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Aalgeld das
de Aalgeld; et angerjakümnis
‣ Synonyme: Aalgerechtigkeit

QUELLEN

Masing DBWB, 4
Aalgeld, n. (ā́ljelt) = Aalgerechtigkeit (s.d.) 139 Thl. 78 Gr. Schill. Ahl- und Rodauengeldt….VBLandv. III, 572 (1699).

abbringen V [h]
1. Vt 'den Fluss herunterbringen (Waren, Holz)'
die in den Strusen abgebrachten Saten
2. Vt de einernten
das Abbringen der Wiesen 'das Abbringen des Heues von den Wiesen'
3. Vt Seem. 'wieder flott machen' de abbringen; et karilt lahti tõmbama
ein Schiff von einer Sandbank abbringen

QUELLEN

Gutzeit 1859, 3
abbringen Waren, Holz, den Fluss herunterbringen. Schon in ältern Verordnungen, z.B. über jede Partei Holz, so die Bauern abzubringen haben, 8; die in den Strusen abgebrachten Saten, 95.

Sallmann 1880, 79
abbringen ein Schiff, das sich festgefahren hat, wieder flott machen.

Gutzeit 1886, 4
abbringen 2) ein Schiff, von einer Sandbank, wieder flott machen. - 3) Des S. 6 eingeführte 10 Thaler werden mit den gepfändeten 14 Schüffeln wieder abgebracht, 349. XXI. 1. J. 1655/6. In welcher Bed.?

Masing DBWB, 23f.
abbringen, sw. (apbriŋ̅ən) 1. Waren den Fluß herabbringen, Holz durch Flößen fortbringen ... dasz :1 mo Von allen nach Riga abgebrachten Wahren ... von jechlichen 100 Stt 10 Stein abgeschlagen und decourtiret werden soll. Bulm. AuU I, 534 (1724). *Diese … Hölzer … nach den am Anfang … des Catharinen-Dammes liegenden Schiffen abzubringen ... Taxa MWr. Riga 1800,6. _ 2. ein Schiff, das sich festgefahren hat, flott machen, von der Mulle bringen. Gtz. N 1886, 4. _ einernten. Das A. der Wiesen. des Heues von den Wiesen. {das A. des Malzes}. Gtz. I, 3. { _ 4. veranlassen, eine Meinung zu ändern, einen Plan aufzugeben. von dieser Idee ist er nicht abzubringen.}

Masing DBWB, 24
¤ abbringen v. = hinbringen. Er brachte das Brot ab. Rbg (V). – „ ... :, dasz: 1mo? Von allen nach Riga abgebrachten Wahren ... von jechlichen 100 Std. 10 Stein angeschlagen und decourtiret werden soll.” (Bulm. AuU I, S. 534, № 737, 19. I.1724.) „7timo. Sollen die Rigische Kauff-Leute, wann sie mit denen Pohlen auf Liefferung der Wahren contracten gemachet und sie solche Wahren laut dem contract abbringen, selbige ohne Verzug in Empfang nahmen ... „ (ibid. S. 535.) _ 5. Errata: 2. Thon bir uf den Ölsten abgebracht, obs gewilligt, den in der Bestellung nicht enthalten. (Vier B. Landv. 382. 1636/7).

Masing DBWB, 24
¤ abbringen - „Errata: 2 Thon Bir uf den Ölsten abgebracht. (V.B. Landv. III, 382 (1636/7). – Vor die Hoff-Mutter wird abgebracht 16 Rd. Sz ... ; über diesz wird noch 13 Rd. 66 Gr. wegen Aufsicht desz Viehs an die Ambtverwaltersche abgebracht; …” (ibid. 400 (1676/7). – für die 27 Kuyen Heu … abzubringen laut Rechnung … 146 Rd.” (ibid. 343 (1677))

Abdank der
'Niederlegung des Amts' et erruminek
Des soll derselbige elste, der sich den befreien wurde, dem alten gebrauch nach, ehr seine hochzeit geschicht, den semptlichen elterleute zu abdanckh einne gute tunne beirsz ... zu erstaten schuldich sein
Der Donner dancket dem Winter ab. Nach dem ersten Donner sincket das Eiß / welches noch übrig ist /…

QUELLEN

Masing DBWB, 27, 28
Abdank, m. (ápdaŋk) Niederlegung des Amts, Abschied. Des soll derselbige elste, der sich den befreien wurde, dem alten gebrauch nach, ehr seine hochzeit geschicht, den semptlichen elterleute zu abdanckh einne gute tunne beirsz ... zu erstaten schuldich sein ... .Riga, Schwarzhäupterschragen 1594, §25 (St_Mg 636)
{den Schencken ab dieselbe nehmen sie fur sich ann und mögen alszdan ihre Dwelen abnehmen und wegkgehen ... Fastnachtsordnung der Rig. Gr. Gilde 1613, § 38. St.-Mg. S. 333. _ Der Donner dancket dem Winter ab. Nach dem ersten Donner sincket das Eiß / welches noch übrig ist /… Sal. Gub. 1688, 66. _ 2. sein Amt niederlegen.}

Abflößer der
‣ Varianten: Abflösser
'Eigentümer eines Flosses' de Flößer; et parvemees, parvnik
Für ein Düna-Brennholz-Floß … herab zu bringen … von dem Eigenthümer oder Abflösser 22 ½ Gr.
siehe auch abflößen

QUELLEN

Gutzeit 1859, 6
Abflößer Eigentümer eines Flosses. Von dem Eigentümer (des Flosses) oder Abflösser 172.1767.107. - Das ö wird gewöhnlich geschärft und demgemäß auch mit nachfolgenden ss geschrieben.

Masing DBWB, 46
Abflößer, m. (ápflösər) Flößer. Für ein Düna-Brennholz-Floß … herab zu bringen … von dem Eigenthümer oder Abflösser 22 ½ Gr. Rig. Anz. 26. III. 1767, 107.

Ahn der
de Vorfahr(e); et esivanem

QUELLEN

Gutzeit 1886, 26
Ahn Grimms Wtb. deutet u. A. auch auf avus, aber weder auf anus, altes Weib, Alte, noch auf sen(ex), Alter, Greis, noch auf gr. άνωδεν von Alters her, οί άνωδεν, Vorfahren.

Akkordpunkte pl
'Vertragspunkte' et akordpunktid
Was die Insel Oesel anbetrifft, so wurden die von der Livländischen Ritterschaft abgeschlossenen Akkordpunkte nicht auf dieselbe ausgedehnt, weil sie bis zum Abschlusse des Nystädter Friedens im Besitz der Schweden blieb.

