf; doch ist: ein Buch an A. geben, leihen, an einen schreiben u. s. w. selbst bei Bestsprechenden gang u. gäbe. Das in Grimms Wtb. als „merkwürdig“ bezeichnete: „die Flucht geben“ (Sp. 1716. g. α.) ist wol ebenso wie das: „sich der Flucht geben“ (ebda ß) u. „sich in die Flucht geben“, nur eine dem Deutschen widerstrebende Wiedergabe von fugam dare, fugae se dare u. in fugam se dare.
Übersehen in Grimms Wtb. scheint die Formel in Kaiserl. Befehlen: Gegeben zu Zarskoje Sselo den 18. Februar. Wie lat. datum, franz. donné, russ. данъ, lett. dots, estn, antud. Etwas Überhöhung scheint: Gegeben im Tuckumschen Stadtmagistrate auf dem Rathhause zu Tuckum am 29. Jan. 1881, 173. 1881. S. 135.
Die auswärtige Verwandtschaft von geben, bemerkt Grimms Wtb. Sp. 1668. 3, ist noch nicht sicher gefunden; man führt dazu an κέω gieße, litt. gabenu bringe u. kelt. gabt nemen. Man könnte hinzufügen russ. давать geben,in welchem д statt deutschem g sich findet, w aber dem hessischen gäwen (Grimms Wtb. 1703. c. g.), altfries. geva. dän. give, mnd. u. mnl. geven entspricht. Auch sind die Präterita goth. gaf, mhd. gap, gaben, nol. gaf, gaven und das Hauptw. Gabe mit ihrem a in Betracht zu ziehen. Wie endlich das verlängerte давать zu дать steht, so finden wir wiederum mundartlich das b ausgefallen od. felend: gän u. gên Das russ. дать deckt sich wieder mit lat. dare.

Sallmann 1880, 25
geben, schenken an jemand; Platz geben, d.h. nehmen, sich die Zeit geben, d.h. nehmen (frz. Einfluß)

Kobolt 1990, 111
geben st. V. mit Eigenheiten in der Aussprache: II. Sing.Präs.: gipst mit kurzem Vokal; III. Sing.Präs.: gipt mit kurzem Vokal; II. Sing.Imperat.: gipp! plattd. Imperat.: mit kurzem Vokal gif!

Geisel

QUELLEN

Gutzeit 1877, 328
Geisel, sowol in d. Bed. von Bürge als in der von Peitsche nur aus der Schriftsprache bekannt, stets mit geschärftem s (oder ß) gesprochen und stets weiblich gebraucht: Geißel, die. Auch bei Lange und Stender nur Geissel u. geisseln; in Hupels estn. Wtb. v. 1780 Geisel, in dem v. 1818 Geissel. — Geiseln heißen in München einsitzige, vorn mit einem „Schneefang“ aus Lindenholz od. Drahtgitter versehene leichte Reitschlitten, leipz. III . Ztg. 1885. N° 2173. 192.

Geld das

vgl Amtmannsgeld, Brotgelder, Fischgeld, Mühlengeld, Schreibgeld, Wackengeld

QUELLEN

Gutzeit 1877, 331
Geld. Man unterschied in Riga und Livland ehemals grob Geld von klein Geld, d. h. grobe und kleine Münze. Das grobe Geld hatte größeren Wert. Hundert Thaler grob Geld waren daher mehr als hundert Thaler klein Geld; im J. 1667 galt beispielsweise ein Thaler grob Geld soviel wie drei Thaler klein Geld. Das Grob Geld begriff in sich die Silberthaler, das Klein Geld die Groschen und Schillinge. Grob Geld wird auch gut Geld genannt. Von jeder Hoffstelle die er wol ermistet, (soll er) 2 Thaler gut Geld haben, 330. 10. Gut Geld statt Grob Geld oft auch in 349. XXV.
1. — Schweres Geld. Für schweres Geld nichts bekommen; für mein schweres Geld werde ich schlecht bedient, d. h. obgleich ich viel oder reichlich bezale. Loses Geld, nicht angelegtes in Wertpapieren u. dgl. Was ich noch hatte an losem Gelde, verwandte ich zum Ankauf eines Pfandbriefs. — Verbriefte Gelder, Schuldforderungen. Die verbrieften Gelder werden im livländischen Landrechte unterschieden von der fahrenden Habe, 154. I. 145; an den ausstehenden Schuldforderungen od. sogenannten verbrieften Geldern hat in Livland die unbeerbte Wittwe keinen Theil, ebda II. 65; von den etwa vorhandenen verbrieften Geldern gebürt der beerbten Wittwe ein Kindestheil erblich, ebda II. 74. vgl. Grimms Wtb. 3. g. ß.
Wegen der Quartalbesendungen, so nunmehr ins Geld gesetzet. 349. XVI. 4. nicht: in Geld umgesetzt oder versilbert, wie in Grimms Wtb. 4. c. ß, sondern: dafür Geld gegeben, vgl. Geldanschlag. —Sprüchwörtlich heißt es: das Geld hat Füße, wird leicht vertan oder ausgegeben.
In der Vz. früher oft Gelde. Wanner (wann) Er auch die Gelde verdoppelt und verspielt habe, 3ö0. XVIII. 3. Jetzt Gelder. Meine Gelder sind zu Ende, im Scherz st. ich habe kein Geld mehr.


