[BSS] Baltisaksa sõnastik

Deutscheesti keel

EessõnaKasutusjuhisedLühendid@arvamused.ja.ettepanekud


Päring: osas

?! Küsitud kujul või valitud artikli osast otsitut ei leitud, kasutan laiendatud otsingut.
Leitud 25 artiklit

Appertinenzien pl
'heißen bei einem Landgute, was außer der Hakenzahl dessen Wert erhöhe, z.B. Wald, Mühlen usw.'

QUELLEN

Hupel 1795a, 8
Appertinenzien heißen bey einem Landgute, was ausser der Haakenzahl dessen Werth erhöhet, z.B. Mühlen, Krüge, Wald, viele Heuschläge u.d.g.

Possart 1846, 181
Appertinenzien heißen bei einem Landgute, was außer der Hakenzahl dessen Werth erhöhet, z.B. Wald, Mühlen u.s.w.

Bauerstube die

QUELLEN

Gutzeit 1859, 102
1) Stube für Bauern. Schenke mit einer Bauerstube, 172. 1769. 53. 2) Räumlichkeit im Hause eines Bauerhändlers für die Bauern, die mit ihm handeln, Handelsstube. - Bildlich: bist du denn in einer Bauerstube, dass du dich so beträgst?

Gutzeit 1886, 112
3) Die gewöhnlichen Krüge bestehen, außer dem Pferderaum, aus 2 Zimmern: das größere für die Bauern, ein anderes für die Deutschen, neben einander; in manchen Krügen ist die Bauerstube ganz abgesondert, in manchen nur eine Bauerstube vorhanden, 182. I.

Bier das

QUELLEN

Hupel 1795a, 24f.
nennen wir deutsches oder schwedisches, wenn es im Kessel gekocht; aber Bauer-Bier, wenn es blos mit glüenden Steinen gebrauet; und Krugsbier, wenn es von gewöhnlichen braunen Malz gemacht ist; da hingegen das weisse oder blasse Malz ...blasses Bier giebt. Tafelbier unterscheidet sich durch seine Schwäche; aber das Eiskellerbier durch Stärke und größere Bitterkeit.

Gutzeit 1859, 132
Man unterscheidet zu Hupels Zeiten deutsches oder schwedisches, wenn es im Kessel gekocht wird; Bauerbier, wenn es nur auf glühenden Steinen gebraut wird; Krugsbier, von gewöhnlichem, braunem Malz, für die Krüge, Tafelbier, Tischbier; Eiskellerbier, das sich durch Stärke und Bitterkeit auszeichnet.

Sallmann 1880, 116
Bier. Es wird unterschieden zwischen Bauerbier, das nur auf glühenden Steinen gebraut wird; Gutsbier, das auf den Güten [?] gebraut wird, Krugsbier von gewöhnlichem, braunem Malz, für die Krüge, Tidsch- oder Tafelbier für den herrschaftlichen Tisch, bairisch Bier stärker gebrautes Doppelbier. Auch wird unterschieden zwischen Stof- und Flaschenbier.

Gutzeit 1886, 144
Schübeler (Pflanzenwelt Norwegens, Christiania 1875) sagt S. 224: „es ist mehr als wahrscheinlich, daß die Kunst das Bier mit Hopfen zu würzen von Deutschland nach Norwegen eingeführt wurde. Denn die altnorwegische Benennung des stärkeren bei den Gastmählern gebrauchten Bieres bjórr ist offenbar der deutschen Sprache entlehnt; dagegen wurde das zum täglichen Gebrauche bestimmte schwächere genannt Bier öl oder mungått genannt, welche Benennungen einfache Appellativa sind und lediglich so viel als „Getränke“ bedeuten.“ Dasselbe ist wol auch von dem engl. Ale anzunemen, welches seit Ende des 8. Jahrh. genannt wird. Wie sollte nun dasselbe Wort zu den Esten und Letten gelangt sein, da sie das Bier doch wahrscheinlich von den Deutschen kennen lernten und das deutsche Wort Aufname hätte finden können? Es scheint daher ebenso bedenklich, die lettischen u. estnischen Ausdrücke allus = öllu = ollut u. das veraltete russ. олуй (Bier) aus England od. Scandinawien übernommen anzusehen, als Ale u. Öl der Norweger mit oleum zusammenzubringen, das doch niemals Getränk gewesen und auch keine Ähnlichkeit in seinem Wesen mit Bier hat. - Insbesondere erregt noch die Bemerkung in Grimms Wtb. S. 1822 Zweifel, „dass das End-r in Bier das älteste Beispiel eines in die deutsche Wortform gezogenen infantivischen r sei, deren wir später so viel aus dem Romanischen holten.“ Kann denn das End-r nicht ebenso gut dem Hauptworte Bier angehören, wie andern deutschen Hauptwörtern auf r? In einer späteren Erläuterung (Wtb. unter brauen) findet Grimm seine Herleitung von bibere doch fraglich u. es kann bemerkt werden, dass die Gestaltungen des W. Bier in anderen als dem hochd. Sprachzweige mit bibere nichts als das b gemein haben: ags. beor, mnd. bêr u. beir. Das brem. Wtb. weist als Ursprungswort auf ags. bere Gerste. vgl. russ. пиръ Schmaus.
Warmes Bier st. Biersuppe, Hupel (444. 1780 u. 1818), Warmbier?
Unter den nach Riga gebrachten Bierarten finden sich (1687 u. 1688): Rummel, Daus, Kniesnack. vgl. 174. 1812. 13.

deutsch Adj

QUELLEN

Gutzeit 1859, 185
deutsch Deutsche Leute, auf einem Gute, in einem Hause: Leute deutscher Abkunft; deutsche Kleidung und Tracht, die gewönliche europäische, wenn sie von Bauern getragen wird; deutsche Stube od. Kammer in Krügen: Gaststube für Reisende, die nicht Bauern sind. Die gewönlichen Krüge bestehn nämlich, außer dem Pferde- und Wagenraum, aus 2 Zimmern, das größere für die Bauern, ein andres f. Deutsche, beide neben einander; erstere heißt Bauer-, letzte deutsche Stube. 182. I. - Die Sattler unterscheiden einen deutschen Baum am Wagen.

Hupel 1795a, 48
Deutsch heißt 1) was aus Deutschland herrührt; 2) jeder Ausländer, auch der Däne u.a.m. 3) wer nicht Erbbauer ist; 4) wer keine Bauerkleider trägt; 5) was ein deutscher Meister gemacht hat z.B. ein deutsches Hufeisen (im Gegensatz dessen was Bauern verfertigen) 6) was für Deutsche bestimmet ist z.B. deutsche Kost; 7) was besser ist als man es gewöhnlich bey Bauern findet z. B. deutsche Wolle d.i. feine; 8) was einem Deutschen angehört z.B. ein deutsches Pferd.

Gutzeit 1886, 210
deutsch Wird zusammengestellt mit diot, diut u.s.w. Volk. Dazu stimmt lett. tauta Volk u. die von Procopius Ταυτοί genannten Bewoner von Thule. Da die lettische Sprache mit tautas laudis (Leute, Volk, goth. láuds Mensch) Ausländer, mit tautisks ausländisch bezeichnet u. die Litauer Deutschland tauta nennen; so sind diese Wörter wahrscheinlich Entstellungen aus deutsch, wie heute noch estn. saks ein Deutscher ist, obgleich eigentlich ein Sachse. Schafarik (slaw. Altleben) sieht dies für unzweifelhaft an u. erklärt auch d. russ. чужiй u. чуждый fremd für entstanden aus diut. Vielleicht indessen findet Unverwandtschaft statt.

Gutzeit 1892b, 13
deutsch in den polnischen Gegenden Preußens in der Bed. von evangelisch. Auf die Frage nach dem Glaubensbekenntnis heißt es: ich bin deutsch (evangelisch), oder: ich bin polnisch (katholisch). Nach 476. vgl. russisch.

DRWB II, 787ff.
deutsch [verschiedene balt. Belege, aber nur zur Kennzeichnung allgemeiner Bedeutungen]

deutsche Kammer
et saksakamber
siehe auch Kammer

QUELLEN

Sallmann 1880, 118
deutsche Kammer das Zimmer für dt. Reisende in den an der Landstraße gelegenen Einkehrhöfen.

Habicht 1956, 77
deutsche Kammer oder auch herrschaftliche Kammer der Krüge, im Gegensatz zur „Bauernstube“ der „Undeutschen“.

Gerechtigkeit die

QUELLEN

Hupel 1774-1782, 57f.
Gerechtigkeit werden die festgesetzten Abgaben genannt; so hat man eine Hofsgerechtigkeit, die der Herr von seinen Bauern jährlich erhebt; Predigergerechtigkeit u. dgl.

Bergmann 1785, 25
Gerechtigkeit. Geld und Korn abgaben ... Gerechtigkeits persellen (vom fr. parcelle) jährliche Zinsen an Hühnern, Eyern, Hopfen.

Hupel 1795a, 75
Gerechtigkeit die, heißt ausser der gewöhnlichen Bedeutung, auch die gesetzliche jährliche Abgabe oder Zinse an Korn, Geld u.d.g. welche gleichsam anstatt der vormaligen Zehenden bezahlt wird. Daher Hofsgerechtigkeit, welche der Gutsherr von seinen Bauern einhebt; Predigergerechtigkeit, welche der Pastor von den Höfen und Bauern seines Kirchspiels bekomt u.s.w.

Sallmann 1880, 53f.
Gerechtigkeit Naturalabgabe, Nutznießung (bei Zusammensetzungen des Wortes in der ersten Bedeutung steht die Leistung nach: Gerechtigkeitshammel, -holz, -korn, -Spinnerei etc.; der Gegenstand dagegen, aus dem die Nutznießung gezogen wird, oder die Person, welcher, bzw. von welcher sie geleistet wird, stellt an erster Stelle: Krugsgerechtigkeit das Recht Krüge zu halten; Guts-, Kirchen-, Küstergerechtigkeit die Leistung, welche an das Gut, die Kirche, den Küster zu entrichten ist; Bauergerechtigkeit die Leistung, welche von dem Bauer an den Gutsherrn zu liefern ist),