QUELLEN

Tobien 1925, 9
Akkordpunkte v. J. 1710. Konfirmation durch Peter d. Gr.

albern2 Adj
et rumal, lihtsameelne
So viel mein alberner Verstand mir sagt
mein alberner Verstand findet, sieht das nicht 'schlichter Verstand'

QUELLEN

Gutzeit 1859, 28
albern Beiwort. Wir gebrauchen es in einem Fall im guten Sinne des Stammwortes alber. So viel mein alberner Verstand mir sagt; mein alberner Verstand findet, sieht das nicht: schlichter Verstand

Gutzeit 1886, 26
albern Zu erinnern dürfte sein an das (veraltete) russ. алaборъ (alabor) Einrichtung, Organisation, wovon das noch heute gewönliche besaláborniy (безалaборный) einfältig, albern, besalábornostj Albernheit, Alberei und besaláborit' albernes Zeug sprechen oder tun. Altslawisch jedoch nicht bezeugt. Zu erinnern ist auch an gr. αβελτεροζ einfältig, tölpisch und απλoοζ oder απλoυζ einfältig, dumm. vgl. apfeldwatsch

Ältermann der <pl Ältermänner, Älterleute>
‣ Varianten: Altermann, Eltermann, Oldermann
{mnd. alderman, olderman 'Vorsteher einer Korporation'}
‣ Belege: Riga, Dorpat, Pernau, Wenden, Arensburg, Reval, Lemsal, Hapsal, Kurland
1. 'Vorsteher einer Zunft, Bruderschaft, Gilde' de Gildenvorsitzender, Ältermann; et oldermann
eine jede Gilde in Riga hat ihren Ältermann und ihre Ältestenbank.
2. 'Mitglied der Gemeinde- oder Stadtregierung'
3. Stud. 'Vorsteher einer Korporation' de Fuchsmajor, Fuchsältermann, Fuchsoldermann; et vanamees
vgl Ältermannin

QUELLEN

Provinzialrecht II
Ständerecht § 1092: Die Ältermänner, als Häupter ihrer Gilden, sind verpflichtet: 1) den Vorsitz in der Ältestenbänken zu führen; 2) die Einkünfte der Gilden zu verwalten (Riga); §1089f. jede Gilde: 1 Ältermann (Riga); §1099: jede Gilde: 2 Ältermänner (Dorpat); §1102 auf Lebenszeit gewählt (Dorpat); § 115 jede Gilde: 1 Ältermann (Pernau); §1107 jede Gilde: 1 Ältermann (Wenden); §1110 jede Gilde: 1 Ältermann (Lemsal, Arensburg); §1112 jede Gilde: 4 Ältermänner (Reval); §1130 2 Ältermänner (Domgilde Reval); §1133 1 Ältermann (Hapsal); § 1136 s. Ältestenbank (Kurland) [01.2065]
Ältermann, wortführender. Dorpat, Narva. Ständerecht §1103: in jeder Gilde heißt der ältere Ältermann der wortführende (Dorpat); §1156: Aus der vier Ältesten wird von der Gilde einer zum wortführender Ältermanne erwählt. [01.2067]
Ältermann, worthabender. Reval. Ständerecht §1116 „An der gr. Gilde bekleidet jeder der vier Ältermänner abwechseln im Laufe eines Jahres das Amt des worthabenden.“ §1117 „Aus den vier Ältermännern der kl. Gilde wählen die Gildegenossen ... zwei, von denen einer das Amt des worthabenden, der andere aber das Amt des zweiten Ältermannes verwaltet.“ [01.2068]

Gutzeit 1859, 30, 254
Ältermann eine jede Gilde in Riga hat ihren Ältermann und ihre Ältestenbank. In ganz Livland schreibt und spricht man seit jeher Ältermann und nicht Altermann. Nur Gadebusch in s. Werken schreibt Altermann und Alterleute, st. Älterleute. Die Mz. ist Ältermänner und Älterleute, bei Gadebusch Alterleute. Auch in d. rig. Anz. begegnet hier und da Altermann, z.B. 1776. 302
Eltermann, Elterleute, Eltermannschaft findet man oft in ältern livl. Schr., unrichtig st. Ältermann u.s.w. T. Frölich in 335 hat sowol diese Formen, als auch Altermann, Altermannschaft

Gutzeit 1874, 310
Oldermann, 1) früher st. Ältermann in den Bürgerschaften und Zünften Rigas. Der Oldermann der Goldschmiede soll 4 Jahre bei der Oldermannschaft bleiben. In verschiedenen undeutschen Ämtern, z.B. der Ligger, des Fischeramts (172. 1781. 76), die Oldermänner der Hanfbinder, 316.13.
[Oldermann] 2) bei den dörptschen Studenten der gewöhnliche Ausdruck für Fuchsoldermann oder Fuchsältermann. Dieser Oldermann erlässt auch die Bekanntmachungen über die Zeit des stattfindenden Fuchszuges.

Sallmann 1880, 53

Gutzeit 1886, 30
Ältermann, in früheren Zeiten oft Altermann, auch Eltermann; hier und da Oldermann. Ältermänner oder Älterleute befinden sich bei den Bürgerschaften, den Schwarzhäuptern und bei verschiedenen deutschen und lettischen Ämtern.
den Altermann begrüßen, s. Amt. - Der Ältermann wird aus der Gemeine oder aus der gemeinen Brüderschaft nicht aus der Bank gewählt, 349. IV. 1; der Bürger Vormund, Mund oder Ältermann, 349. VIII. 2; wenn der Altermann eine Gildestuben gebeut od. meldet, 274, plattd. eyne steuene budet; der Ältermann, wenn er Verbott gethan hat, 274. 190, plattd. vorbot gedan; wenn der Eltermann Verboht thun wird, 349. IV. 1. Der Eltermann am Worte, 349. IV.1; der worthabende Ältermann, 349. XVII. und 275; der wortführende Ältermann, 275. 6. Die wortführenden Älterleute großer Gilde wurden auch regierende genannt und ihre Wirkenszeit Regierung. Daher heißt es: dieser Ältermann ist bei seiner Regierung nach Kokenhusen versandt, 349. IV. 4. Trat der wortf. Ältermann von seiner Stelle ab, so hieß es, er sei vom Worte ab, 349. IV. 11; der Ältermann bietet sein Wort auf, 335. 253 (J. 1602), wenn seine Ältermannschaft abgelaufen ist. - Älterleute und Älteste zusammen hießen Häupter, 349. IV. 1. - Tönnis Fröhlich braucht im Schragen stets Altermann und Alterleute; Zaup in 335 theils Altermann, theils Eltermann; die Schragen haben stets Älterleute, nicht Ältermänner.

Masing 1926b, 72, 73
Ältermann - Zunftvorsteher. mnd. alderman, olderman „Vorsteher einer Korporation“, Schumann 67 „Öllermann, Ältermann der Fischer u. a.; Frischbier I 22 Ältermann pltd. Öllermann „Gewerksälteste, Zunftvorsteher“
Oldermann, vgl. Ältermann. Fuchsmajor (stud.)

Masing 1931, 17, 24, 27
Ältermann: Riga 1487 „olderman edde werckmeister“ (Stieda-Mettig 243, Art. 1) genauere Angaben über seine Aufgaben ...
ebd. 24: 1685 Altermann
27: 1788 Aeltermann

Stegmann von Pritzwald 1951, 177
Schöner jedoch tut sich das niederdeutsch-hochdeutsche Verhältnis in der austauschenden Gebärde kund: der Gildenälteste trug bis zuletzt die hochdeutsche Bezeichnung "Altermann", während die akademische Sprache altertümelnd die niederdeutsche Form „Oldermann“ für den Fuchsmajor verwendete.

Kobolt 1990, 37
Ältermann m Gildenvorsitzender. mnd. aldermann, oldermann Vorsteher einer Korporation; plattd. Oldermann Vorsteher einer Zunft oder Innung.

DRWB I, 528
Ältermann 2) Vorsteher einer Zunft [...] 1252 Stieda-Mettig 55, 25
4) Mitglied der Gemeinde- oder Stadtregierung, u. a.: 1741 Reval StR II 10
7) stud. Fuchsmajor. Masing Nd. Balt. 73

Altstadt die
et vanalinn; lv vecpilsēta

QUELLEN

Seemann von Jesersky 1913, 101
Altstadt Häuser und Speicher an einem Platz, der von der Weber- und Gr. Schmiedestr. und Plitangstr. Zugang hat.