Auflösung der Naturallieferungen in Geld: [s.o.] + Ochsergeld, Schweinegeld, Gänsegeld, Kälbergeld, Schafgeld, Botlinggeld [?], Bockgeld, Heugeld, Kohlgeld, Rübengeld, Tischgeld, Wackengeld, Landgeld, Zinsgeld.

halb

QUELLEN

Gutzeit 1889b, 476
halb. Zu d. Grimmschen Wtb. 1.a.ß. für die Worte: es war eine halbe Stunde nach acht, spricht man bei uns kurz: es war acht ein halb oder halb neun. Niemals sprechen wir dafür: die Glocke war halb auf neune; selten: es war acht und ein halb Uhr. — Auf die Frage: kamen Sie um 10 (Uhr) an? kann die Antwort lauten: zwischen halb und voll, d. h. zwischen ½ 10 und 10. — Es ist halb, d. h. die Hälfte der Stunde. Ist es 10? Nein, (es ist) halb! Von ein-viertel bis halb (10) wartete ich.
Halb sieben. Das Haus steht auf halb sieben, d. h. ist - im gänzlichem Verfall. Weil 7 Uhr die Zeit des Arbeitsaufhörens ist, so ist halb sieben die Zeit gegen das Ende. In Riga. Der Ton auf sieben.
Zu 1. a. 7. Wir sprechen: zwei Halbe machen ein Ganzes; 6 Halbe sind 3 Ganze.
Zu 1. a. γ. Verschieden von drittehalb, viertehalb u. s. w. ist: dreieinhalb, viereinhalb, d. h. drei und ein Halbes, 3½, 4½. Statt drittehalb, vierte-, fünfte-, sechste-, siebente-, achte-, neunte-, zehntehalb, zwanzigstehalb sprechen wir seltener das schleppende: zwei und einhalb, sondern kürzer: zwei einhalb.
In 287 werden unterschieden: doppeltgroße, große, doppelte, halb doppelte, enkelte, halb enkelte u. englische Piepenstäbe; ferner: Wagenschoß (ganzes) und halbes Wagenschoß.

hung

QUELLEN

Gutzeit 1889b, 551
hung [...]. Ein hung [...] ist 11 Mark 30 ß; in 349. XXVII. 1. J. 1614—17 öfters das Zeichen für hungarische Gulden. Davor gegeben 3 hung [...] ist 35 Mark 18 ß, ebda.; abgewettet mit 5 hung [...] ist 59 Mark 6 ß, ebda.

Marktpfund
‣ Varianten: Markpfund

QUELLEN

LUB, VII/200, VII/249, § 8, VII/372, S. 265, VIII/219, VIII/258, VIII/385, VIII/894, §15, VIII/1030, § 6, VIII, § 11-13, VIII, § 117-18, VIII, § 22, IX/79, § 6, IX, § 17, IX/258, § 8, IX, § 13, IX, § 26, IX, § 28-29, IX/696, § 8-10, IX/1003, A.1