Gutzeit 1877, 342f.
Gerechtigkeit, die, 1) ehemals: gesetzliche Abgaben der Bauern an ihre Herren, an Korn u. s. w.; Naturalabgaben (sogenannte Gerechtigkeit), 154. I. 163.
Zuerst in einem rig. Schriftstück von 1438: alle rechticheyt, de den landvogeden to vorstande is bevalen (alle von den Landvögten zu erhebenden Gefälle von zinspflichtigen Ländereien in der rig. Stadtmark). Dann im Wolmarer Landtagsbeschluss v. 1537: Wenn sie (die Bauern) ihrer Herrschaft ihre Pflicht und Gerechtigkeit entrichtet haben(vgl. 469. I. 311). vgl. Grimms Wtb. 12. c. In vielen Verbindungen. So Hofsgerechtigteit, welche der Gutsherr, Prediger-Gerechtigkeit, welche der Prediger von den Bauern erhält, Hupel. Nach 396. 1864. IX. 1. 14 u. 15: Gabe in Erzeugnissen des Landbaus, in landwirthschaftlichen Arbeitstagen und in Geld; eine den Zehnten vertretende Abgabe an Landerzeugnissen.
Gerechtigkeit einfoddern, 330. 5; kein groß Facit auf die stehende G. machen, ebda 13; Gerechtigkeit, die der Amtmann bekommt, 329. 89; Gerechtigkeit und Station-Korn liefern. 329. 98; wenn die Bauern ihre G. („Abgaben“) den Priestern liefern, 193. II. 2. J. 1644; selbige G., wie gebräuchlich, abgeben, 193. II. 328, Abgaben leisten; die Fischzehnde und andere Gerechtigkeiten, 193. II. 738. Wacke, was die Bauern ihrem Herrn als eine Gerechtigkeit geben müssen, Stender, Ein Gut, wozu ein Dorf mit 7 Bauern mit Arbeit und Gerechtigkeit gehört, 172. 1772. 101; zu dieser Kirchspielsschule gehört die gewöhnliche Schulmeisters-Gerechtigkeit. 172. 1780. 328. Einige Popollen bezahlen gar keine Gerechtigkeit, andere nur Korn, 182. II, falsch st. leisten, entrichten. Bei der Umrechnung der Gerechtigkeiten (Naturallieferungen an den Hof) wurde 1687 das Los Haber zu ¼ Thl., das Lis[...]. Butter zu ⅚ Thl. angenommen, rig. Ztg. 1864. 274. Der Pauren jährliche Gerechtigkeit 192. V. 284, die jährlich von ihnen zu entrichtende Abgabe an Gefällen; soviel als ihre alte vorige Gerechtigkeit war, 192. II. l. 171; die G. an Getreide wird geschnitten, 350. XXlI. J. 1680.
Man hat eine Hofsgerechtigkeit, welche der Herr von seinen Bauern jährlich erhebt; Hofes- und Bauern-Gerechtigkeiten, 396. 1864. IX. 1. 19; eine Prediger- oder Priestergerechtigkeit (das Priesterkorn oder Perselen), ebda 16; eine Kirchengerechtigkeit u. a. Guts-, Kirchen-, Krugs-. Küster-, Baueergerechtigkeit, 390c. 54. — Unsere kirchlichen Reallasten sind doppelte: 1) die Gerechtigkeiten (Gaben in Landerzeugnissen, Arbeitsleistungen u. Geld), und 2) die Baulast, welche wiederum in Geldbeiträgen und Fronen besteht. Die Gerechtigkeiten sind 1) das Priesterkorn (ein uralter Ersatz für den Zehnten), und 2) die kleinen Gerechtigkeitsabgaben oder Nebenperselen, die in Hühnern, Flachs, Holz, Geld, Fischen, landwirtschaftlichen Arbeitstagen bestehen, 396. 1364. IX. 1. 14 u. 15. — In Zusammensetzungen des Wortes in der Bedeutung von Naturalabgabe steht die Leistung nach: Gerechtigteitshammel, -holz, -korn, -Spinnerei u. s. w.; der Gegenstand dagegen, aus dem die Nutznießung gezogen wird, oder die Person, welches bez. von welcher sie geleistet wird, steht an erster Stelle: Krugsgerechtigkeit, die Leistung, welche an das Gut, die Kirche, den Küster zu entrichten ist; Bauergerechtigkeit, die Leistung des Bauern an den Gutsherrn, 390c. 53—54. — In Grimms Wtb. (3613. 12. c.) nach Hupel angefürt Hofs- und Predigergerechtigkeit, die gesetzliche jährliche Abgabe oder Zinse an Korn, Geld u. dgl., welche der Gutsherr und der Pastor von seinen Bauern bekommt.
Ein Stück Feld oder Heuschlag, das ein Gesinde außer seinem persönlichen Hofsarbeiter zur Gerechtigkeit im Hofe bearbeiten muß, Stender I. Ein jeder Bauer soll um Pfingsten ein Band Karussen zur Gerechtigkeit geben, 174. 1888. 301. J. 1659.
2) Gefälle, welche Arbeiter erhalten: der Arbeiter Gerechtigkeit. Danach bekamen in Riga die Walboten zu Martini 1 Tonne Bier, ebensoviel die Bierträger, Ofenkerle, Salzträger u. a., 349. XXV. 2. Die Hanfschwinger klagen 1658, daß man ihre alte Gerechtigkeit schwächen wolle, vgl. 174. 1867. 83, d. h. das ihnen von Alters her Zukommende oder Zugebilligte; sie baten das Kämmereigericht, sie bei ihrer alten Gerechtigkeit zu schützen. Im 17. Jahrhundert kommen vor: Heringsgerechtigkeit, Flachs- oder Hanfgerechtigkeit, d. h. dasjenige, was die Wraker, Ligger u. a. für sich nahmen und nehmen durften. So war auch der Jummel eine Gerechtigkeit. — Gerechtigkeit der Behörden. Die halbe(n) Gerechtigkeiten der Gerichte abstehen, Histor. mnt. reg. 317, d. h. halbe Gerichtsgefälle.
3) Gerechtsame, vgl. Grimms Wtb. 12. a. Die Gerechtigkeit des Brauwerks, 180. I. 2. 444. Alle andere Zugehören, Nutzbarkeiten und Gerechtigkeiten, 349. XV. 8; eine Meisters Wittwe mag das Amt frei gebrochen und des Amts Gerechtigkeit genießen, dagegen aber auch Amts-Gerechtigkeit thun, gleich als wenn ihr Mann lebete, 266; sich dieser Gerechtigkeit nicht zu getrösten haben, 277, nämlich Erlass der halben Meistergelder; der Amts-Gerechtigkeit verlustig gehen, 99; der hat des Amts Gerechtigkeit verloren, 185. 175; ihre frauliche Gerechtigkeit soll verfallen sein an ihre nächste Erbe, 194. R. R. d. F. E. 154; die Gerechtigkeit zu zweien Zügen zur Lachswadde, 172. 1788. 261 und 1789. 272, — Die Gerechtigkeiten verlesen, bei den rig. Schwarzhäuptern. An der Ascher-Mittwoche wurde der sog. Steven gehalten, eine Sitzung der Schwärzen-Häupter, in der ihr Schragen, d. h. die Gesetze ihrer Zunft oder Verbrüderung und die Gerechtigkeit verlesen, Klage über diejenigen gefühlt, die während der Drunken mit einander Handel gehabt hatten, und das Urtheil über die Strafbaren gesprochen wurde, 220. 113.
In den folgenden Zusammensetzungen eine Leistung der Bauerschaft an den Gutshof, welche seit längerer Zeit bereits aufgehört hat. Woher auch die Ausdrücke selbst außer Gebrauch gekommen sind.

Transehe-Roseneck 1890, 34
Gerechtigkeit 'Abgabe der Bauern an Gutsherrn'

Masing 1926b, 77f.
Gerechtigkeit 'Gerechtsame' (mnd. gerechtichkeit, 'Gerechtsame, Anrecht').

HWbGA 1936, 202
Gerechtigkeit 'Gerechtsame' Im Bd. altes dt. Erbstück.

Kobolt 1990, 113
Gerechtigkeit! Interj., emotionaler Ausruf, z.B.: Gerechtigkeit, ist das schön! In Pernau benutzt, aber selten.

Gerechtigkeitskorn

QUELLEN

Sallmann 1880, 53f.
Gerechtigkeit Naturalabgabe, Nutznießung (bei Zusammensetzungen des Wortes in der ersten Bedeutung steht die Leistung nach: Gerechtigkeitshammel, -holz, -korn, -Spinnerei etc.; der Gegenstand dagegen, aus dem die Nutznießung gezogen wird, oder die Person, welcher, bzw. von welcher sie geleistet wird, stellt an erster Stelle: Krugsgerechtigkeit das Recht Krüge zu halten; Guts-, Kirchen-, Küstergerechtigkeit die Leistung, welche an das Gut, die Kirche, den Küster zu entrichten ist; Bauergerechtigkeit die Leistung, welche von dem Bauer an den Gutsherrn zu liefern ist),

Gutsgerechtigkeit die

QUELLEN

Sallmann 1880, 53f.
Gerechtigkeit Naturalabgabe, Nutznießung (bei Zusammensetzungen des Wortes in der ersten Bedeutung steht die Leistung nach: Gerechtigkeitshammel, -holz, -korn, -Spinnerei etc.; der Gegenstand dagegen, aus dem die Nutznießung gezogen wird, oder die Person, welcher, bzw. von welcher sie geleistet wird, steht an erster Stelle: Krugsgerechtigkeit das Recht Krüge zu halten; Guts-, Kirchen-, Küsiergerechtigkeit die Leistung, welche an das Gut, die Kirche, den Küster zu entrichten ist; Bauergerechtigkeit die Leistung, welche von dem Bauer an den Gutsherrn zu liefern ist)

Haken der
‣ Varianten: Haaken, Hocken

DAZU:
einen Haken haben (id) 'eine Vorliebe haben'

QUELLEN

Bergmann 1785, 28
hacken - die eigentliche Name des itzigen in Livland üblichen Pfluges, vor alters mens [?] genannt, eine rigische Hakenkufe ist ohngefähr so viel Land das 200 Thaler jährlich austrägt.

Hupel 1795a, 84ff.
Haaken, der, ist noch jetzt der einzige aber höchst unsichere Maßstab, nach welchem die Größe der Landgüter und deren öffentliche Lasten berechnet werden. Ohne die Verschiedenheit auf Oesel, oder gar das ehemalige Längenmaß zu berühren, so erfordert man zu einem liefländischen Haaken, für 60 Thaler oder Rubel Abgaben und Frohndienste der Bauern, doch nach einer äusserst niedrigen Taxe (bey Kronsgütern werden auch Hofsfelder u.d.g. mit in Anschlag gedracht;) hingegen zu einem ehstländischen 5, an etlichen Orten auch mehrere, arbeitsame Mannspersonen von Bauerstande: und dies heißt in beiden Herzogtümern ein Revisions-Haaken, weil ihn die Revisions-Commission bestimmet. *)
Ein Bauer-Haaken hingegen besteht in den Ländereien, welche man unter der schwedischen Regierung für einen Haaken erkante. Derjenige Bauer welcher z.B. die Hälfte davon nutzet, heißt ein Halbhääkner: ein solcher mußte damals die ganze Woche hindurch mit einem Anspanne frohnen; jetzt leistet auf Privatgütern zuweilen ¼ Haaken eben so viel, wo nicht gar mehr. - Uebrigens hatte man schon in Ordenszeit in Liefland, Haaken; vielleicht brachte der aus Westphalen damals häusig hieher ziehende Adel diesen Ausdruck mit: wenigstens finde ich ihn in von Steinen's westphälischen Geschichte z.B. im 2. Th. S. 1562 u.a.O.m. unter andern vom Jahr 1385. - Neuerlicht hat man angefangen, auch nach Seelen, d.i. nach mähhlichen Köpfen, wie in Rußland, die Größe der Landgüter zu bestimmen: aber auch dieser Maaßstab thut keine Gefüge.
*) Neuerlichst sagte Snell in seiner Beschreib. der rußischen Provinzen an der Ostsee, ein Haaken Landes sey ein Platz auf welchem sich 10 Bauerfamilien nähren können!!

Hupel 1795a, 87, 88
Hacken Landes st. Haaken, ist eine falsche Schreibart.
Haken und Orse (Wie im Brand.) sollten eigentlich Geft und Schlinge oder Ohr heißen.