Amidam
‣ Varianten: Amedahm, Amedam, Amedom, Amidum, Amydam
{gr. άμυλον; franz. amidon 'Stärke'}
de Stärkemehl; et tärklis

QUELLEN

Lindner 1762, 222
Amydam, Richen S. .. Amedahm, Stärke, Kleister, aus dem griechischen αμυλον

Friebe 1794, 277
Amidam Einige Fabriken z.B. von Leber, Puder und Amidam

Gutzeit 1886, 33
Amidam in 480. 222 Amydam, die ehemals gew. Benennung für Stärkemehl, nach franz. amidon. Sterkel oder Amidam, 172. 1788. 281. Auch zu Speisen oft benutzt st. des jetzt gebräuchlichen Kartoffelmehls. Im brem. Wörterbuch Amedam und Amedom, in Schiller-Lübben's mnd. Wtb. Amedom und Amidum und abgeleitet aus griech. άμυλον, ebenso in 480. 222.

Amtsbuch das
‣ Varianten: Amtbuch
et tsunftiraamat
die Schlösser wollten ihr Amt wieder aufrichten, und lös'ten (beim Rathe in Dorpat) ihr Amtsbuch ein
dem Amtsbuche einverleiben
der Eichenholzschreiber ertheilt auf Grund seiner Amtsbücher dem Eigenthümer einen Wrakzettel

QUELLEN

Gutzeit 1859, 32
Amtsbuch. Die Schlösser wollten ihr Amt wieder aufrichten, und lös'ten (beim Rathe in Dorpat) ihr Amtsbuch ein, 180. IV. 2. 93.

Gutzeit 1886, 34, 35
Amtbuch. Der Lehrjunge soll nach Ausgange der Lehrjahre, losgegeben und ins Amtbuch verzeichnet werden, 256. s. Amtsbuch
Amtsbuch. Dem Amtsbuche einverleiben, 260; der Eichenholzschreiber ertheilt auf Grund seiner Amtsbücher dem Eigenthümer einen Wrakzettel, 134. 29. — Die Hanfschwinger produciren 1662 beim Kämmereigericht ihr Amtsbuch, in welchem, laut einem Amtsgerichtsbescheide v. 1638, ausdrücklich enthalten, daß jeder Bürger ihnen für jedes L℔ 4 gr. zahlen solle, 174. 1867. 12. 88. s. Amtbuch.

DRWB I, 561
Amtsbuch viele Belege und Bedeutungen

Amtsgericht das
‣ Varianten: Amtgericht
‣ Belege: Riga, Dorpat, Reval
'die erste Instanz in allen Sachen, welche die Streitigkeiten der Handwerkszünfte und die Gerechtsame ihrer Schragen betreffen' et kohalik kohus
Amtsgericht besteht in Riga aus 2 Rathsherren (dem Oberamts- und Amtsherren), hat alles unter sich, was die Gewerke, Zünfte und Schragen angeht; aber auch die Klagen anderer Personen gegen die Handwerker über schlechte Arbeit, Übersetzerei des Arbeitslohnes, Vervortheilung in den gelieferten Materialien u.s.w.
die vereinigten Niedergerichte in Dorpat (Vogteigericht) enthalten zugleich Wett-, Amts- und Kämmereigericht
Nach einem Amtsgerichts-Bescheide von 1638 sollte der Bürger den Hanfschwingern für den in der Badstube gewesenen Flachs für jedes L℔ 4 gr. zahlen
vgl Kämmereigericht

QUELLEN

Provinzialrecht I, 170
Amtsgericht § 1142 - § 1143

Provinzialrecht I, 219
IV. Von den Amtsgerichten.
§ 1472: Das Amtsgericht besteht:
1) In Mitau: aus einem Rathsherrn, welcher unter dem Namen Amtsherr den Vorsitz führt, und zwei Rathsherrn als Beisitzern.
2) In Libau: aus einem Rathsherrn, als Vorsitzer, und dem Aeltermanne und drei Aeltesten der kleinen Gilde als Beisitzern; letytere, d.h. der Aeltermann und die Aeltesten, wechseln alle drei Jahre.
3) In Windau: aus dem ältesten Rathsherrn als Vorsitzer und aus dem Aeltermanne und vier Amtsmeistern, welche der Magistrat aus verschiedenen Zünften erwählt, als Beisitzern.
4) In Goldingen: aus einem Rathsherrn, welcher unter dem Namen Amtspräses den Vorsitz führt, und vier Amtsmeistern des Orts, die der Vorsitzer selbst wählt, als Beisitzern.
5) In Grobin: aus einem Rathsherrn als Vorsitzer und den Amts-Aeltermännern als Beisitzern.

Gutzeit 1859, 32, 33
Amtgericht, was Amtsgericht
Amtsgericht, bei dem Rathe zu Riga, Dorpat. Die erste Instanz in allen machen, welche die Streitigkeiten der Handwerkszunfte und die Gerechtsame ihrer schrägen betreffen.

Bunge 1874, 261, 273, 283

Gutzeit 1886, 36
Amtsgericht besteht in Riga aus 2 Rathsherren (dem Oberamts- und Amtsherren), hat alles unter sich, was die Gewerke, Zünfte und Schragen angeht; aber auch die Klagen anderer Personen gegen die Handwerker über schlechte Arbeit, Übersetzerei des Arbeitslohnes, Vervortheilung in den gelieferten Materialien u.s.w., 350. XIV. 2; die vereinigten Niedergerichte in Dorpat (Vogteigericht) enthalten zugleich Wett-, Amts- und Kämmereigericht, J. 1859. - Nach einem Amtsgerichts-Bescheide von 1638 sollte der Bürger den Hanfschwingern für den in der Badstube gewesenen Flachs für jedes L℔ 4 gr. zahlen.

DRWB I, 568
Amtsgericht 1) für den Umfang eines Amtes eingesetztes Gericht; 2) räuml. Bezirk dieses Gerichts; 3) Handwerks- und Zunftgericht. 1662 Reval StR. II 309; 1735 Riga Aktenstücke II 442; Stieda-Mettig 104, 34 [einige Belege]

Anlage die
1. 'Steuer, Beisteuer' de Zollabgabe; et (tolli)maks
die übrigen Waren zalen bei der Königl. Anlage nichts
der gewöhnliche Zoll an Anlage beträgt 15 gr. Alberts
die bei der Anlage bestanden gewesenen 30 Thlr. zu Schreibmaterialien, 149
im Jahre 1669, ein Jahr nach Einführung der Anlage oder des Kronszolles, 157. II. 374
Das Capitel, Räthe und Ritterschaft von solcher Anlage befreien 'der bewilligten Beisteuer'
2. de Zollhaus; et tollihoone
vgl Anlagscomptoir, Anlagsverwalter, Anlagszoll
3. 'Uferplatz, an dem Wasserfahrzeuge anlegen' et randumiskoht
Diejenigen, welche diese Anlage zur Erhebung der Abgaben zu pachten Willens sind
4. 'gartenähnliche Umgebung des ehemaligen Festungsgrabens von Riga'