Gutzeit 1887b, 214
Markpfund, das Pfund von 32 Lot. Markpfunde, sagt Brotze in 166. 2. XVII. 148, welche öfters in hiesigen alten Schriften vorkommen, sind nichts anders als gemeine Pfunde. In einer Rechnung der Schwarzen Häupter v. J. 1446 heißt es: 8 Lispunt talges myn 4 mrk.-pfunt das Lispunt 20 ß. Quam 4 mrk. und 12 ß. Diese Summe kommt auch heraus, wenn man anstatt 8 Liespfund weniger 4 Markpf. nur 7 Liespf. und 16 Markpf. nimmt. — Der Ausdruck begegnet in einer Menge von alten Schriftstücken Rigas u. Revals, insbesondere in den Schragen. Bei Strafe eines Markpfundes Wachs, in vielen Schragen; de sol beteren — Mark ℔ wasses, in reval. Schrag. d. Schwarzhäupter u. 1407; in der Ordnung d. rig. Tafelgilde v. 1425: de sollen beyde hebben een halff markpunt Waßes. Selbst noch im Schragen d. reval, Schmidegesellen v. 1597. Die rig. Repschläger benutzten die der Stadt gehörigen eisernen Gewichte, welche ein Schiffpfund, 2 Liespfund und 4 Markpfund schwer waren, 475. 50.

Gutzeit 1887b, 215
Marktpfund, nd. mark(et)punt, Markpfund. Ein M. Wachs, 220. 101.

Bosse 1933, VII
Markpfund ca. 400 gr., vgl. Last

mögen

QUELLEN

Gutzeit 1887b, 246
mögen. Oft elliptisch gebraucht wie müssen, sollen, wollen, dürfen, können: bei-mögen, hin-, her-, dran- u. an-, auf-, durch-, ein-mögen. Ich möchte Thee, Zucker u. dgl. nämlich: haben. Möchte u. möchten wird häufig gebraucht 1) st. würde und würden. Was möchten Sie tun, wenn N. das sagte? — Sie hätten mehr Vorteil, wenn Sie gleich abreisen möchten; möchten Sie ihn kennen, Sie würden anders über ihn denken; möchte er ankommen, so brächte er die Sache in Ordnung; möchte ich auch zu ihm gehen, st. ginge ich auch zu ihm; möchten sie auch dies tun, so —, st. täten sie auch das. —
2) um einen Wunsch auszudrücken. Lieschen, Sie möchten kommen! st. Lischen, man ruft Sie oder wünscht, Sie möchten kommen; sagen Sie ihm, er möchte morgen kommen; möchten Sie hinausgehen! d. h. sein Sie so gut, hinauszugehen; wollen wir Mutter bitten,dass sie auch mitkommen möchte, d. h. bitten mitzukommen; Sie möchten fortgehen, sagte er, d. h. man wünscht, Siem öchten fortgehen. —
3) dies mögte und mögten ist oft nur eine mildere Sprechweise für sollte u. sollen. Wenn gesagt wird (vgl. 2): Lischen, Sie möchten kommen, so wird damit eigentlich nur ausgesprochen: Lischen, Sie sollen kommen. Der gegebene Auftrag wird milder ausgedrückt. Mögten Sie nur diese groben Worte hören, Sie würden — d. h. sollten Sie oder hörten Sie —. —
4) dient es, wie Sallmann (390c. 157) es ausspricht, um den in Deutschland fast erstorbenen und jedenfalls, wo er angewandt wird, steif und geziert klingenden Optativus auszudrücken; — man umschreibt lieber mit wenn doch od. einer ähnlichen Wunschpartikel. Möchte, was er sagt, wahr sein!Möchte sich die Lage bald klären! Möchte es bald aufhören zu regnen! — In Riga u. Livland ebenso, in allgemeiner Übung. Ich möchte Sie um Geld, um den Schlüssel bitten (oder: gebeten haben), d. h. ich wünsche von Ihnen Geld od. den Schlüssel.
Die zweite u. dritte Redewendung mit möchte ist fast nur der Sprache Ungebildeter eigen. Fast scheint bei ihr ein fremder Einfluss mitzuwirken, da sie ebenso bei sog. Halbdeutschen, bei Hebräern und Molenrode. Polen, selbst der besten Gesellschaft, begegnet, wenn sie deutsch sprechen.
Uneigentlicher wird 5) möchte st. könnte gebraucht. Können Sie mir nicht sagen, wo möchte Herr N. wonen? st. wo erwont. Dies möchte brauchen ebensowol deutsch sprechende Letten als Polen. Möchte sein! bedeutet oft: vielleicht oder: das ist möglich, das könnte sein. Ist das so? — „Möchte sein!“ lautet die Antwort. Wie russisch: можетъ быть.
Alle Redewendungen mit möchte scheinen auch in Kurland gebräuchlich und im Dörptschen, von woher, als eine Ausdrucksweise besser Sprechender, schon Riemschneider (vgl. 175. 1858. № 5) anfürte: man schließt jeden Satz mit würde oder möchte. Doch vgl. Grimms Wtb. Sp. 2459. ß.