Gutzeit 1877
Haken, der, früher oft Hacken oder Haacken geschrieben. 1) die ursprüngliche Benennung des jetzt sog. Hakenpflugs. Arndt (179. I. 92) sagt: Haken, uncus, nannte man anfänglich, wegen seines Haupttheils, einen Pflug, hernach ein Stück Landes, so viel nämlich 2 Pferde in einem Tage umackern können. Bergmann (164) bemerkt: Haken, der eigentliche Name des itzigen in Livland üblichen Pflugs, vor Alters uncus genannt. Hueck (190. 64) sagt: der Pflug (in Liv- und Estland) ist fast überall ein Hakenpflug(estnisch sahk, lett. arkles, russ. сохá); der einfache Haken oder Schweinsrüssel(estn. adder) ist in der Wiek noch jetzt im Gebrauch. — Alle diese Wörter stehen in Verwandtschaft. Denn das russische сохá findet sich in Ostpreußen wieder als Zogge oder Zoche; dem Ssochá entspricht aber auch das estnische sahk, Pflug, das franz. le soc, Pflugschar, und das deutsche Sech, und das gothische hôha, Pflug, dem wiederum Haken angehört.
Unsere Schriftsteller scheinen das Wort Haken (Pflug) als ein allgemein bekanntes anzusehen. Doch kennt Schiller-Lübben's mnd., und ebenso wenig das brem. Wtb. das Wort in der Bed. von Pflug; selbst Grimms Wtb. belegt es aus Deutschland kaum. Thatsache ist auch, dass es bei unseren landwirtsch. Schriftstellern Gubert und Hermann v. Neidenburg nicht vorkommt, und nur vereinzelt in alten Urkunden. So (vielleicht zuerst) in d. Urk. v. 1252. 18. October: geven von eine jeglichen haken ein culmit roggen; dann in d. Urk. v. 4. April 1253: mit allen landen und wiltnisse, dar die haken gehaket hevet, und ebda, noch ein Mal: mit allen landen und wiltnisse, dar die haken gehaket hebben. Man könnte in diesen Stellen an „die Hacke“ denken; der latein. Text setzt aber: cum terris quas coluerunt unco. — Eine noch nicht aufgeworfene Frage ist, ob das lat. uncus eine Übersetzung des deutschen Wortes Haken ist, oder ob das Umgekehrte stattgefunden. Das classische Altertum kannte uncus weder in der Bed. von Pflug noch von Landmaß.
Von dem Haken oder Pfluge, genauer nach der Zahl der Pflüge, erhoben die deutschen Herren im alten Livland die Abgaben. Schon im J. 1206 (s. Origines Livoniae p. 43) versprechen die Lennewardschen (in Livland) ½ Lispfund Roggen von jedem Pfluge zu entrichten; im J. 1211 wird auf Bitte der Letten der Zehente in die Abgabe eines Scheffels von jedem Pferde verwandelt; bei den Kuren 1220 die jährliche Abgabe eines halben Lispfundes Roggen von jedem Haken oder Pfluge festgesetzt. Indessen ist zu bemerken, dass das livl. Urkundenbuch (399) erst beim J. 1230 den Nachweis von Abgaben liefert, welche die Eingeborenen vom Haken (Pfluge) entrichten sollten: quod de quolibet, unco colverent nobis dimidium talentnm siliginis. Hueck (190. 62) bemerkt: „Da das ursprüngliche landwirthschaftliche Ackerwerkzeug jene Form hatte, die noch jetzt in denjenigen Gegenden Deutschlands, welche früher von Wenden bewohnt waren, gebräuchlich ist und mit dem Namen Haken bezeichnet wird, so wurde die Abgabe auch nach diesem, nach dem Haken erhoben. „Diese Behauptung, der Haken sei slavischen Völkern, der Pflug dagegen deutschen eigen, ist in solch' allgemeiner Ausdehnung nicht richtig; der Haken ist als Vorläufer des Pfluges, sowol in slavischen als deutschen, lettischen und estnischen Gegenden da anzutreffen, wo das Ackerland auf vollkommenere Ackergeräte nicht hinwies, oder die Bevölkerung an den alten Gerätschaften zähe festhielt.
2) ein Landstück gewisser Größe undgewissen Ertrages, von Bunge in 399. „ein Ländereimaß“ erklärt. Die Entwickelung dieser Bedeutung aus dervorhergehenden ist schon oben angedeutet und es gilt fast für zweifellos, dass sich die Bedeutung Pflug in die von Landfläche erweiterte, welche mit einem Pfluge (und vermutlich auch Pferde) in einer gewissen Zeit zur Sat umgebrochen werden kann. Auch das Grimmsche Wtb. sagt, dass man als Maßstab für den Landtheil die Leistungsfähigkeit eines Hakenpfluges in einer gewissen Zeit, etwa einem Tage, zu Grunde gelegt. Die rig. Ztg. (1875. 117) bemerkt, dass das Wort Haken in Verbindung zu bringen ist mit dem Hakenpflug (die Zahl der Pflüge galt als Maßstab für die von den Bauern zu leistenden Frohntage [?]).Von Hagemeister, dem wir die hauptsächlichste Auseinandersetzung über den Haken verdanken, sagt (355. I. 1): Der bei den Letten und Slaven gebräuchliche Hakenpflug gab wahrscheinlich die Veranlassung zu der Benennung; noch jetzt bedeutet das lettische Wort arklis sowol jenen Pflug, als auch den Haken. - Diese Annahme ist indessen insofern zu ergänzen und berichtigen, als auch das lat. uncus und das estnische adder sowol Pflug als Landmaß bezeichnen, bei den Russen diese gleiche Bedeutung nicht, und wahrscheinlich auch bei den übrigen Slaven nicht vorkommt. — Abweichend äußert sich Jannau (157. I. 103 u. f.): „Haken kommt her vom Worte haga, welches einen Zaun bedeutet, oder nach Anderen ein Torf hieß, dabei tiefer Acker war (vgl. Dreger Codex diplomat. Pommerniae, S. 310). Nach dieser einfachen Hagen-, Zaun- oder Dorfrechnung schätzten die Wenden, die Pommern, die Preußen, die Polen ihre Güter und nahmen blos das urbare Land in Anschlag, aber nicht die Waldung. Wenn nun die Verordnung v. 1232 besagt, dass eine Hufe 30 Morgen halten soll, ein Morgen aber 40 Ruthen lang und 10 Ruthen breit sein muß, so folgt, dass damals flämische Hufen, mansi teutonici, galten, und dass ein jeder Morgen, die Ruthe zu 12 Schuh berechnet, 180 Schuh lang und 120 Schuh breit gewesen ist. Die ganze Hufe war also 10,800 Schuh oder 5400 Ellen lang, und 1600 Schuh oder 800 Ellen breit, und also kaum eine volle Tonne Aussaat.“ — Limmer (363) erklärt ähnlich. „Weil man, sagt er, ehemals nur das urbar gemachte Land umzäunte, dieses aber hag oder hack hieß, so entstand der Gebrauch, in Livland, Cur- und Estland die Größe der Güter nach Haken zu bestimmen.“ Nach dem Grimmschen Wtb. lautet das Wort Haken im ahd. hâco, hâgo, hacco und haggo, und Haken könnte somit nichts als Hag, Hagen sein, d. h. „eine aus geschlagenem Holze hergestellte Umfriedigung und sodann der umzogene Ort, mag er nun ein einziges Gebäude, ein Landgut oder ganzer Ort sein; nur bezeichnet Hag nie den eigentlichen Herrensitz“. Hag entspricht in dieser Hinsicht ganz unserem Haken, da diese Bezeichnung sich nur auf Bauerland bezieht. Indessen kommt das Wort Haken bei uns nie in der Gestalt von Hag oder Hagen vor, so dass der anmutenden Behauptung Jannaus keine Berechtigung zuzustehen scheint. — Die lateinische Bezeichnung uncus in der Bed. von Landteil finde ich zuerst in der Urk. vom 11. April 1226 (399. I. 2)): de terra cula centum unci; die deutsche Haken zuerst in der Urk. v. 1252. 18. October.
Auch diese Bedeutung (Ländereimaß) ist in Teutschland unbekannt. Schiller-Lübbens mnd. Wtb. belegt sie nur aus livl. Urkunden. Ob das lat. uncus eine Üebersetzung ist von Haken oder sogar von Hag, und aus dem Latein wiederum Haken entstanden?
Haken und Hufe wurden im alten Livland unterschieden. Nach Jannau (157. I. 104 u. 138) war Haken ein polnisches Maß, gleich 2 Hufen flämisch Maß; Haken = Hakenhufe. Nach Sallmann (390a. 26) weist Haken als Flächenmaß nach Westfalen, wo eine gewisse Art des Pfluges so hieß, wie noch heute in der Oberpfalz.
Zu Anfang des 17. Jahrh. kannte man in Livland 1) herrmeisterliche oder ordensmeisterliche Haken von 177 Tonnen Land; 2) plettenbergische von 96 Tonnen; 3) erzbischöfliche von 66 Tonnen rigisch; 4) polnische große zu 120 und 5) deutsche kleine von 30 Tonnen. Hagemeister in 355. I. 3. Nach einer Angabe in 350. XVIII. unterschied man 1) deutsche Haken, die kleinsten, welche mit 30 Tonnen rigisch besät werden. Das Land von 30 Tonnen wird in 3 Lohten oder Felder abgetheilt; 2) Herr Meister Haken, halten 60 Tonnen und werden gleichergestalt in 3 Löthen eingeteilt; 3) polnische, halten 120 Tonnen Landes, ebenfalls in 3 Lohten getheilt, davon jährlich 2 Lohte besät und das dritte ruht. — Das Privilegium Sigismundi Aug. u. 1561 bestimmt den Gehalt eines livländischen Hakens zu 66 Stricken oder Basten, deren jeder 66 Faden lang ist, d. h. auf 180 Tonnstellen oder 30 Morgen. Dieser livl. Haken Sigisnmnd August's ist demnach der sog. herrmeisterliche, ist gleich 66 □ Basten oder 180 Tonnstellen, d. h. gleich den Landhufen in Pommern, mansi teutonici. Hagemeister in 355. I. 3. Daher 66-bastige Haken, vgl. ebda. S. 14. — Ein alter liefländischer Haken Landes soll in sich haben 66 genierte Bast Landes, oder ein geviertes Stück Land, welches 11 Bast lang und 6 Bast breit ist, oder 748 Faden lang und 408 Faden breit, 350. XVIII. 2; ein rechter Meister Haken: ein Haken Landes hält 66 Bäste, ein Bast 66 Klaster, ebda. In einem Bast Landes, d. h. einem Stück Landes, das 238 rig. Ellen im Umkreis hat, über 5 Lof Roggen säen; in einem Haken aber 8 Last Roggen; des Hakens Umkreis ist 8092 Ellen, ebda. Dieses verschiedene Maß des Hakens hatte wahrscheinlich seinen Grund in der Leistungsfähigkeit eines Pfluges, welche wegen örtlicher Verhältnisse eine verschieden große sein konnte, wie etwa auf ebenem, leichtem, schwerem u. dgl. Boden. Da diese Ungleichheit des Hakens eine ungleiche Belastung des Landes mit Abgaben veranlasste, so wurde zu verschiedenen Zeiten die Hakengröße und Hakenzal revidirt, so namentlich in schwed. Zeit in d. J. 1638 u. 1683. Besonders „berühmt“ ist die Revision, welche nach der Einführung der Statthalterschaften angestellt wurde, vgl. Revisionshaken. „Händereien, die vormals bearbeitet wurden und als solche bei der schwed. Revision angeschlagen oder angeschrieben waren, aber aus Mangel an Menschen liegen blieben, hießen wüste Haken. Von ihnen wurden keine Abgaben erhoben, und in Ansehung solcher sagt man, das Gut könne noch in seiner Hakenzahl steigen, oder: das Gut hält 10 Haken, es kann aber 16 Haken werden, 180. I. Da wüste Haken keine Ansiedler haben, so heißen sie auch unbesetzte, zum Gegensatz der besetzten, d. h. mit Bauern. In demselben Sinne bewohnte und unbewohnte Haken. Die Ausdrücke wuste und besatte haken kommen schon in einer Urkunde u. 1410 vor.
Bis tief in die Zeit der schwed. Herrschaft bildete der Haken ein nach Ort und Zeit wechselndes Flächenmaß und erst durch die königliche Instruction v. 1687 wird das Memorial vom 30. Juni 1686 wurde eine Hakenberechnung geschaffen, die sich neben dem Flächeninhalte auch auf die Güte des Bodens gründen sollte, vgl. rig. Ztg. 1875. 117. Dasselbe Blatt brachte 1862. 272 u. f. sehr ausfürliche Auseinandersetzungen, nach welchen Haken 1) ursprünglich ein Flächenraum von 180 Tonnstellen Bauerlandes war, und bis 1687 90 Tonnstellen Ackerland und 90 Tonnstellen Buschland enthielt. Die Tonnstelle = 5/11 Dessätine. 2) seit 1687, richtiger, seit 1804 ist ein livländischer Haken ein Stück Bauerland verschiedener Größe und ohne bestimmten Flächenraum, welches eine gewisse Menge Brustacker. Wiesen, Garten- und Buschland enthält und eine Bodenrente von 80 Thaler schwedisch gewärt. Oder nach Hueck (190. 119): ein Stück Bauerland, Haken, welches von den 4 Gattungen zusammen für den Wert von 80 Thlr. umfasst. Die Bauer-V. O. von 1804 schreibt vor, dass statt der seit 1638 geltenden 60 Thlr. oder statt des früheren Anschlags von 60 Thlr. 80 Thlr. für einen Katen gerechnet werden, ferner dass jeder Haken mindestens für 60 Thlr. Brustacker und für 20 Thlr. Busch- und Gartenland enthalte. So ist der Haken ein Stück Bauerland, dessen Bodenrente 1687 zu 80 Thlr. angenommen und in eine Anzal dem Hofe zukommender Frontage und Naturallieferungen umgerechnet worden war. Seit der Vermessung Livlands von 1809 bis 1823 muss auf jeden Haken Bauerland ein Stück Hofsland — die Hofsquote — kommen von 60 Lofstellen in jedem Felde des Hofes bei der ehemaligen Dreifelderwirtschaft, vgl. Hagemeisterin 355 I. 14 und 20. — Von jedem Haien hatte der Bauer 6 Thlr. 36 Gr. zinsfrei, d. h. hatte für dieselben dem Herrn nichts zu leisten; für 36 Thlr. 72 Gr. leistete er Gehorch für 27 Thlr. 54 Gr. Hilfsgehorch (unbestimmte Dienste); für 9 Thlr. 18 Gr. Gerechtigkeit (Naturalabgaben) zu liefern, rig. Ztg. 1864.
Während somit früher Haken ein gewisses Landmaß vorstellte, hörte es später auf, ein solches zu sein und wurde ein Landstück verschiedener Größe, welches gewisse Leistungen erfüllen konnte. Daher sagt J. B. v. Fischer (447. 343): Jetzt(1753) werden die Haken auf adeligen oder Privatgütern, ohne die Äcker zu messen, nach der Zahl der Bauern und ihrem Vermögen, die Frohndienste oder, nach unserer Redensart, den Gehorch zu leisten, im gleichen nach ihren Getreide und anderen Zinsen, oder, wie wir sprechen, Gerechtigkeit taxiret, und nach solcher Taxe trägt das Gut die Onera an die hohe Krone ab. Die bei solchen Gütern einträglichen Appertinentien, als Mühlen, Krüge u. dgl. werden nicht taxiret, sondern nur gedachte Prästenda der Bauern und solche mit 60 dividiret, um die Rente von 1000 Rthlr. von einem Haken heraus zu bringen. Bei Domainen oder Publicgütern aber wird zwar die Hakenzahl ebenso gesuchet, aber der Hofsacker wird auch gemessen, und nach einer vorzüglichen Güte taxiret, imgleichen alle gedachte Appertinentien, und darnach die Arrende eingerichtet. Diese so determinirte Haken heißen Revisionshaken. Was man bey uns Bauerhaken nennt, ist eine beliebige Einrichtung eines Edelmannes, wie er ein Bauergesinde oder Bauerhof, nach der Zahl seiner arbeitsamen Einwohner will gehorchen und die Gerechtigkeit Zinsen lassen.
Haken ist, bemerkt Hupel in 182. I, das Maß zur Bestimmung der Größe eines Landgutes und dessen Kronsabgaben; in Estland geben die vorhandenen arbeitsamen Mannspersonen, in Livland das bearbeitete Land und dessen etwaiger Ertrag die Hakenzahl. Zu einem rigischen Haken gehörten, äußert Hupel (182. II.), 1) zwei wöchentliche Arbeiter das ganze Jahr hindurch zu Pferde oder mit Anspann. Man nannte sie auch 2 wöchentliche Pflüge. Wenn daher 4 Bauern auf dem Haken wohnten, so musste jeder dem Hofe 3 Tage hindurch einen Arbeiter mit einem Anspann (d. h. ein Pferd oder 2 Ochsen), mit allem zur vorfallenden Arbeit nötigen Gerät und dem Unterhalt für beide stellen. 2) zwei Fußarbeiter (Oterneken), die nur im Sommer zu Handdiensten gestellt werden, und zwar gewönlich von Georgi bis Michäli; 3) Hilfstage zu Fuß im Sommer, sonderlich zur Heu- und Kornernte; 4) allerlei Abgaben an Geld, Korn und andere Landerzeugnisse, welche der Bauer an den Gutsbesitzer jährlich liefern musste.
Als Flächenraum eines livländischen Bauerhakens kann 2 □ Werst angenom- werden. Die Berechnung dieser 2 □ Werst vgl. in 355. I. 2. Als Zahl der Insassen eines Hakens veranschlagt Hagemeister in 355. I. 19: 4 bis 8 Wirte und etwa 16—26 arbeitsfähige Menschen beiderlei Geschlechts, mit Kindern etwa 60 Seelen. Hueck (190. 119) rechne tauf jeden Hacken 20 arbeitsfähige Menschen (d. h. Männer von 17—60,und Weiber von 15—55 Jahren). Dies entspricht ganz einer Bestimmung, die 1714 in Kurland getroffen wurde: weil es unmöglich wäre, den vormals üblichen Fuß wiederherzustellen, sollten 60 tüchtige Mannespersonen auf einen Haken gerechnet werden, vgl. 180. IV. 22 25. — Für einen Haken, bemerkt v. Hagemeister,(355. l. 13) ist ein solches Gesinde zu rechnen, welches dem Hofe wöchentlich 6 Tage mit 2 Pflügen frönt.
Nach Haken, deren man livländische, estländische, öselsche, Bauer-, Revisions-, Gnaden-, Predigerwittwen-, Land-, Strand-, Tillhaken u. s. w. unterscheidet, bemisst man die Größe der Güter. Man fragt daher, wie viel Haken ein Gut hat, und antwortet, das Gut habe 10 Haken u. s. w. Diese Pauren besitzen einen ganzen Haken, gehorchen für ¾ Haken, 349. XII. I . 1641; der Pastor hat ½ Haken geschmolzen Land und ½ Haken Busch, 350. XXII. J. 1680.
Von dem Worte Haken, als Landmaß, sind eine Menge Zusammensetzungen gebräuchlich, die in Deutschland unbekannt sind.
3) eine selten begegnende, ganz veraltete Bedeutung ist: „ein auf einem Haken angesiedelter Bauer“, wie Bunge in 399. IV. nach einer Urk. v. 1410 erklärt: is min besitlike hake gewest under mi. Ein zweiter Beleg ist nicht vorhanden, und die Stelle daher Zweifelhaft. Schiller-Lübbens mnd. Wb. führt diesen Beleg, als einzigen, auf, — ohne Fragezeichen.
4) Haken, ehemals der schmale Strich Landes an der Semgaller Aa, auch Aahaken genannt. So in 335. 103. Eine rig. Handelsverordnung v. 1562 verbietet, Handel zu treiben auf dem Hacken bei der russischen Brücke. Brotze bemerkt dazu in Livonica XXIV.: „Haken hieß unten am Ende der Spilwe eine Landspitze, die nachher den Namen Ahaken führte, weil sie an der Mitauschen Aa liegt; man sieht, daß der Name russische Brücke einer Stelle unterhalb Riga gegeben wurde, welche es aber ist, weiß ich nicht“. — Haken und Aahaken ist hier die einzige derartige Wortverbindung. In Ostpreußen gibt es viele, z. B. der Marsch-Haken, der Radsen-Haken u. a. Man nennt dort Haken die ins Wasser springenden, sandigen Landzungen, welche durch Dünenbewegung entstehen, vgl. Berend's Dünenbildung, 1871. Der jetzigen Ortsbeschaffenheit nach müsste Haken die am linken Ufer der Aa befindliche Landzunge sein, auf der gegenwärtig Dünamünde liegt. Doch ist Aahaken (oder Bergshof) die Festlandsecke auf dem rechten Ufer der Aa, das Gut, auf dem der Flecken Bolderaa sich befindet. — Taxe für die Prahmbrücke bei Bolderaa oder Aahacken von 1808. Die russische Brücke war demnach, aller Wahrscheinlichkeit nach, eine Verbindungsbrücke wie die jetzige zwischen Bolderaa und Dünamünde.
5) Haken, in and. Bedeutungen: 1) Haken und Öse, gew. gesprochen Hak' und Öse, und ebenso in der Vz.: Hak' und Ösen. In derselben Bed. wie im nd. haken un eseken. Schon in 349. XXII. 1. J. 1669: Messingshaken und Ösen; dann 349. XXV. 1. J. 1669: für Haken und Ösen. Ebenso in 87. vgl. in Grimms Wb. Häkchen. Nach Bergmann in Niedersachsen: Hefthaken und Ösen, hochd. Heft (der) und Schlinge. Auch in Kurland Haken und Öhsen, wie Stender. schreibt. Bergmann erklärt: Hak und Ösen sind kleine krumm, gebogene Haken von Drath mit zwei Öhren an einem Ende zum Annähen; der Heft greift in eine Schlinge von Drath. Davon festhaken (festhäkeln), zuheften. — 2) Die Kinnlade ist aus dem Haken gefallen, ausgerenkt; in den Haken zurückgegangen, eingerenkt. Gewönlich. In Grimms Wtb. l) als früher gebräuchlich angezeigt Sp. 177/178.