QUELLEN

Gutzeit 1859, 41
Anlage, die. 1) die übrigen Waren zalen bei der Königl. Anlage nichts, 57; der gewöhnliche Zoll au Anlage beträgt 15 gr. Alberts; die bei der Anlage bestanden gewesenen 30 Thlr. zu Schreibmaterialien, 149; im Jahre 1669, ein Jahr nach Einführung der Anlage oder des Kronszolles, 157. II. 374.
Grimm sagt, dass Anlage im 16ten Jahrh. fast nur die angelegte, auferlegte Abgabe und Steuer bedeutete. Aus den angef. Beispielen erhellt, dass bei uns Anlage, ebenso jetzt Zoll, theils die Zollabgabe, theils das Zollhaus bedeutet habe, und in der That war die sog. Anlage noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts das Zollhaus am Markte zu Riga. Hiernach erklären sich die (in 149) vorkommenden Zusammensetzungen: Anlagsbedienter, Anlagscomptoir, Anlagsgagen, Anlagsverwalter, Anlagszoll.
In Libau giebt es noch jetzt eine Stadtsanlage (freiwillige Handelsabgabe); daselbst auch eine Anlage-casse. - 2) Uferplatz, an dem Wasserfahrzeuge anlegen. Diejenigen, welche diese Anlage zur Erhebung der Abgaben zu pachten Willens sind, 172. 1811. 47. s. Anlagsplatz

Gutzeit 1886, 45
Anlage 1) Steuer, Beisteuer. Das Capitel, Räthe und Ritterschaft von solcher Anlage befreien, 369a. J. 1558, bewilligte Beisteuer.
2) ein Kronszoll, der seine Entstehung der in neuen Einrichtungen erfindungsreichen, aber auch umsichtigen schwedischen Regirung verdankte. Er hieß Anlage od. Anlagszoll u. wurde 1688 an Stelle des „Pfortenzolls“ eingefürt. Der Begriff des Wortes Anlage: an- oder auferlegte Steuer, in welcher Bed. das Wort ausschließlich in Deutschland vorkam, erweiterte sich bei uns - in derselben Weise wie Licent, Portorium und Zoll - in die von Ort (Gebäude und Behörde), wo die Steuer erhoben wurde. Die sog. Anlage, oder das Anlagshaus, später das Anlagscomptoir, befand sich am Markte (Rathausplatz); im J. 1765 wurde sie in das Licenthaus verlegt und, zugleich mir dem Portorium, mit dem Licent vereinigt, 174. 1878. 395/396. - Der Zoll Anlage (erg. genannt) wurde statt der anderen aufgehobenen Zölle eingerichtet. 157. II. 297. Wie ist in der Handels-O. v. 1765 das Wort russisch gegeben? Instruction des Oberinspectors über die Licenten, Anlagen und Portorien v. 1693, in 350. XVII. 2.
3) Anlagen heißen die gartenähnlichen Umgebungen des ehemaligen Festungsgrabens von Riga. s. d. folg.

ansetzen V [h]
1. Vt de freihalten, spenden, bewirten; et välja tegema, kostitama
er setzte ihm an 'hielt ihn frei mit Getränk und Speisen'
Der Mensch ließ uns den ganzen Abend sitzen ohne an das Essen zu denken, und nicht einmal Limonade hat er uns angesetzt
2. Vt de aufsetzen; et keema panema; tõmbama panema
Wasser oder den Wasserkessel ansetzen 'ans od. aufs Feuer setzen zum Kochen'
den Thee ansetzen 'mit kochendem Wasser übergießen, um ihn ziehen zu lassen'
soll ich schon ansetzen?
3. Vi de sich ansetzen, anbrennen; et kokku minema; kinni jääma (keedunõu või panni põhja külge)
Milch setzt im Kochen an 'brennt an; bildet eine Schicht an der Wandung des Kochgeschirrs, wie insbesondere die Milch von hochträchtigen Kühen'
man lässt den Pudding braun ansetzen
man lässt d. Fleisch auf gelindem Feuer verdeckt anziehen, bis es unten recht braun angesetzt hat
Dies alles schwitzt man in Bouillonfett, bis es anfängt, sich anzusetzen
man rührt das Angesetzte vom Boden los
das was sich an den Boden des Geschirrs angesetzt hat
4. Vi 'Ansatz zu Früchten bekommen'
Gurken, Kürbisse, Äpfel, (nämlich ihre Blüten) setzen an
die Apfelbäume haben stark, schwach angesetzt
5. Vi
von Meerschaumköpfen, wenn sie eingeraucht werden, sagt man: sie setzen an, sie setzen schön an, sie wollen nicht ansetzen

DAZU:
es worauf ansetzen 'anlegen'
wir wollen es (nicht) darauf ansetzen
er setzte es darauf an, Prügel zu bekommen
kann man es wol darauf ansetzen dass […]

QUELLEN

Gutzeit 1859, 45
ansetzen 1) frei halten, setzen. Er setzte ihm an: hielt ihn frei mit Getränk und Speisen.
2) häufig st. ans Feuer setzen, ansetzen. Soll ich schon ansetzen?;
3) für: sich ansetzen. Man lässt den Pudding braun ansetzen, 155; man lässt d. Fleisch auf gelindem Feuer verdeckt anziehen, bis es unten recht braun angesetzt hat, 155. Häufig findet man es auch mit: sich. Dies alles schwitzt man in Bouillonfett, bis es anfängt, sich anzusetzen, 155; man rührt das Angesetzte vom Boden los, 155: das was sich an den Boden des Geschirrs angesetzt hat.
4) von Meerschaumköpfen, wenn sie eingeraucht werden, sagt man: sie setzen an, sie setzen schön an, sie wollen nicht ansetzen.
5) zl. und sich, von Eiern, wenn sie etwas bebrütet sind.

Sallmann 1880, 82, 84
ansetzen studentisch, zum Besten geben: „eine Portion ansetzen“.
ansetzen den Thee, mit kochendem Waßer übergießen, um ihn ziehen zu laßen; Teig, zum Gären hinstellen. Gr. W. will in diesem Fall ergänzen „ans Feuer, an die Sonne“.

Gutzeit 1886, 50
ansetzen 1) setzen, geben lassen. Der Mensch ließ uns den ganzen Abend sitzen ohne an das Essen zu denken, und nicht einmal Limonade hat er uns angesetzt, 361. 1884. J. B. 50. 198. In 390c. 82 als studentisch angefürt und erklärt: zum Besten geben. „Eine Portion ansetzen“. In Riga ist gewönlicher setzen. Und nicht gerade studentisch.
2) Wasser oder den Wasserkessel, ans od. aufs Feuer setzen zum Kochen. In 390c. 84: den Thee, mit kochendem Wasser übergießen, um ihn ziehen zu lassen. -
7) Gurken, Kürbisse, Äpfel, (nämlich ihre Blüten) setzen an, d.h. bekommen den Ansatz zu Früchten; die Apfelbäume haben stark, schwach angesetzt. Gew. In Grimms Wtb.: die Pflanze setzt an, treibt. Das ist hier unbekannt. -
8) sich ansetzen lassen. Der König hat sich mit 3 Galleyen beim Holm auf der Düna ansetzen lassen, 334, sich hinfaren, aussetzen, landen lassen. -
3) Milch setzt im Kochen an, brennt an. Die Milch setzt an (im Kochen), bildet eine Schicht an der Wandung des Kochgeschirrs, wie insbesondere die Milch von hochträchtigen Kühen. -
6) es worauf ansetzen. In Grimms Wtb. I. 460 aus Herder und Lenz mit 2 Beispielen belegt und erklärt: anlegen. In Hoffmann's Wtb. felend und wie es scheint, in Deutschland wenig gebraucht. Hier gew., und teils in der in Grimms Wtb. angefürten Bed., teils in: es worauf ankommen lassen. Wir wollen es (nicht) darauf ansetzen; er setzte es darauf an, Prügel zu bekommen; kann man es wol darauf ansetzen dass -.