Seemann von Jesersky 1913, 149
möchte, wird häufig falsch gebraucht statt möge, mag, soll. Wenn er will, möchte er kommen, das möchte er tun. Sag ihm, er möchte sofort kommen.

Offizielle

QUELLEN

Boehm 1904, Sp. 712
Offizielle Sekundanten ß Unparteiische

Ordnungsgericht das

QUELLEN

Hupel 1774-1782, 449

Hupel 1795a, 165
Ordnungsgericht, das, war vormals das Polizeygericht des Kreises in Liefland; den Vorsitzer nannte man Ordnungsrichter. In Ehstland hört man jetzt oft den Kreishauptmann einen Ordnungsrichter nennen.

Provinzialrecht I, 49, 66ff.
§ 298: je 1 Ordnungsrichter; 2 Adjunkten o. Assessoren; Marschkommissäre (nicht: Oesel).
§§ 397-435 (Livland): § 397: Kreis Riga: Riga, Wolmar: Kreis Wenden: Wenden, Walk;
(1797) Kreis Dorpat: Dorpat, Werro; Kreis Pernau: Pernau, Fellin; Kreis Oesel: Arensburg.

Bunge 1874, 234
Ordnungsgericht (Livland) 1668 angeordnet (z.T. an Stelle des Schloßgerichte), 1694 wieder aufgehoben.
„welche zwar zunächst die Landespolizei zu verwalten hatten, allein insofern auch hierher gehören, als ihnen die Untersuchung und Aburtheilung geringfügiger Verbunden, die von Personen niederen Standes begangen wurden, so wie z.T. die Vollstreckung der Urtheiler der eigentlichen Justizbehörden übertragen war.
ebd. 304: nach 1710 wieder eingerichtet.

Sallmann 1880, 54

Gutzeit 1887b, 312
Ordnungsgericht, die unterste Landespolizei behörde, welche in Estland Hakengericht heißt, Buddenbrock in 193. II. 569; in jedem Kreise die Unterinstanz für Polizei- u. Executionssachen. Wird vom Adel besetzt, Hupel. — Im J. 1694 wurden die Ordnungsgerichte aufgehoben und deren Geschäfte theils den Landgerichten, theils den Kreisvögten überwiesen; zu russischer Zeit aber wiederhergestellt, 350. XI. 2. 217. In jedem Kreise Livlands gibt es 2 Ordnungsgerichte; der Öselsche Kreis hat nur eines. Jedes O. besteht aus einem Ordnungsrichter u. zweien Adjuncten od. Assessoren.

Tobien 1925, 484
(Livland): 8 Ordnungsgerichte fungierten als Polizeibehörden. Verwaltung der Landpolizei; Untersuchung u. Aburteilung geringfügiger Verbrechen; z.T. Vollstreckung der Urteile der eigentlichen Justizbehörden.
An jedem Ordnungsgericht hatten 2 Marschkommissare, die ursprünglich den Durchmarsch von Truppen organisieren mußten, für Aufrechterhaltung der Ordnung auf d. flachen Lande zu sorgen.
Ordnungsrichter ß Marschkommissare v.d. Ritterschaft gewählt.

Grosberg 1942, 44, 312, 317
das Ordnungsgericht Kriminal- und Administrativbehörde