Sallmann 1880, 47
Haken (goth. hoha, lat. occa) als Flächenmaß von relativem Gehalt, dem ursprünglich die Leistungsfähigkeit eines Hakenpflugs in einer bestimmten Zeit, etwa einem Tage, zu Grunde liegt (cfr. Livl. Urk. Nr. 237. 1474. 1824.), nach Westfalen, Pommern und der Oberpfalz, wo noch jetzt eine große Art des Pfluges so heißt. Aehnlich böhm.-deutsch Krombe, d. h. Krümme die Pflugschar. Heyne (Gr. W. IV.) berichtigt denn auch die Grimmsche Meinung, als ob der Haken slavischen Völkern, der Pflug dagegen den Deutschen eigen sei, dahin, daß der Haken als der allgemeine Vorläufer des Pfluges sowohl in deutschen, als in slavischen Gegenden getroffen werde und sich erhalte, wo entweder, wie in Gebirgsgegenden, die geringe Ausdehnung des Ackerlandes auf die Verbeßerung der Pflugwerkzeuge nicht geführt hat, oder wo die Bevölkerung, und das trifft bei uns zu, am Altüberlieferten zäh festhält;

Pantenius 1881, 191
einen Haken haben - eine Vorliebe haben
Dazu kommt, dass sie für Herren, wie es scheint, einen Haken hat.