Seemann von Jesersky 1913, 102
ansetzen spenden. Är hät ein Dutzend Bairisch angesetzt

Nottbeck 1987, 17
ansetzen einen ausgeben /E.L.R. Ich habe ihm einen Schnaps angesetzt.

Kobolt 1990, 42
ansetzen schw. V. freihalten, bewirten. Im balt. Deutsch häufig, Ursprung unklar.

Arbeitstag der
'der von Bauern als Gehorch zu leistende Tag' de Frohndiensttag, Gehorchtag; et teopäev
Arbeitstage zu Fuß (Fußtage)
Arbeitstage zu Pferde (Pferdetage)
bestimmen, wie viel Arbeitstage der Bauer zu leisten habe
drei Arbeitstage anschlagen
zwei Drescher werden für einen Arbeitstag gerechnet
Im J. 1687 wurde der Tagelohn eines Arbeiters zu Fuß auf 3 gr. schwed., der eines Arbeiters sammt Pferd auf 4 gr. angenommen. Für einen Thaler Land leistet der Bauerwirth dem Hofe 30 Arbeitstage eines Fußgängers oder 22½ Arbeitstage eines Arbeiters sammt Pferde
Der estländische Bauer besitzt auf jeden Arbeitstag 1½ Tonnen Landes in jeder Lotte, also 4½ Tonnenstellen zu 59,000 □-Fuß

QUELLEN

Hupel 1795a, 9
Arbeitstage heißen oft eben so viel als Frohnarbeiter, daher hört man fragen, wie viele Arbeitstage dieses oder jenes Gut wöchentlich habe.

Possart 1846, 181
Arbeitstage heißen oft so viel als Frohnarbeiter

Gutzeit 1859, 49f.
Arbeitstag Grimm hat es in der Bed. von Werkeltag. Bei uns in der Landwirtschaft bezeichnet es Frohndiensttag oder Gehorchtag der Bauern. Man unterscheidet Arbeitstage zu Fuß (Fußtage) und Arbeitstage zu Pferde (Pferdetage). Bestimmen, wie viel Arbeitstage der Bauer zu leisten habe, 147; drei Arbeitstage anschlagen; zwei Drescher werden für einen Arbeitstag gerechnet, 147. - Nach Hup. sind Arbeitstage oft eben so viel als Frohnarbeiter, woher man oft fragen höre, wie viele Arbeitstage dieses oder jenes Gut wöchentlich habe.

Sallmann 1880, 58
Arbeitstag der von Bauern als Gehorch zu leistende Tag

Gutzeit 1886, 56
Arbeitstag. Arbeitstage sind der gewöhnliche Gehorch, den der Bauer seinem Herrn leisten muß, theils mit einem Anspann (Arbeitstage zu Pferde), theils an Handdienst (Fußtage), 182. I. [55 - 'welches man Fußarbeit, Fußtage nennt']. Im J. 1687 wurde der Tagelohn eines Arbeiters zu Fuß auf 3 gr. schwed., der eines Arbeiters sammt Pferd auf 4 gr. angenommen. Für einen Thaler Land leistet der Bauerwirth dem Hofe 30 Arbeitstage eines Fußgängers oder 22½ Arbeitstage eines Arbeiters sammt Pferde, rig. Ztg. 1864. 272. Der estländische Bauer besitzt auf jeden Arbeitstag 1½ Tonnen Landes in jeder Lotte, also 4½ Tonnenstellen zu 59,000 □-Fuß, 190. 121. - Die Arbeitstage zu Fuß, zu Pferde, Tonnenstellen, Bodenarten u.s.w. wurden bei der Hakenrevision zwischen 1683-87 bestimmt. - Beim Laden der Schiffe unterscheidet man laufende Arbeits- und bequeme Arbeitstage, 287.

Armengeld das
‣ Varianten: Armgeld

Die einkommenden Waren hatten zur schwed. Zeit Seegewichtsgelder, Feuer- und Armengelder u.s.w. zu zahlen

QUELLEN

Gutzeit 1886, 57
Armengeld Die einkommenden Waren hatten zur schwed. Zeit Seegewichtsgelder, Feuer- und Armengelder u.s.w. zu zahlen, 349. XVII. Die Handelso. v. 1765. (149) § 96: Die Armengelder, als 1 gr. von 1 Thal. Schiffsungelder sollen nicht mehr besonders erhoben werden, sondern dieser Groschen Armengeld wird den Tarifen über die einkommenden u. ausgehenden Waren zugelegt und selbigen einverleibt; ebda § 97: Der rig. General-Superintendent ist schuldig, dem Gen.-Gouv. über sothane Armengelder jährlich richtige Rechnung abzulegen, und der General-Gouverneur hat darauf zu sehen, daß sie nach d. königl. schwed. Anordnung von 1684. 21. Febr. zum Unterhalt der Schulen u. Unterricht vater- und mutterloser Kinder angewendet werden, ebda; § 98 handelt von den Admiralitäts- oder Admiralitäts-Armengeldern; sie betrugen 1½ gr. von 1 Rthl. Licenten. - Die für das rig. Armendirectorium erhobenen Armengelder getrugen im J. 1860 460 R. s. Armgeld.

Ausschneidung die

Lachsschneider, welche für die Ausschneidung der Lächse einen Zoll von 6 gr. das Stück dem Marktvogt zahlen mussten, d.h. wenn sie den Lachs zerschnitten verkauften

QUELLEN

Gutzeit 1886, 88
Ausschneidung Lachsschneider, welche für die Ausschneidung der Lächse einen Zoll von 6 gr. das Stück dem Marktvogt zahlen mussten, d.h. wenn sie den Lachs zerschnitten verkauften, 365. J. 1666. vgl. 174. 1868. 12.

Badstube die
‣ Varianten: Badtstube
‣ Belege: Estland, Livland, Kurland
1. 'das gesondert vom Hause entfernte Dampfbad' de Sauna; et saun; lv pirtis
das ist drüben eine Wirtschaft wie an einer polnischen Badstube
Die Badstube war ein kleines Gebäude, welches in einiger Entfernung vom Bauernhofe erbaut war, von wegen der Feuergefahr. Die Badstube bestand aus dem Vorraum oder Auskleideraum und dann aus dem grösseren Dampfbade.
kalte Badstube (id) 'Rutenstrafe'
2. 'kleine elende Bauerwohnung' de Kate; et saun; lv pirtis
eine Lostreiberbadstube
ein Kreis, der aus dem Dorfe in seine Badstube zurückkehren wollte
siehe auch Badstüber
3. 'auf den rig. Stadtwagen im oberen Stockwerk befindliche Kammern, in denen alle für Wrack erkannte Flachsen umgearbeitet u. gereinigt wurden'
den Flachs nach der auf der Wage befindlichen Flachskammer od. sog. Badstube bringen
Wrackflachs soll in der Badstube gereinigt werden
der Badstuben-Geschnitten muss in der Badstube den Spigelband bekommen
Flachs und Hanf in der sog. Badstube überwraken
siehe auch Badstubenband, Badstuben-Geschnitten
4. bildl. 'Not, Bedrängnis'
so balde er aus dieser Badstube herauskam

QUELLEN

Hupel 1795a, 14
Badstube, die, heißt 1) ein zum Schwitzbade eingerichtetes Zimmer, 2) eine kleine elende Bauerwohnung.