Osering

QUELLEN

Gutzeit 1887b, 314f.
Osering, der, im alten Liv-, Est- und Kurland eine Gewichtsmenge, bz. ein Geldwert von 8 Lot Silber oder einer halben Mark. Als oseringus zuerst begegnend in Heinrich dem Letten, beim J. 1212: dem Gebiete von Treiben wird wegen eines Aufstandes eine mäßige Summe Silbers, nämlich 100 Oseringe oder 50 Mark Silbers auferlegt u. beim J. 1214: der lettische Atteste Thalibald von Tolowa gibt seinen Quälern 50 Oseringe als Lösegeld. Später in mehren Urkunden, so v. 1241: für die Tödtung eines Knaben sollen sie 3 Oseringh als Strafe zalen; von 1290: vortmer von dem wartguit sal der commendure to der Winda 12 oseringe behalden; von 1424: bescreven syner schult 10 oseringe unde 1 tunne dorsches; besonders auch im alten Gemeinen Landrecht (vgl. Ortning) kommen Oseringe wiederholt vor als Bußgeld: ver lehmung des duhmens, iß 4 Oßeringe; ver den middelsten Finger, 2 oseringe, 8 Ortinge; ver den letzten Finger, 1 osering, 4 artogen. vgl. Bunge's Beiträge z. K. liv-, esth- u. kurl. Rechtsp. S. 85. Auch der litauische Häuptling Lengewin, der von einigen Rittern gefangengenommen war, wurde für 500 Oseringe freigelassen, livl. Reimchronik. Der Ursprung des nur als Osering, nicht als Osering bezeugten Wortes und dessen vielleicht eigentliche Bedeutung ist unbekannt und alles bisher Vorgebrachte mehr Überzeugung als überzeugend. Arndt(179. I. 102) scheint der erste gewesen zu sein, welcher sich mit dem Ausdruck beschäftigt hat. Er sagt (a. a. O.) Oesering heißt in kur- u. lettischer Sprache eine silberne Hemdeschnalle oder ein Broschen mit Buckeln von gleichem Metall, welches die Weiber vor der Brust zur Zierrath tragen — Vielleicht sind es alte Silberstücke gewesen mit Henkeln oder Ösen versehen, die ½ Mark an Gewichts gehalten haben.“ Diese in Schiller-Lübben's mnd. Wtb. wörtlich wiederholte Erklärung ist doch eigentlich eine zwiefache u. zugleich sich widersprechende. Die Oseringe sollen gewesen sein Brezen, — eine bestimmte Behauptung, der die Worte folgen: vielleicht sind es alte Silberstücke gewesen. Ebenso auffallend ist die Angabe, Osering heiße in lettischer Sprache eine Breze. Hierzu fel jeder Anhalt; kein geschichtliches Zeugniss, kein lettisches Wörterbuch dient dem zur Bestätigung. Und doch ist seine Angabe eine so bestimmte, dass man glauben dürfte, das Wort sei noch zu seiner Zeit bei den Letten üblich und bekannt gewesen. Im 2. Teil seiner Chronik (179. II. 30) spricht sich Arndt entschieden für Brezen aus. Er sagt: die Oeseringe, die einer halben Mark gleich kamen, das sind die großen, aus dichtem Silber verfertigten runden Schnallen, womit die reichen Bäuerinnen ihre Wepen auf der Brust fest machen, und nun ziemlich zur altvaterischen Tracht gehören, ein halb Pfund und mehr an Gewicht betragen. — Für Brezen entscheidet sich auch A. v. Richter (347. I. 1. 52/53); die Oeseringe, sagt er, sind die großen silbernen Heftschnallen der Weiber, die noch heute bei den Bäuerinnen in Gebrauch sind. Sie wiegen nach Arndt (II. 30 u. 177 Anm.) häufig ein halbes Pfund. -Arndt hielt das Wort für ein deutsches. Daß es ein deutsches sei, sagt er, a. a. O., weisen die Silben Oese und Ring. Oer ist noch jetzt eine schwedische Münzsorte. Oese und Ring, zeigen die runde Form an. — Hansen in s. Ausgabe Heinrich d. L. gibt die Worte Arndts wieder u. bemerkt, dass Osering wörtlich Ohrring bedeute. Diese Erklärung hat die meisten Anhänger gefunden, besonders auch deswegen, weil man das Wort im slaw. усерязь wiederzufinden glaubt. Obgleich nun Ohrringe mit verschiednen Anhängseln, in gleicher Weise wie Halsketten mit angehängten Münzen u. Brustfibeln lange ein beliebter Schmuck estnischer u. finnischer Weiber waren und es z. Th. noch heute sind, auch als Grabaltertümer vorkommen (vgl. 347. I. 1. 