Transehe-Roseneck 1890, 32ff.
Haken (im 16. Jh.) 1) herrmeisterlicher H. = 177 Tonnstellen Land; 2) großer polnischer H. = 120 Tonnstellen Land; 3) Plettenbergischer H. = 96 Tonnstellen Land; 4) erzbischhöflicher H. = 66 Tonnstellen Land; 5) kleiner dt. H. = 30 Tonnstellen Land; 6) ab 1561: Normalhaken = 180 Tonnstellen Land;

Eckhardt 1896, 29
Haken Flächenmaß (allgemein nd.)

Gutzeit 1889a, 1
Haken, in der Bed. von Pflug, Ackermaß und Gebiet, ebenso im ruß coxa.

Gutzeit 1889b, 532
Hocken, der, öfters st. Haken zu lesen in 349. XXII. 1 und 2. Einen neuen Hocken in ein Holzketten, 349. XXlI. 1; Mauer Hocken, 349. XXII. 2.

Hahn 1911, 29
Haken, wüste 'einstmals bearbeitete Bauernhaken'. Zahl nach nord. Krieg und Pest sehr groß.

Seemann von Jesersky 1913, 124
Haken - Ursprünglich eine Landfläche, das mit einem Pfluge, Haken, mit 2 Pferden an einem Tage umgeackert werden kann, später vielfach verändert und ungleich.

Masing 1926b, 70f.
Haken Flächenmaß; ursprünglich eine Wirtschaftseinheit, die mit einem Zugpferde Hakenpflug und Egge nutzte. [A. v. Transehe, die Entstehung der Schollenpflichtigkeit in Livland. Mitt. livl. Gesch. Bd. 23, 495] (mnd. hake „eine Art Pflug; ein gewisses Landmaß; eine gemeine Hufe enthält zwei Haken"; Frischbier I 267 Haken pltd. Hake „Maß für eine Ackerfläche von 20 Morgen kulmisch.“

Tobien 1930, 79ff.

Masing 1931, 23
Haken m pl. „die einen abgeschrägten vorderen Ecken des Backofens.“

Bosse 1933, VII
Haken a) livländisches Landmass. Der gebräuchlichste ist der Deutsche Haken zu 60 Lof Aussaat, ähnliche Ackermasse sind der Revaler und der Bauerhaken zu rund 30, sowie der Plettenbergsche Haken zu 120 Lof rigisch. Unter der grossen Gruppe der Vermessungshaken (Flächenmasse) ist der wichtigste der Herrmeisterhaken zu 101.5 (oder 108,4) ha. b) Hakengesinde, Vollbauernhof.
[Exkurs S. 457]

HWbGA 1936, 202
Haken 'ein bestimmtes Stück Land als Steuereinheit' urspr. Flächeneinheit, die während einer best. Zeit mit dem primitiven Hakenpflug bearbeitet werden kann.

Kobolt 1990, 122
Haken m altes Flächenmaß in den Berechnungen der Landgüter, nach Zeit und Ort sehr unterschiedlich.
mnd. hake Landmaß


QUELLEN (Informanten)

1 Haken = 660 Bast = ... (11x6)
10 Bast = 66 □Faden (39000 ..? = 35361 ..?); 1 □Faden (= 3 □Ellen)
1 Bauerhake ⁓ 2 □ Werst; 1 Landhaken = 770 □ Rast; 1 □ Rast = 77 □ Faden
1 Pletteb. Haken = 20 Sch...?; 1 Sch...? = 20 □ Ellen

Transehe, N. von: Wolmar; Weinert, Paul: Riga
Haken - Flächenmaß (a.d. Schwedenzeit). In der Bedeutung wohl ähnlich wie „Wacke“.

Hoffmann, Gjert: Reval
der Haken - Pflug
Hölzerner Pflug, die Schar hat 2 Spitzen, mit Eisen beschlagen. War 1939 noch vielfach im Gebrauch beim Anhäufeln der Kartoffeln, auch zum Spalten der Dämme bei der Ernte der Kartoffeln. Estland.

Hofsware die
‣ Varianten: Hofesware

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 13
Hofesware, die, gew. Hofsware. Alle Krüge waren auf Hofeswaare gesetzt, d. h. Bier und Brantwein, in manchen Krügen auch auf andre Dinge, wie Tabak, Salz, Heringe u. s. w. , — sie erhielten dies Alles vom Hofe geliefert, 396. XXXIV. 40.

Gutzeit 1889b, 535, 539
Hofesware
Hofsware, die. Wenn die Bauern mit den Hofswaaren nach den Städten gehen, 193. II. 2. 1199.

Kammer die

vgl deutsche Kammer, große Kammer, schwarze Kammer

QUELLEN

Hupel 1795a, 105
Kammer, die, heißt 1) jedes Zimmer z.B. Volkskammer st. Gesindestube; 2) ein durch Wände eingeschlossener Raum z.B. die Windkammer, wo das ausgedroschene Getraide von der Spreu gereinigt wird u.s.w. 3) die kaiserliche Oekonomie oder Behörde wo die Kronsabgaben berechnet werden.

Gutzeit 1874, 10
Kammer, die. Zu den ähnlichen Benennungen der verschiedenen Sprachen wäre in Grimms Wtb. auch das russische Kamorka anzuführen gewesen. 1) ehemals: gewölbter Raum, Gewölbe. Nach einer Verordnung v. 1630 in 174. 1832. 202—5 sollen die Waren in die Steinhäuser und Kammern gebracht werden; die Fremden sollen während des Jahrmarktes — nach einer Verordnung von 1640 für die rig. Krämer — in den Kammern unter dem Rathhause ausstehen, wo die nicht verkauften Waren unter den Schlüsseln der Kettherren und Kramerältermannes gelagert blieben, vgl. 174. 1832. 209—10. Demnach: eine Art Gewölberaum. —
2) jedes kleinere Zimmer, welches nicht gerade von der Herrschaft benutzt wird. Daher Leutekammer Mädchenskammer, Volkskammer (Gesindestube). Noch jetzt, wie bei Hupel.
3) ein durch Wände eingeschlossener Raum, z. B. die Windkammer, wo das ausgedroschene Getreide von der Spreu gereinigt wird. Hupel. —
4) die Kaiserliche Oekonomie oder Behörde, wo die Kronsabgaben berechnet werden. Hupel.
5) die sog. Brautkammer auf den rig. Gildestuben, als Hochzeitskammer, als Schlafgemach der jungen Eheleute. Dieweil auch bis daher Bräutigam und Braut, wenn sie nach Hause gebracht, viele Unlust und Unkosten vorgenommen, soll hinfürder der Bräutigam mit der Braut, solche Unkosten zu vermeiden, dieselbige Nacht auf der Gildestuben in den Kammern bleiben u. schlafen. Aus einer Hochzeitsordg. v. wahrscheinlich 1458 in 174. 1834. 225. vgl. Brautkammer. Da der Gebrauch der Gildekammer als Brautkammer ein sehr alter u. hervorragender ist, so wird dieser Versammlungsraum der Ältesten noch jetzt gewönlich Brautkammer genannt. Die älteste Nachricht davon, dass sich die Ältesten in der „Brautkammer“ (Brutkammer) versammelten, findet sich in 335. S. 213 u. 225, beide v. J. 1572. —
6) Versammlungsraum der ältesten der Bürgerschaft großer u. kleiner Gilde in Riga, Brautkammer. Der Ausdruck ist in diesem Fall entweder die Abkürzung der Wörter Braut- od. Schlafkammer, oder soll den Gegensatz des Nebengemachs (Kammer) zu dem Hauptversammlungsraum der Bürger (Stube) andeuten. Ihm wird die Stube entgegengesetzt, d. h. der Versammlungsraum der gemeinen Bürgerschaft, oder der Gildesal. Wenn ein neuer Aeltermann soll erwälet werden, sollen die Ältesten in der Kammer, und die Brüder auf (oder in) der Stuben nach der Reihe sich niedersetzen; alsdann soll der Kämmerer in der Kammer von den Eltesten, und der Dockmann von den Brüdern in geheim, von Jeden, seine Stimme abfordern, und auf einer Tafel verzeichnen, 349. VIII. 4. Welche Erklärung ich (der Ältermann) zur Kammerbrachte, 349. XVII. 2, d. h. der Ältestenbank mittheilte, indem ich aus dem Gildesal mich in die Brautkammer begab. Der Bürger T. wurde, nachdem der Rathund die 'Altestenbank aus der Kammer ausgetreten, von dem Ältermann in der Stube als Dockmann proclamirt, rig. Ztg. 1869. 229. Die. Bedeutung Versammlungsraum der Altesten geht über in die von: Ältestenbank.
7) früher richteten in dieser Kammer die Gerdeleute die Gastereien aus, 274. Von ihr hatten die sog. Kämmerer ihren Namen. Von der Kammer abtreten, aufhören Kämmerer zu sein, 349 IV. I.
8) Eine ähnliche Bewandtniss hat es mit der Kammer u. dem Sal des Adelshauses. Gewönlich ist die Bedeutung: die Gesammtheit der livl. Landräte u. Kreisdeputirten. Entgegen dem: Sal, d. h. der Gesammtheit der im Adelssal versammelten Adeligen u. Landsassen. W. v. Bock sagt in 370. II. 2. 72: der ritterschaftliche Ausschuss (Konvent), bestehend aus der Kammer der (12 lebenslänglichen)Landräthe und der Kammer der (12 von drei zu drei Jahren wählbaren) Kreisdeputirten. — Durch Beschluss des livl. Landtags v. 1869 sind die Landsassen (adelige u. nichtadelige) zu allenA delsstellen wälbar; in die Kammer dagegen können nur immatriculirte livl. Edelleute gewält werden, d. h. zu Landräten u. Kreisdeputirten.

Gutzeit 1889a, 26f.
Kammer. In Besucher- und Liggerkammer, ein kleines Häuschen, bei den Ambaren.
Ein Carcer, od. die sogenannte schwarze Kammer, 351. 2. J. 1828. 3, für Sträflinge des Nikolai-Armenhauses in Riga.
Die Beschaffenheit der Kruge, und besonders ihrer „Deutschen Kammern“ (Gaststuben) für Reisende, die nicht Bauern sind, 176. 1831 18. Wol nur im Munde Einiger! s. Krüge.