Gutzeit 1859, 93f.
Badstube 1) eine vorzugsweise zum Schwitzbade, aber auch warmem Wasserbade eingerichtete Räumlichkeit, 2) kleine elende Bauerwohnung, Bauerhaus. In dieser Bed. kommt das Wort schon frühe vor. So öfters bei Engelken (195), der Badstube schreibt; so in 185. 297: kleine Katen oder Badstuben (J. 1675). In den liefl. Jahrb. von Gadebusch (180) II. 2. 515 und 516 finden wir unter dem Jahre 1616 Badtstuben angeführt. Diese Schreibung könnte darauf deuten, dass schon damals, wie noch jetzt in Livland, Badstube wie Badtstube gesprochen wurde. Eine Lostreiberbadstube, 176. 1826. 16; ein Kreis, der aus dem Dorfe in seine Badstube zurückkehren wollte, 176. 1826. 16. - In Berichten ist häufig nicht zu entscheiden, ob diese Bed. od. die unter Nr. 1. gemeint ist. 3) zur Wrake von Flachs. Den Flachs nach der auf der Wage befindlichen Flachskammer od. sog. Badstube bringen, 107; Wrackflachs soll in der Badstube gereinigt werden, 7; der Badstuben-Geschnitten muss in der Badstube den Spigelband bekommen, 133; Flachs und Hanf in der sog. Badstube überwraken, 180. IV. 2. 496. 4) bildlich f. Not, Bedrängniss. So balde er aus dieser Badstube herauskam, 215. 174.

Sallmann 1880, 59
Bǎdstube kleine, elende Bauerwohnung; öffentlicher bedachter Baderaum für Wannen- und Schwitzbäder, der letztere ruß. B. genannt.

Gutzeit 1886, 97f.
Badstube 1) Haus mit Wannen- und Schwitzbade-Einrichtung. Die gemeine Badstube oder Feilstube, 353. 106, balneae publicae. Eine solche, der Stadt gehörige, wird schon 1407 erwänt. - Die große Bad- oder Feil-Stube befand sich an der Stelle, wo die Königs- die Karlstraße schneidet, innerhalb der nach ihr benannten Badstubenbastion, vallum balneorum. - Heiße Badstuben werden schon in der ältesten Zeit Livlands erwänt. vgl. 179. II. 34.
Badstuben, sagt Hupel, sind kleine, niedrige Zimmer, deren sich die Deutschen und Bauern zum heftigen Schwitzen bedienen. - In dieser Bed. in Schriftstücken stets geschrieben Badestube, so z.B. in der Verordnung in Betreff der Badestuben in Riga von 1817, stets gesprochen Battstube. - Russische Badstuben werden die mit Schwitzbadeeinrichtung oder Pallen versehenen Badstuben genannt. 2) die Badstuben bei den (estnischen) Gesinden haben, außer dem Zweck der Reinigung des Körpers, auch noch eine andere, oft ausschließliche: als Wohnung für die Gesindesknechte od. Lostreiber mit deren Familien zu dienen, 175. 1854. Nr. 43, (weshalb ihre Insassen denn auch Badstüber heißen). Daher überhaupt: niedrige, enge, elende Bauerhütte, 182. I. Dasselbe gilt auch für Lettland und in der lett. Sprache heißt pirtis Badstube u. solche Hütte. - Auf den Buschländereien in größerer Entfernung von den Dörfern ließen sich Einzelhöfner mit kleinem Besitz (Lostreiber) nieder, welche sich selbst eine „Badstube“ bauten, 190. 95. Die unteutschen Einwohner von Arensburg sind in Badstuben wohnende u. die estnische Sprache redende Arbeitsleute, so Badstüber genannt werden, 350. XVII. 5. - 3) Badstuben hießen auf den rig. Stadtwagen im oberen Stockwerk befindliche Kammern, in denen alle für Wrack erkannte Flachsen umgearbeitet u. gereinigt wurden. In Ermangelung von genüglichem Raum wurden später diese Wrackflachsen in gerichtlich dazu angewiesene publike Scheunen gebracht, 316. 50. Zuerst finde ich das Wort in Kämmereigerichtsbescheiden von 1638, (vgl. 174. 1867. Nr. 12), nach welchen jeder Bürger den Hanffschwingern für den in der Badstube gewesenen Flachs für jedes L-... 4 gr. zalen sollte; dann in d. rig. Wettordnung (349. IV. 13): Wrackflachs soll in d. Badstube gereiniget werden. - Den Flachs nach der auf der Wage befindlichen Flachskammer od. sog. Badstube bringen, 141; Wrackflachsen nach den Badstuben oder Wrackscheunen bringen, in Spiegelband umbinden, und nach den Behältnissen des Eigenthümers bringen, 305- Von den Wrackflachsen, welche nach den Badstuben zum Reinigen und Umbinden gebracht werden, 304. Anbau öffentlicher Wagekammern od. Badstuben zur Wrake besorgen, 149. § 34, russ. важенныя каморы или батштубы. - In die Badstube kommen alle Sorten Wrack- und Dreibandflachs u. sie bekommen in der Badstube den ihnen zukommenden Band, 316. Badstuben nennt man die Wagekammern, wo die Wracken gereinigt, sortirt und umgebunden werden, (J. 1843). Später diente dazu jeder Speicher, in welchen die Ligger, nicht der Eigenthümer, die schlechte Ware in Verschluss hielt. Der schlechte Flachs in den Badstuben wird gesondert zu Badstuben geschnitten (beste Sorte) u. Risten (schlechtere). Dass Badstube in diesem Sinn eine Wiedergabe des lett. pirtes ist, welches kleine Hütte und Badstube bezeichnet, ist wahrscheinlich. In der Bed. von Hütte zum Aufbewahren von Flachs u. Hanf kennt man auch in preußisch Litauen eine Flachspirte u. Pirte, vgl. Gartenlaube 1856. 126 u.f. Hennings preuß. Wtb. (463) fürt dagegen Pirte nir im gewönlichen Sinne von Badstube an, littauisch pirtis, nicht aber von Reinigungsanstalt. Bei den Finnen bedeutet pirkti sowol Badstube als Zimmer. Ahlquist im J. d. Min. d. B. A. 1877. Bd. 192. S. 175 erklärt diese doppelte Bedeutung daraus, daß in alten Zeiten das Zimmer als Badstube u. Trockenraum diente (?).

Gutzeit 1894, 4
Badstube In Riga sah Lentilius (1677-80) die berühmten „Rigischen Badstuben“, d.h. mächtige Schlitten (bez.) Wagen), die kaum von einem Pferde gezogen werden konnten und in denen die Rigischen Frauen, die niemals zu Fuß gingen, mitten im Sommer auf der Straßen umherfuhren, Dünaztg. 1893. 190. Ob die Lesung des Verfassers der Mitteilung richtig, erscheint zweifelhaft. Lentilius meint offenbar die Butte.

Masing 1926b, 56
Badstube öffentlicher bedachter und heizbarer Raum für Wannenbäder (mnd. badstove).