328), so ist doch zu erwägen, dass Osering der deutschen Sprache vollkommen fremd ist und daß es zwar lautlich mit усéрязь oder усéрягъ, zusammenstimmt, dieses jedoch bei den alten Russen niemals im Sinne einer Gewichtsmenge benutzt worden ist. Wie an усерязь konnte auch an ein (vorausgesetztes)gothisches aussahriggs Ohrring gedacht werden, von welchem das wegen der Endung ягъ oder язь als slawisch verdächtige усерягъ abgeleitet wird. Indessen durfte Osering schwerlich Ohrring bezeichnen; und auffallend wäre doch, dass ein gothisches Wort sich gerade im baltischen Lande erhalten oder Gestaltung als Osering hätte gewinnen sollen und nicht an der Weichsel, an der die Gothen einst sesshaft gewesen und von wo sie ihre Herrschaft nach Nordosten zu ausbreiteten. Prof. C. Grewingk hat daher nur zu sehr Veranlassung (408. 1874. S. 168 u. 169) Folgendes auszusprechen. „Man deutete die Oseringe als altslaw. Usseräs oder. Ohrgehänge, od. als deutsche Ohrringe (Öse u. Ring), oder als kur- u.lettische Hemdschnallen, Broschen oder Brezen, berücksichtigte dabei aber nicht, dass die Russen selbst sich jener Usseräs nicht als Werthzeichen bedienten und daß. von Liven und anderen baltischen Indigenen keine Ohrringe getragen wurden. In Betreff der silbernen Hemdschnallen wäre zu bemerken, daß sie nicht so häufig waren, wie sie als Oseringe sein müßten. Gegenüber allen jenen Deutungen scheint es mir viel einfacher, die Oseringe oder Öseringe auf Österlinge zurückzuführen u. dies um so mehr, als wir durch Nestor erfahren, daß d. Tribut der Radimitschen u. Wätitschen in Sterlägs, d. i. Vierlingen erhoben wurde. Wenn wir dann noch weiter hören, daß man zu Oleg's Zeit (879—912) den Tribut in Griwni Silbers berechnete und eine Griwna gleich ½ њ war, so folgt hieraus, daß 2 Oseringe od. Österlinge u. wahrscheinlich auch 2 Sterlägs oder Sterlings auf eine Griwne kamen. „So anmutend diese Deutung ist, so darf doch nicht übersehen werden, dass das Wort Osterling in d. Bed. von Sterling bei uns nicht vorkommt, insbesondere aber, dass стерлягъ nur in der Archangeler Abschrift der Nestorschen Zeitnachrichten sich vorfindet und offenbar durch den Abschreiber eingeschwärzt worden ist. Denn Sterlinge sind in England erst gegen Ende des XII. Jahrh. geprägt worden u. daher nicht möglich, dass Sterlinge schon 885 im südlichen Binnenlande Russlands als Abgabe geleistet worden. Der Abschreiber, welcher zu der Zeit gelebt haben muss, als der Handel über Archangel zwischen. Russland und England eröffnet war, ersetzte die ihm unbekannt u. von den Abschreibern ebenfalls vorausgegriffene Benennung щьлягъ d. i, Schilling mit der ihm bekannten und neuen стерлягъ.
Wenn Oseringe ursprünglich einen Schmuckgegenstand bezeichnet haben sollten, als welchen jedoch kein Schriftstück sieerkennen lässt, so dürfte sich die Herkunftdes Wortes in russ. ошейникъ (ожерелье) vermuten lassen, welches gleich dem biblischen Griwna einen Halsschmuck, ein Halsgehänge, eine Halskette, ein Halsband bedeutet. Diese Vermutung könnte jedoch nur durch d. Voraussetzung gestützt werden, dass die Russen, welche, wie andre Slawen, soweit geschichtliche Kunde reicht, den Gebrauch eines solchen Halsschmuckes nicht kannten, dem Brust- od. Halsschmuck der Lettinnen und Estinnen, als sie mit dem baltischen Gebiet in Berührung traten, die Benennung ошейникъ erteilten und dass diese russische Benennung in das baltische Deutsch sich Eingang verschaffte, selbstverständlich in einer Entstellung, inwelcher ш (oder ж), wie in anderen Wörtern russischen Ursprungs durch s vertreten ward, die Endung никъ aber in золотникъ sich verwandelte, in derselben Weise wie золотникъ zu Solting wurde. Indem nun die ersten, nach ihrem Gewicht und Wert bestimmten silbernen Oseringe, nämlich der Brust- od. Halsschmuck der Bäuerinnen, das Gewicht von 8 Lot oder ½ Mark hatten, wurde ihre Benennung auf einen Geldwert von 8 Lot Silber übertragen, so dass wenn Heinrich d. L. von 100 Oseringen oder 50 Mark spricht; wenn andere Nachrichten Oseringe erwänen, keineswegs von Oseringen als einem Hals- od. Brustschmuck die Rede ist, sondern einzig u. allein von einem Geldwerte im Betrage von 8 Lot Silber. Bei einem solchen Gewicht und Werte können die Oseringe keine Münzen gewesen sein, sondern nur Rechnungswerte oder Gewichtsmengen Silbers. Die übliche Betonung des O ist nach dem Vorhergehenden fraglich, die des e wahrscheinlicher. Käme das Wort von усерягъ oder von oошейникъ, so müsste selbst das s wie ß gesprochen werden: Oßering; kommt es, wie zu vermuten,von ошейникъ, so wäre r nichts als Einschaltungslaut: Oße(r)ing.