Habicht 1956, 348
die Grosse Kammer Hier ist ein Raum in einem estnischen Bauernhofe resp. Bauernhause gemeint.

Kirchengerechtigkeit die

QUELLEN

Hupel 1795a, 110
Kirchengericht, das, wird von den Kirchenvorstehern in Ehstland von den Oberkirchenvorstehern) und von dem Prediger, auch oft von leztern allein, über allerley Vergehungen z.B. Ehebruch, Hurerey, Schlägerey an Sonntagen u.d.g. gehalten, auch dabey der Schuldige mit gesetzlichen Strafen belegt.

Gutzeit 1874, 35
Kirchengerechtigkeit. Was die Ritterschaft, Mannschaft und Bauern der Kirche an Abgaben zu entrichten haben, die Kirchengerechtigkeit, ist schon in dem Landtagsschluss Kettlers v. 1567 bestimmt. Ob gemeldete Kirchengerechtigkeit, 192. II. 176.

Sallmann 1880, 53f.
Gerechtigkeit Naturalabgabe, Nutznießung (bei Zusammensetzungen des Wortes in der ersten Bedeutung steht die Leistung nach: Gerechtigkeitshammel, -holz, -kom, -Spinnerei etc.; der Gegenstand dagegen, aus dem die Nutznießung gezogen wird, oder die Person, welcher, bzw. von welcher sie geleistet wird, stellt an erster Stelle: Krugsgerechtigkeit das Recht Krüge zu halten; Guts-, Kirchen-, Küstergerechtigkeit die Leistung, welche an das Gut, die Kirche, den Küster zu entrichten ist; Bauergerechtigkeit die Leistung, welche von dem Bauer an den Gutsherrn zu liefern ist),

Krug2
‣ Varianten: Krög

QUELLEN

Bergmann 1785, 41
Krug, Schenke

Hupel 1795a, 129
Krug, der, bezeichnet 1) die Schenke, das Trink- oder Wirthshaus, 2) ein Trinkgeschirr, Maaß, 3) eine steinerne Flasche oder Büchse. In der ersten Bedeutung ist der Bauer-Krug die Stube wo Bauern trinken und herbergen; hingegen besteht der deutsche Krug gemeiniglich aus 1 oder 2 Zimmern wo Deutsche einkehren: beide befinden sich neben einander unter einem Dache. Ein nahe bey einer Stadt erbauete Krug wo Bürger sich belustigen, wird gemeiniglich Traktor genannt.

Ewers 1831, 189
Krug Schenke

Gutzeit 1874, 96
Krög, s. Krug. Nd. Ehemals oft. Im Kröge, 349. XXI. 1. J. 1620; Kröchvater, ebda. Daher der hier gew. Familienname Kröger.

Gutzeit 1874, 104
Krug, der, Wirtshaus u. Einkehrhof auf dem Lande und auch noch in kleinen Landstädten. Bei Hupel erklärt: Schenke, Trink- oder Wirtshaus; bei Bergmann: Schenke. — Die Krüge bestehen aus dem eigentlichen Krugshause, in welchem sich die Wirtschaft und das Gelass für Reisende befindet, und aus der Stadolle. In dem Krugshause unterscheidet man die sog. Krugstube von der sog. Gaststube und der sog. Schenkstube. Letztere steht durch den Schenktisch in Verbindung mit der Krugstube.
In Livland dürfen nur diejenigen einen Krug bauen, deren Krugstellen im schwed. Wackenbuch ausdrücklich angezeigt stehen, oder die nachher ein solches Recht erlangt haben, 182. I. — Außer den Krügen an Straßen und Wegen gibt es noch Dorfs-, Kirchen- und Winkelkrüge. - Adeliche Krüge, 180. III. 1. 80. — Bauerkrug, sagt Hupel, ist die Stube, wo Bauern trinken und Herbergen; der deutsche Krug besteht gemeiniglich aus 1 oder 2 Zimmern, wo Deutsche einkehren; beide befinden sich neben einander unter einem Dach. In diesen Bemerkungen Hupels ist Bauerkrug dasselbe was Krugstube, deutscher Krug das was Gast- oder deutsche Stube heißt. — vgl. Winterkrug und Bauerkrug.
In Zusammensetzungen mit andern Hauptwörtern bald Krug, bald Krugs, und zwar willkürlich und gleich üblich. In Krugstelle, Krugstock, Krugstube, Krugtag, Krugvater meist ohne Binde-s.
Ehemals 1) Wirtshaus in der Stadt Riga und Vorstadt. Ein Brauer, weiler den — im Kruge gefluchet, 849, XXI. 1. J. 1649/50; mutwillige Bettler, welche in den Krügen und Steinhäusern liegend mit Schwelgen und Gesöffe das gesammelte Almosen verprassen, 349. XVI. 2. J. 1694; wan dan in solchen Häusern (Krügen) gewönlich junge Möddern sein, mit welchen sie (die Krüger) ihr Bier desto besser ausschenken können, 349. XI. 1; keine Weinkeller, Bier-, Meht-, Brantweinkrüge nach 9 Uhr offenhalten, 349. XX. 1. J. 1592. — 2) Wirtshaus als Versammlungsort der Handwerker, Gesellenherberge. Wann ein fremder Gesell gewandert käme, der soll in den Krug ziehen und nach dem jüngsten Meister schicken, 255; ein Gesell — soll sich in den Krug verfügen und nach dem jüngsten Meister schicken, 257. Unrichtig ist in Grimms Wtb. Krug Sp. 2434. 1. c. die Erklärung: eine Art Gesellenverein, Bruderschaft, auf welche Deutung das Wtb. unter 3. c. zurückkommt, vgl. Krugvater. — 3) s. Poststation? Es sollen aber Krüge an den Landstraßen aufgerichtet werden, darin die Reisende Schießpferde für Bezahlung haben können, 349. XV. 1. J. 1662; die Freiheit, Krüge und Stadollen zusetzen, in einem Erlass v. 1670 und in 349. XIX. 5. J. 1735.

Sallmann 1880, 36
Krug Schenke, Gasthaus auf dem Lande und in den Landstädtchen. Gutzeit bemerkt: „Die Krüge bestehn hierzulande aus dem eigentlichen Krugshause, in welchem sich die Wirtschaft und das Gelaß für Reisende befinden, und aus der Stadolle. In dem Krugshause unterscheidet man die Krugsstube von der Gaststube, dem „deutschen“ Zimmer, und der Schenkstube, welche letztere durch den Schenktisch mit der Krugsbtube in Verbindung steht“. Der Wirt heißt Krüger oder Krugsvater. Davon Krugsweib, -magd, -hier etc

Sallmann 1880, 125
Krug. Bei den Krügen, den Bauerwirtshäusern, unterscheidet man, abgesehen von denen an Straßen und Wegen, landische und städtische, unter den landischen wiederum Dorfs-, Kirchen- und Winkelkrüge, jenachdem sie in einem Dorfe, nahe der Kirche oder einzeln liegen.

Pantenius 1907, 48
der Krug ländliche Gastwirtschaft
Nur die Krüge waren im Stil des niederdeutschen Bauernhauses gehalten.

Masing 1926b, 58
Krug 'Wirtschaft auf dem Lande' (mnd. krōch; Grimme, S. 159; Schumann, S. 21; Frischbier I, S. 435).
ebd. 12: opr. + bd.

Munier-Wroblewski 1927-1931, 23
im Kruge

Vegesack 1935, 30
der Krug bäuerliche Gastwirtschaft

Maltz 1955, 33
der Krug ländliche Gaststätte

Habicht 1956, 77
der Krug ländliche Gastwirtschaft

Pantenius 1959, 72
der Krug ländliche Gastwirtschaft

Vegesack 1963, 223
der Krug bäuerliche Gastwirtschaft

Nottbeck 1987, 49
Krug (rus.) - Runde (kruglye = rund) / R.
Gehen wir noch einen Krug mit dem Hund.

Kobolt 1990, 163
Krug m Wirtshaus
mnd. krôch, krûch Schenke, Wirtshaus; plattd. Krug, Krog, Kraug, Krouch Schenke, Wirtshaus; pr. Krug, Krog Schenke; nhd. Krug niederd. für: Schenke.


QUELLEN (Informanten)

der Krug 'das Gasthaus' 1. Seßwegen später Kl. Rorp / Kr. Wenden, 2. Riga 'Gastwirtschaft, verbunden mit der Post'

Kerkovius, Martha: Riga
Krug, der ländliches Gasthaus

Krugbier das
‣ Varianten: Krugsbier

QUELLEN

Gutzeit 1874, 104
Krugbier, Krugsbier, eine schlechtere Art Bier, wie sie für Krüge gebraut wird, 172. 1794. 451; die in Ansehung des Krugbiers stattgefundenen sog. Lasttonnen werden 1812 aufgehoben, 172. 1812. 35.

Sallmann 1880, 36

Krugsberechtigung die

QUELLEN

Gutzeit 1874, 105
Krugsberechtigung, die Freiheit, Krüge zu halten, 193. II. 588. Anders in Grimms Wtb.

Krugsgerechtigkeit die
‣ Varianten: Kruggerechtigkeit

QUELLEN

Gutzeit 1874, 105
Kruggerechtigkeit. Die ihm zukommende K. darthun, 349. XIX. 5. s. Krugsberechtigung.

Sallmann 1880, 53f.
Gerechtigkeit Naturalabgabe, Nutznießung (bei Zusammensetzungen des Wortes in der ersten Bedeutung steht die Leistung nach: Gerechtigkeitshammel, -holz, -korn, -Spinnerei etc.; der Gegenstand dagegen, aus dem die Nutznießung gezogen wird, oder die Person, welcher, bzw. von welcher sie geleistet wird, stellt an erster Stelle: Krugsgerechtigkeit das Recht Krüge zu halten; Guts-, Kirchen-, Küstergerechtigkeit die Leistung, welche an das Gut, die Kirche,den Küster zu entrichten ist; Bauergerechtigkeit die Leistung,welche von dem Bauer an den Gutsherrn zu liefern ist),


QUELLEN (Informanten)

Krugsgerechtigkeit, die das Recht einen Krug zu unterhalten, s. Braupfanne

Krus der
‣ Varianten: Kruse

‣ Synonyme: Kruuschen
siehe auch Kaus, vgl Milchkrus, Schmantkrus, Wasserkrus

QUELLEN

Hupel 1795a, 129
Kruhs, der (aus dem Russ. und Lett.) st. Krug, Maaß, Trinkgeschirre, steinerne Flasche, große steinerne Büchse u.d.g.

Krüger 1832, 333
Krus: plattd. Einfluß
Schnädchen, Krömer, Korst, er stillt (statt stiehlt), trüpfen, betrüpfen, Flicker, rujeniren, kahle Fihß, Kruhs, ein durger Sack (Verschwender) und Herzpool (das Herz oder der Kröbs im Apfel, auch Gehäuse genannt).,

Gutzeit 1874, 107
Krus, der, (-), Krug. Kruses, Kruse, Vz. Kruse, schlechter: Krüser; in der Kleinerung: Krüschen, selt. Krüschen, Vz. Krüschen u. Krüserchens; Krüßgen, St. Nie: Kraus und Krause, die Grimms Wtb. als hochd. angeführt. Im brem. Wtb. Kroos, nl. kroes, engl. cruse. Niemals „die Kruse“, wie, nach lettisch Kruhse, in Kurland allgemein gelten soll, nach Baumgärtel in 445. 28.
Die allgemein übliche Bezeichnung dessen, was in Deutschland Krug heißt, doch hauptsächlich nur für Wasser-, Milch- und Schnmndkrus. Hupel, der das Wort fälschlich als russisches oder lett. ansieht, erklärt: Krug, Maß, Trinkgeschirr, steinerne Flasche, große steinerne Büchse und dgl. Lett. Kruhse, irdener Krug, 411.