Vegesack 1963, 70
Badstube das gesondert vom Hause entfernte Dampfbad

Habicht 1956, 255
Badstube - Badhäuschen

Kobolt 1990, 56
Badstube städtische Sauna; kleine Bauernwohnung, Redew.: Kalte Badstube 'Rutenstrafe'
mnd. badstave, badestowe 'Badestube'; Br.Wb. Bad-staven 'Badstube'; pomm. veralt. Badstawe 'Badstube'


QUELLEN (Informanten)
Weinert, Paul: Riga
die Badstube - das Bad

Busch, Marie von: Reval
Badstube - kleine Landstelle


Badstube 'Sauna' 1) Gut Kachkowa, Kr. Werro 'Sauna'
2) Nomkiele, Kr. Je[r]wen 'saun'
3) Dorpat 'saun'
4) Ubja by Wesenberg 'saun'
5) Dorpat 'saun'
6) Riga 'saun'
7) Popragger / Kr. Tulsen Gemeinde Erwuhlen 'Sauna'
8) Lesten (1918-27), Kliggenhof u. Riga (1927-39) 'Holzhaus mit Sauna'
9) Riga
10) Reval, auch Sellin 'Baumsauna'
11) Riga
12) Kiidjärve (Estl.), urspr. Riga.
13) Kerro, Kr. Pernau, späteer Kr. Jerwen 'Sie bestand aus einem Raum, in dem ein großer Ofen aus Ziegelsteinen gemauert stand. Über dem Gewölbe des Ofens lagen eine große Anzahl runder Feldsteine, die durch's Feuer erwärmt wurden. Bei Benutzung der Badst. wurde kaltes Wasser auf diese Steine gegossen. Dadurch füllte sich der Raum mit heißem Dampf.' 'Die Badst. Wurde auf manchen Bauernhöfen auch bewohnt.'
14) Reval 'das saun = das Dampfbad'
15) Riga 'Duschraum für mehrere Personen auf dem Lande'
16) Goldingen (Kurland) u. Kujen (Livland): 'das Bad, d.i. das Gebäude, in dem man ein warmes Bad nehmen kann, auf dem Lande etwas weiter weg vom Wohnhaus des Gesindes.'
17) Hoppenhof / Kr. Walk. 'Sauna'
18) Neuenburg - Pastorat, Kurland. 'Kleines Häuschen mit einem Raum mit Ofen u. Kessel; es lag immer wegen der Feuergefahr einige 100 Schritt abseits von den übrigen Gebäuden, meiostens am „Flüßchen“ (Bach).'
19) Goldingen 'abseits gelegen, wie eine Sauna'
Walk (estn. 'saun'. lett. 'pirts'
21) Riga, Hagensberg 'auch „Banja“ genannt
22) Mitau
23) Ansel 'ein Häuschen mit 2 Räumen: Bade- u. Ankleideraum. Estn.: 'saun'
24) Mitau 'manchmal auch mit einem Vorwerk'
25) Dorpat u. Umgebung 'Saun'
26) Reval bzw. Rickholz / Kr. Wick
27) Dorpat, Krüdnenhof.
28) Kattentack in Wierland 'Saun'
29) Riga 'Saun'
30) Dorpat
31) Simonis / Wierland, Randen / Kr. Dorpat, 'Saun'
32) Gut Friedrichswalde Kr. Wenden ' immer gesinderter kleiner Holzbau, abseits vom Bauernhof, im Garten meist'
33) Reval, eigentlich Fickel
34) Dorpat, Reval
35) Dorpat u. Nordestland 'Damofbadstube (skandin.-finnisch)
36) Dorpat
37) Dorpat
38) Riga
39) Wolmar / Livland 'Sauna. oft mit kleinem Wohnraum unter einem Dach.
40) Kibbijärv / Kr. Dorpat 'Sauna'
41) Reval
42) Riga u. Kr. Pernau 'Badehaus', Badestube.
43) Narva, Estland
44) Werro 'Balkenhaus, aus 2 Räumen bestehend, diente als Baderaum (Sauna)'
45) Arensburg auf Oesel 'Sauna od. Pirte'
46) Riga, geb. 1902.
47) Neu-Rahden 'mit der Sauna'
48) Riga 'Sauna'
49) Badstubenstelle 49) Nini / Kr. Hayen'
50) Riga u. Kurtenhof in Livl.
51) Libau 'Gebäude für sich, das abseits vom Hof lag wegen Feuergefahr
52) Gut Sank by Pernau 'Sauna'
Badstube 53; Ilsen /Kreis Walk
54) Pernau (1900-1939) 'Sauna'
55) Riga
56) Bixten / Kreis Tuckum
57) Reval
58) Reval 'Sauna mit hartem „s“
59) Reval
60) Gut Rickholz, Kr. Wiek
61) Wenden
62) Herbergen /Kurland, Riga
63) Neuhausen / Kurland, Riga
64) Alt-Ottenhof / Kr. Hasenpott
Badestube 65) Baltischport, Petersburg, Fellin 'Sauna, mit glühenden Stimen, die man mit heißem Wasser begoss, um Dampf zu entwickeln, in dem man schwitzte u. sich mit nassen Birkenquasten(besen) schlug.
66) Dorpat
67) Estland 'Sauna'
68) Kurland - Litauen

Banko
'bankmäßige Währung' de Papierwährung (Assignationen, Zahlungsanweisungen, Bankvaluta im Verhältnis 3,5 Rubel banko gleich 1 Rubel Silber)
1 Rbl. Banko (oder Kupfer) sank auf 25 Kop. Silberwährung
siehe auch Währungen

QUELLEN

Seemann von Jesersky 1913, 104
Banko Papierwährung. 1 Rbl. Banko (oder Kupfer) sank auf 25 Kop. Silberwährung.

Kobolt 1990, 58f.
Banko Assignationen, Zahlungsanweisungen, Bankvaluta im Verhältnis 3,5 Rubel banko gleich 1 Rubel Silber
nhd. Banko veraltet für: bankmäßige Währung; eine von den Banken Europas vom Anfang des 17. Jh. bis etwa 1875 praktizierte Bankwährung, bezogen auf 1,8 gr. Silber, als Verrechnungseinheit für die Landeswährungen mit ihren verschiedenen Münzsorten; schles. Banko Hamburger Bankwährung, 1873 abgeschafft, 1 Mark B. = etwa 1,50 M. Holst.

Berkowetz das
{russ. бéрковецъ 'Schiffspfund = 40 Pud' Sallmann 1880, 10}

QUELLEN

Sallmann 1880, 10
Berkowez (its), m. rußisches Schiffspfund, = 40 Pfund, bei uns als neutr. gebraucht.

Eckhardt 1896, 27
Bérkowez m.

Kiparsky 1936, 147
Berkowetz, Berkowitz [bérkovəts] n. 'russisches Schiffspfund = 40 Pud' ‹ r. бéрковецъ id. - Sallmann V. 9; N. 10. Das heute fast verschollene Wort war im 18.-19. Jh. im ganzen Baltikum bekannt und kommt schon im J. 1446 in einer Polozker Urkunde als berkofszki vor (UB. I, 10, 129).

Anderson 1938, 147
ein Berkowetz enthält nicht 40, sondern nur 10 Pud. Derselbe sonderbare Fehler übrigens auch bei Sallmann N. 10 und in Miklosichs Etymol. Wb.

Kobolt 1990, 63
russisches Schiffspfund
Gr. Brockhaus: Berkowetz 10 Pud bzw. 400 Pfund bzw. 163 kg.