Kiparsky 1936, 101
osering m. 'eine Münze' ‹ lett. *uoseriņgis (von lett. ùose 'Öse' + *riņgis, riņķis 'Rink') eig. 'Ösenring', vgl. die Angabe ARNDT's (Liefl. Chronik I, 102): „Oesering heisset in Chur- und Lettischer Sprache eine silberne Hemdenschnalle oder ein Broschen mit Buckeln von gleichem Metal, welches die Bauerweiber vor der Brust zur Zierrath tragen“. Das Wort ist sicher nicht mnd., wie z.B. KNUTSSON 2. Palat. 134 ff. und STENDER-PETERSEN Lwk. 394 glauben, da es nur bei HEINRICH VON LETTLAND, in der Livl. Reimchronik und in baltischen Urkunden (bis zum J. 1424) vorkommt, und zwar stets in Verbindung mit den Indigenen. Die baltischen Stadtrechte kennen es nicht (vgl. GUTZEIT II, 314-316 und SvvGGA. 1886, S. 11, GIRGENSOHN SbbGGA. 1886, S. 28-29, KIPARSKY Gemeinslav. Lw. S. 223-224 und Ceļi 1936, S. 54f.).
[Der Einfluß der lett. Sprache auf das Bd. (lett.), in: Celi 7 (1936) S. 54 f.; von Mühlenbach-Endzelin anscheinend nicht aufgenommen“.]

Arbusow 1951, 148
Osering „Aus der baltischen Handelssprache stammt ferner oseringus, als Geld kursivender silberner Hängeschmuck im Gewicht eines halben Pfundes, ein Wort entweder nd. oder, nach V. Kiparskys weniger wahrscheinlicher Ansicht, lettischer Herkunft.“
„Oseringus H. XVI 4. XIX 3, nd., von Kiparsky als lettisch erklärt, noch im 18. Jh. im balt. Deutsch bekannt.

premsen
‣ Varianten: prämpsen, prempsen, premßen, premssen

QUELLEN

Gutzeit 1887b, 387
prämpsen, gew. in Verb. mit an u. auf. Ein Kleid an- oder aufprämpsen, aufzwingen, mit Gewalt an- od. aufziehen, s. prempsen. prensen, Pferde, durch ein Maulgatter.395

Gutzeit 1887b, 390
prempsen und premßen. Gewönlich lassen wir das zweite p deutlich, das s stets wie ß lauten. Daher sprechen wir nicht premsen. Oft in Verb. mit an, auf, ein, durch. Sich durchprempsen, sich durchdrängen, sich durchzwängen, z. B. durch eine schmale Thür. Auch in Posen (163) premsen, pressen, mit Gewalt zusammendrücken, in Holstein pramsen; in Pierers encycl. Wtb. premsen drücken, pressen; in Grimms Wtb. premsen=bremsen; doch stimmt keine der dort angef. Bed. mit der unseren, diez usammenfällt mit der von lat. premere.

Seemann von Jesersky 1913, 158
prem(p)sen, o.w. pressen

Masing 1926b, 63
premsen, einpremsen (südbalt.) „einzwängen, in zu enge Kleider pressen “ (mnd. premsen „das Maulholz anlegen, bremsen“; H. R. Grube a. a. O., S. 44; Frischbier II, S. 178).


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