Gutzeit 1874, 107
Krus, st. Krug, 210; Kruhs, 319. 333; ein Krus, 172. 1802. 15; Kruse mit und ohne Deckel. 172. 1817. 26; Essig in Krüsern aufstellen, 328. 238. J. 1649.

Sallmann 1880, 47
Krus Krug, altmärk krôs, dän. krus, e. crus, nach Nheßen;...

Westermann 1887, 388
Krus 'Krug' (auch in Hessen)

Gutzeit 1889a, 50
Krus (-) , Krug, eines der wenigen Wörter, vielleicht das einzige, welches das frühere u. nicht in au verwandelt hat; ein hd. Kraus oder Krause ist hier unbekannt. Altnordisch krus, a pot, tankard, Cleasby-Vigfusson.

Eckhardt 1896, 30
Krus 'Krug', nd. sonst Krōs; Krus: preuß. und bd.

Seemann von Jesersky 1913, 140
Krus, Kruse, Krüge
Krus, o.w. Br. Tob. Kros, schwed. Krus, Plural Kriese, Krug (Gefäß).

Masing 1926b, 60
Krūs 'Henkelkrug aus Steingut oder Blech' (mnd. Krūs, Krōs 'Kanne, Krug'; Grimme, S. 156; Schumann, S. 17; Frischbier I, S. 457).
ebd. 12: Fayencetrinkgefäß von zylindrischer Form mit Henkel, ohne Deckel (opr.): 'Krug, Stein-, Fayencetopf, Glas mit Henkel u. Deckel'.
ebd. 23: bd. ū: hd. au [?]

Munier-Wroblewski 1958, 37
Krus, das Kruuschen 'kleiner Krug'
der Kruus 'Krug'

Sass 1963, 48
„Bei Studentens is noch scheener“, ruft er Milding zu, die mit feuchtem Tränentuch - fast so groß wie ein Laken, aber mit Trauerrand - eben wieder die Treppe hinauf will. Ein Krus Kaffee wird ihr jetzt gut tun, ehe sie an das schmerzliche Geschäft des Aufräumens geht. Frau Karkling, die auch sonst manchmal beim Gardinenspannen und Einmachen ausgeholfen hat, „un Frau Paster ihr' Skaista“ (frech is die, na! aber auch fix!) - gehen mit ihr in die verödete Wohnung. Sicher wird dies und das da sein, was keine Herrschaft mehr haben will und was man selbst ...

Sass 1963, 82
„Wißt ihr noch, wie sie eine von unseren 'Heiligen' durchbohrte, als die mit leergelöffeltem Krüs'chen um sie herumscharwenzelte? Erst, als jede ihre Portion abgekriegt hatte, verteilte sie Zugaben, ohne Unterschied.“
„Ja. Aber wie sie uns anguckte, als wir unsere Kummchen hinreichten! Mir wurde direkt komisch.“
„Wie wir bebberten, als prompt die gefürchtete Anfrage kam und ein Bericht verlangt wurde! Und sieerklären sollte, wieso auffallenderweise gerade ihre Klasse so schwach vertreten war. Man wußte oben sehr genau, daß ihre Brüder Zarenoffiziere gewesen waren.“
„Scheußlich! Ende Mai sollte Danka sich rechtfertigen. Zum Glück war mit dem Zweiundzwanzigsten der ganze Spuk, genau rechtzeitig, zu Ende.“

Uustalu 1982, 153f.
[zitiert Gubert (17.Jh.)] Krus: Arme Leute stellen ihn (den Essig) in Krusern auf (203); mnd. krōs, krūs m. u.n. 'Kanne, Trinkkanne, Krug (auch als bestimmtes Maß)' (Schl.-L.). Als Lehnwort im Estnischen schon im 17. Jh. gebräuchlich: kruhs (Ariste, 134), ruus (Göseken), aber auch in jüngerer Zeit: krūz 'Krug (Trinkgefäß)' (Wiedemann).

Kobolt 1990, 164
Krus m veralt. für: Trinkkrug, Trinkgefäß
mnd. krus, kros Kanne, Trinkkanne, Krug; plattd. Krus, Kros Krug,Bierkanne mit Henkel; Br.Wb. Kroos Krug; lbg. Krous Trinkkrug mit zinnenem Deckel; pomm. Kroos Trinkgeschirr mit Deckel; Elb. Kruhs Bierglas mit Henkel; pr. Krus, Kros Steintopf, Glas mit Henkel und Deckel; altm. Kros Krug.


QUELLEN (Informanten)
Scheffel, Charlotte: Libau, Kurland
Krus (Hohlmaß), vulgär. WL 3,49.

Hedenström, Bernd von: Riga
der Krus (Langes H.) 'Krug, aus dem man trinkt'; das Krüschen 'Krüglein'

Küstergerechtigkeit die

QUELLEN

Gutzeit 1874, 124
Küstergerechtigkeit, Bauergemeindelast für die Küster. Küstergerechtigkeit, was und wieviel der Küster von seiner Gemeinde an Korn nnd sonstigen kleinen Abgaben (Perseelen) zu erhalten hat, 183. 264; der gesetzlich festgestellte Betrag der Küstergerechtigkeit, ebda 254. Priester- und Küstergerechtigkeit, 154. 295. vgl. Gerechtigkeit.

Sallmann 1880, 53f.
Gerechtigkeit Naturalabgabe, Nutznießung (bei Zusammensetzungen des Wortes in der ersten Bedeutung steht die Leistung nach: Gerechtigkeitshammel, -holz, -korn, -Spinnerei etc.; der Gegenstand dagegen, aus dem die Nutznießung gezogen wird, oder die Person, welcher, bzw. von welcher sie geleistet wird, stellt an erster Stelle: Krugsgerechtigkeit das Recht Krüge zu halten; Guts-, Kirchen-, Küstergerechtigkeit die Leistung, welche an das Gut, die Kirche, den Küster zu entrichten ist; Bauergerechtigkeit die Leistung, welche von dem Bauer an den Gutsherrn zu liefern ist),

lehmern Adj

QUELLEN

Gutzeit 1894, 25
lehmern, thönern. Allgemein gebräuchlich sind hier lemerne Schüsseln, große und kleine, in der Küche besonders, ebenso lemerne Krüge — alle aus rotem Lem.

Mühlstelle die
‣ Varianten: Mülstelle

QUELLEN

Gutzeit 1887b, 256
Mülstelle, die. Nach d. Instr. v. 1638 sollten die Revisoren ... Krüge, Mühlen und neue Mühlstellen beschreiben, 157. II. 237.

Schießpferd
‣ Varianten: Schiesspferd
'von der Gemeinde für die Beförderung eines Beamten gestelltes Pferd'
‣ Synonyme: Schkute, Schütze, Spanndienstpferd, Stoikapferd

QUELLEN

Lindner 1762, 239
Schießpferde, Pferde zum Transport, die der Edelmann geben, oder gleichsam herbeischiessen, d.i. schaffen muß.

Hupel 1774-1782, I/63, I/180
Schüßpferde heissen die von den Gütern auf obrigkeitlichen Befehl gestellet werden.
Noch beschwerlicher war die oftmalige Stellung der Schüßpferde.

Hupel 1795a, 213
Schüßpferd das, heißt zuweilen ein Mensch den man zu Verschickungen braucht.

Petri 1802, 98
Schießpferde heißen diejenigen Bauernpferde, welche auf obrigkeitlichen Befehl von den Gütern zur Beförderung eines Kuriers, einer Stafette, oder sonst in öffentlichen Angelegenheiten reisender Personen, gestellet werden. Daher Schießsoldat, ein solcher Bote oder Abgeschickter (gemeiniglich ein alter Garnisöner,) der die obrigkeitlichen Befehle in den Kirchspielen herumträgt, und bei schlechtem Wetter ein Schießpferd bekommt.

Gutzeit 1887a, 114
Schießpferd, schwed. skjut, Vorspann, Vorspannpferd, russ. подводная лошадь, Pferd, welches von den Bauern zu gewissen Zwecken hergegeben wird. Es sollen Krüge an den Landstraßen (die späteren Stationen) aufgerichtet werden, darin die Reisende Schießpferde für Bezahlung haben können, 349. XV. 1. J. 1662; Seine Ercellenz setzten dero Reise mit 66 von der Stadt gegebenen Schießpferden fort, 350. XXVIII. J. 1728; der durchreisende Prinz bekam 68 Schießpferde, ebda J. 1742; für den General Soltikow und seine bei sich habende Garde wurden 320 Schießpferde von der Stadt gestellt, ebda J. 1744; die Schüßpferde oder der Vorspann, 349. XV. 12; mit Schießpferden von Gut zu Gut faren, ѣхать на подводахъ. Schüßpferde, fälschlich auch Schießpferde, 390c. 40.
Zuweilen heißt ein Mensch, den man zu Verschickungen gebraucht, Schießpferd. Hupel.

Seemann von Jesersky 1913, 167
Schießpferde müssen von den Bauern der Post, als Beihilfe gegen feste Zahlung geliefert werden.

Mitzka 1923, 19
Schiesspferd Postpferd (schwedisch)

Kiparsky 1936, 133
s. Schiesse

Habicht 1956, 424
Schiesspferde


QUELLEN (Informanten)

Schießpferd 'von der Gemeinde für die Beförderung eines Beamten gestelltes Pferd'
Dorpat, Oesel, Riga, Stadt Walk, Ligat, Narwa, Hallist (Kr. Pernau), Wenden, Wolmar, Reval, Werro, Kattentack, Derpel, Sagnitz (Kr. Walk).

Stadoll das
‣ Varianten: Stadolle

QUELLEN

Hoheisel 1860, 31
Stadoll = Stall und Wagenremise, bes. bei den Krügen (lithauisch).

Eckhardt 1896, 31
Stadoll n. Scheune. sonst nur obd.; mhd. stadel; auffällig o und Betonung.

Habicht 1956, 76
der Stadoll Mehrzahl die Stadollen.

Nottbeck 1987, 87
Stadoll (rus.) - Einstellraum f. Fahrzeuge (Wirtshaus) E.K.L.R.
Stadoll war ein verbales Überbleibsel der Vergangenheit.

Kobolt 1990, 257
Stadoll m Stallraum, Wagenremise, Schuppen
anord. stödull Stall; mnd. mnd. stadel Scheuer; pr. Stadoll, Stodoll Einfahrt am Dorfkruge, in welchem Pferde und Wagen Obdach finden; lit. stadole; poln. stadola; russ. stadolja


QUELLEN (Informanten)

'Balkengerüst zum Anbinden der Pferde'
Kan(u)dau, Riga

Schnackenburg, Wanda von: Kreis Hapsal
Stadoll der, die (s.u.
= Einfahrt, ein aus einem Landkrug ausgebauter Raum.

Engelhardt, Hans Dieter von: Dorpat
Stadoll Pferdebox im Pferdestall, in dem sich das Pf. frei bewegen kann.


der Stadoll - Stall für Pferde (Riga 1936)


der Stadoll 'Viehstall' 1. Lesten (1918-27), Kliggenhof u. Riga (1927-39); 2. Wesenberg unter: 'Stallgebäude'; 3. Simonis (Wierland), Randen (Kr. Dorpat) 'Wagenschuppen'; 4. Strasdenhof by Riga 'gewöhnl. Stallraum in einem Krug'; 5. Libau, Lettland, Kurland Stadoll (ohne Artikel) 'Wagenremise'; 6. Dorpat bzw. Wesenberg 'Pferdestall; 7. Riga Stadoll (ohne Artikel); 8. Arensburg 'Raum mehr ernsthaft gebraucht'.
das Stadoll 'Schuppen' 1. Dorpat; 2. Dorpat 'Wagenschauer'; 3. Seßwegen (Kr. Wenden), später Kl. Royp 'zum Abstellen der Pferde von Gästen der Krüge (Gasthäuser) auf dem Lande'; 4. Goldingen 'Schuppen zum Einstellen von Gespannen';
Stadoll (ohne Artikel) 5. Reval 'Abstellraum für Pferde, aber nur zeitweilig'; Stadoll (ohne Artikel) 6. Kr. Talsen u. Dorpat 'Wagenschuppen'; 7. Gut Rickholtz (Kr. Wiek) 'Schuppen'; 8. Lemsal (Livland).


Stadoll, der Abstellraum, WL 8,38.
das Stadoll 'Pferdestall' Wierland, Kurland, Reval, Riga.
das Stadoll 'Pferdestall', auch 'Wagenscheune' Zobeln, Fellin, Reval, Riga, Sassmacken, Libau, Dorpat, Talsen, Nissin.

Stadolle
‣ Varianten: Stadoll

siehe auch Krug2, Krügerei, Krugshaus, Krugsküche, vgl Krugsstadolle, Schießstadolle, Steinhaus

QUELLEN

Lindner 1762, 237
Stadolle, ein Krug, wo eingefahren wird, ist ein Polnisches Wort, Steinhaus aber eine Bierschenke, besonders in Kellern.

Bergmann 1785, 67
die Stadolle [vom veralteten Stadel ein Stall] der Schoppen an den Schenken.

Hupel 1795a, 224
Stadolle, die (Einige sagen Stadulle und noch häufiger Schtadulle) ist der große Stall- und Wagenraum oder Schoppen an Wirthshäusern. (Bergm. leitet es her vom veralteten Stadel oder Stall; aber noch jetzt heißt Stadel oder Stodel in etlichen Gegenden Deutschl. eine Scheune, und einer solchen sieht unsere Stadolle beynahe ähnlich.)

???, 123
Stadolle ... Fußnote: „Das ist ser bedeckte große Raum neben dem Kruge oder dem Wirthshause, wo Pferde und Wagen gemächlich untergebracht werden.

Petri 1802, 99
Stadolle, Statolle, Pferderaum in den Schenken und Wirtshäusern

???, 30
Stadolle 'Stall'

Sallmann 1880, 51
Stadól, Stadólle Scheune, Wagenremise am Bauernkrug, bair. u. östr. noch mundartlich für „Scheune“, ahd. stadal, ags. stadol Stätte, altn. stödúll Stall.

Arbusov 1910, 32
Die Livländische Landesordnung var 1668
S. 32 Quelle J.1647: alsz dasz die heerstraszen mit guten Stadollem und krügen versehen.

Seemann von Jesersky 1913, 174
Stadolle, fester Raum zur Unterkunft der Gefährte in den Krügen.

Kiparsky 1936, 183
Stadolle [štadólə] f., Stadol [štadól] n. 'Schuppen an den Krügen' ‹ r. dial. стодоля 'Scheune, Scheuer' (über die Herkunft [aus ahd. stadal] vgl. KIPARSKY Gemeinslav. Lw. 161). E.L.K. - BERGMANN 67, HUPEL 224, GUTZEIT II, 105, SALLMANN N. 36; 51, E. ECKHARDT ZsaDSprV. WB 11, 31 glauben irrtümlich, das bd. Wort sei die unmittelbare Fortsetzung des ahd. stadal.

Anderson 1938, 148
trotz der sonst für das Südgroßrussische und Weißrussische charakteristische Ersetzung des unbetonten o durch a dürfte das Wort nicht aus dem (bei den Polen entlehnten) russ. Dialektwort stodolja (oder -la) stammen, sondern direkt aus dem poln. stodoła; der Ausdruck scheint mit dem Einfluß der poln. Gutskultur zusammenzuhängen od. Talubbe neben Tolubbe f. 'Schafpelz' ‹ poln. tołub 'gefütterter Oberrock'."

Grosberg 1942, 211, 212, 320
die Stadoll, die Stadolle. Raum zum Unterbringen der Pferde und Wagen bei landischen Krügen.
[212] Die Stadoll links vom Kruge ist die Bauernstadoll, während die rechte, die sich an das deutsche Ende des Kruges anschließt, als die deutsche Stadoll bezeichnet wird.


QUELLEN (Informanten)
Transehe, N. von: Wolmar
Stadolle, die, der große Stallraum der landschen Krüge, in welchem die Pferde (meist mit dem Wagen) rasten/übernachten konnten. Das Wort ist der polnischen Sprache entnommen.


Stadolle 'Anbau an ländliche Krüge (?) zur Unterstellung von Wagen und Pferde der Besucher'
[Anmerkung; wahrscheinlich leichter Schuppen od. Überhängdach, wo die Besucher ihre Pferde u. Wagen drunter stellten.] [+ Illustration!] (Bellenhof bei Riga um 1930)


die Stadolle 'Abstellgebäude für Gespanne' 1. Popragger/Kr. Tuclsen, Gem. Erwuhlen; 2. Fihteets (?) Kurland, zuletzt Lettgalen 'Pferdestall des „Kruges“, meist zum Durchfahren eingerichtet'; 3. Goldingen (Kurl.) u, Kujen (Livl.) 'Das Gebäude, in demdie verschiedenen Wagen standen'; 4. Hoppenhof/Kr. Walk; 5. Riga; 6. Riga 'zum Abstellen der Wagen; auf Poststationen erholten sich auch die Pferde in der Stadolle'; 7. Riga, Hagensberg 'zum Abstellen der Wagen u. Pferde in den ländlichen Krügen'; 8. Riga, Oger; 9. Bellenhof by Riga bis 1920, dann Riga 'war an Landkrügen angeschlossen u. diente zum Abstellen der Pferde u. Rinderherden, die man zur Stadt trieb'; 10. Feldhof über Passmacken; 11. Reval 'Wagenschauer ohne Tür'; 12. Werro 'überdachter Raum zum Abstellen für Wagen u. Pferde'; 13. Libau 'Unterkunft für Pferd u. Wagen, a, ländl. Gasthof, langes Gebäude ohne Fenster, mit 2 gr. Toren (Ein- und Ausfahrt) und Ha....röse u. Wasser (?)
die Stadolle 'Pferdestall' 14. Riga; 15. Herbergen/Kurland, Riga; 3. Neuhausen/Kr. Hasenpott 'Einfahrt für Pferde'; 17. Tuckum ÄPferdestall im Krug'; 18. Baltischport, Petersburg, Fellin 'Remise, Wagenschauer'
die Stadolle 'zum Einstellen von Pferd und Wagen' (Riga um 1930)


die Stadolle 'der Stall' (Mitau um 1930)
die Stadolle 'der Pferdestall', 'Wagenschuppen'(Libau um 1930, Goldingen um 1925, Goldingen um 1925, Riga, Pernau, Reval, Dorpat)

verlegen1

QUELLEN

Gutzeit 1889c, 21
verlegen. 1) die Krüge an den Landstraßen mit allerley Nothdurft verlegen, als Brod, Käse. Bier u. s. w., 328. 6; zu jeder Poststation sind mehre Güter verlegt, 350. XVIII. 5, d. h. müssen für sie sorgen; — 2) Gas- oder Wasserrören, legen. Das Verlegen der Röhren für das Gaswerk übernehmen, rig. Ztg. 1861. Die Schienen sind auf Langschwellen verlegt, 414. 1864; — 3) die Sandbänke und Untiefen der Düna verlegen sich alljährlich mehr oder weniger in Folge der Eisgänge, 174. 1861. 112; — 4) einem die Tage vorlegen od. verlegen, 194. R. R. d. F. E. 168, die Gerichtszeit gebürlich ansetzen.

Verschiss der

QUELLEN

Gutzeit 1898, 34
Verschiss, der, eine Art Achtung, die früher wegen einer unehrenhaften Handlung, doch nur sehr selten, im rigischen Gymnasium an einem Mitschüler derselben Classe, auf der Universität Dorpat an Mitglidern einer Landsmannschaft verübt wurde; in französischen Lehranstalten interdiction. Man ersetzt das plumpe Wort, wie in Deutschland, mit Verruf, obgleich dieses im baltischen Gebiet nur üblen, schlechten Ruf bedeutet, vgl. Verruf. Kaufleute, insbesondere Budeninhaber, die in Dorpat gegenüber Studenten (Landsleuten) unhöflich oder beleidigend sich verhalten hatten, wurden geruckt oder ruckten, nicht aber in Verschiss erklärt; sie wurden boycottirt, nach heutiger Sprechweise. Auch Krüge und Gastwirtschaften wurden in Verschiss getan oder erklärt; die Mitglider derjenigen Verbindung, bei welcher dies geschah, durften jene Örtlichkeiten nicht besuchen, wollten sie nicht selbst dem Verschiss anheimfallen, s. Schiss. Der Verschiss des N. dauert jetzt schon ¼ Jahr; sein Verschiss hört endlich auf; in Verschiss sein, in Verschiss kommen, in Verschiss einen erklären. Das Neue Lausitzische Magazin Bd. 55. S. 390 erklärt das Wort für das altfranzösische versus (unreifer Traubensaft, Sauertraube): mettre ql. en verjus, und ebenso das Wort Anschiss (Duellwunde) aus altfranz. encis Anhieb, und Comment aus franz. command Vorschrift. Dagegen sagt Sallmann (390c. 112): rucken - in Verruf erklären, en verjus, wie nach Goethe die französische akademische Jugend sich das betreffende derbe deutsche Wort zurecht gelegt hat. In Grimms Wtb. (1895) felt hierüber jede Ansicht. Deckt sich einerseits die Bedeutung von verjus nicht im Entferntesten mit der von Verschiss, so ist anderseits nicht zu übersehen, daß die Bedeutung des deutschen Wortes sich nicht gut aus der Bedeutung des entsprechenden Zeitworts entwickeln läßt, und daß eine Unzal von Wortbildungen der Studentensprache mehr oder weniger unglückliche Übername aus dem Französischen ist. Die deutschen Studenten haben in verhältnißmäßig nur wenigen Fällen die deutsche Sprache bereichert, in den meisten dagegen in schmachvoller und ungeschickter Weise deutsches Sprachgefül, deutsche Gesinnung und üblichen Anstand verletzt. Das neue Werk Prof. Kluge's: Deutsche Studentensprache, Straßburg 1895, rechtfertigt nur zu sehr das eben verlautbarte Urteil. Das Wort Verschiss findet sich gedruckt zuerst 1781, in demselben Jare wie Commersch; Comment erst 1795.


© Eesti Keele Instituut    a-ü sõnastike koondleht     veebiliides    @ veebihaldur