Besendung die

QUELLEN

Gutzeit 1859, 123f.
1) Nach mancherhand Besendungen, 195, im rothen Buch 800. 2) eine stehende Überschrift einer Abtheilung in 222 ist: Deldgeschenke und Besendungen, d.h. Zusendungen an Sachen. Ein altes, schon in der plattd. Zeit gew. Wort: besendinghe. In 1662. 16. 498, wo desselben erwähnt wird, ist darunter verstanden das Geschenk an Ehrenwein, welches vornehmen Freunden zum Willkommen geschickt wurde.

Gutzeit 1886, 134f.
1) Die Besendung des Königs aufschieben, d.h. Gesandte an ihn zu senden, 369; die Besendung an den König abfertigen, ebda die Gesandten. Chodkiewicz gab die Besendung des Kaisers nach, als man ihm eine Abschrift des abzusendenden Schreibens versprach, 347.II.1.58, Sendung eines Schr. an d.K.; Chodkiewicz verlangte die Besendung des Warschauer Reichstages durch gehörig bevollmächtigte Abgeordnete, ebda 59, Sendung von Abg. auf den Reichstag; die Stadt lehnte die Besendung des Reichstages ab, ebda 56. Nach diesem waren viele Besendungen des Erzbischofs an die Stadt wegen des schwedischen Bundes, 207.236, der Erzbischof sandte Abgeordnete an die Stadt; nach mancherlei Besendungen kam es dahin, ebda 226, nach mancherlei Sendungen, um einen Vergleich zu stiften; die Besendung länger aufhalten, 345.65. J. 1558, Sendung d. Abgeordneten an den König von Polen; de plosskouwesche (polotzkische) Besendinghe an den Koningk to polen, 166a XI/XII.440 aus rig. Kämmereir. v. 1470. - 3) Zusendungen oder Geschenke an vornehme Fremde u. Andere. Sie bestanden hauptsächlich in Wein, Näschereien und Gewürzen, auch Hafer; einmal schickte d. Stadt Riga dem Erzbischof nach Kokenhusen Zwergkäse; sehr gewönlich verschiedene Arten von Krude, vgl. 174.1817.86. - 2) zugesandte Gegenstände, als Nebeneinnahme oder Zugabe zu dem Dienstgehalt. Solche erhielten der rig. [..........] und ihre Wittwen, die beiden Stadtärzte, die sechs Professoren des Gymnasium, der Stadtingenieur u.d. Schulcollegen, aus den Stadtgütern, Fischzehnden, Amtsrechnungen und and. Einkünften. Am 2.Sept. 1679 erfolgte ein Vergleich zwischen Rath u. Bürgerschaft, nach welchem, dtatt der von Alters her gewöhnlichen Besendungen oder Accidentien, dem Rathe zu seinem Gehalt als Zuschuß aus den redesten Mitteln der Stadt jährlich 10,500 R.-Thl. ausgekehret werden sollte, zahlbar zu Johanni u. Michäli; für die Geistlichkeit u.s.w. wurden die Besendungen beibehalten. vgl. 174.1833.148 u.349.XIV.13. Doch scheint später Manches nachgesehen worden zu sein. So erhielt der Obernotär u. die Notäre nebst Gehalt und Hausheuer auch noch Besendung, vgl. 349.XIV.11 u. 349.XVI.4. J. 1753. In 349.XVI.4. J. 1761 heißt es: die nunmehr ins Geld geschlagenen Accidentien u. Besendungen ... Schon in plattd. Zeit. So handelt in 349.XXV. eine Rechnung v. 1571 von der „Stadtsbesendunge.“ Man ersieht aus derselben, daß 1/4 jährlich dem Rath, den Geistlichen u.s.w. 210 Brote geschickt wurden à 18E. ist 105 Mark, und 196 Stof Wein, den Stop zu 20 E. ist 108 Mk. 32 gr. vgl. C.E.Napierskz in 194.IV.132 und 133.

Besendungsgelder pl

QUELLEN

Gutzeit 1886, 135
Besendungsgelder wurden erteilt statt d. früheren Besendungen. Die Besendungsgelder waren nicht Brot- od. Weingelder. Denn in 349.XIV.10 heißt es: dem Oberpastor u. den übrigen Predigern: Wein- und Brodgelder, dem ersten 30 Thl., Besendungsgelder 4 Thl. 46 gr., Roggengelder 6 Thl. vgl. 349.XIV.11.

Bettstelle die

‣ Synonyme: Bett1, Bettgestell, Bettlade, Bettrahmen, Bettstell

QUELLEN

Hupel 1795a, 23
Bettstelle, die, hört man durchgängig st. Bettgestelle; zuweilen bezeichnet sie auch den Platz wo ein Bett stehen kann.

Gutzeit 1859, 129
Bettstelle 1) Bettgestell; 2) Platz, wo ein Bett stehen kann, Schlafstelle, Bettstätte.

Gutzeit 1886, 141
Bettstelle Paul Grimm sagt in 418. I. 127: Eine der sog. Winkelwohnungen, d.h. solcher Wohnungen, wo nicht das ganze Zimmer, sondern jeder der 4 Winkel vermietet wird, oder vielmehr so viele Bettstellen, als nur hineingehen, verwertet werden. Zuweilen werden diese Bettstellen durch spanische Wände von einander getrennt. Eine Bettstelle ist an einen Herrn oder eine Dame, die den Tag über aus dem Hause, zu vermiethen vorstädt. Kalkstraße Nr. 18, 4 Tr. h. rig. Ztg. 1884. 259; ein kleines Zimmer, sowie auch Bettstellen sind an junge Leute zu vermiethen, städt. gr. Sandstrasse 11, 361. 1884. 261.

Masing 1926b, 59
Bettstelle Bettgestell (mnd. stelle 'Gestell')

Martin 1929/30, 56
Nord-Baltikum: Wesenberg Bettstelle, Bettgestell; Arensburg (Ösel) Das Bett, Das Bettgestell; Hapsal Bettstelle; Reval Bett, Bettgestell (Dubl. Bettstelle, Bettgestell; Nömme (b. Reval) Bettstelle; Dorpat Bettstelle, Bettgestell; (Dubl. Bett, Bettrahmen; Narwa Bettstelle; Walk Bettrahmen; Werro Bettgestell; (Dubl. Bettgestell, Bettstelle; - Süd-Baltikum: Dubbeln Bettgestell; Dünaburg Bett, Bettstelle; Hirschenhof Bett; Lemsal Bettstelle; Riga Bett, Bettgestell; (Dubl. Holzbett, Bettstelle; Bett; Bettgestell, Bettlade, Bettstelle, Bettstelle, Bettgestell) Winterfeld (Krs. Riga) Bettlade; Wenden Bettgestell; Wolmar Bettstelle; - Kurland: Kurland (allgem.) Bett, Bettgestell; Alt-Autz Bettgestell; Frauenburg Bett, Bettstelle; Ohseln (Goldingen Bett; Kimahlen Bettstelle; Goldingen Bettgestell (Dubl. Bettstelle; Hasenpoth Bettrahmen; Libau Bett (Dubl. Bettstelle); Kutzau (Krs. Libau) Bett; Mitau Bettgestell; Talsen Bettstelle (Dubl. Bett); Annahütte (Krs. Windau) die Bettstelle; Tuckum Bett; Windau Bettstelle.

bleich Adj

QUELLEN

Gutzeit 1886, 152f.
Lautlich übereinstimmend mit russ. блеклый. Ob daher Grimms Ableitung von blinken, glänzern nicht zweifelhaft sein sollte? Auch franz. blême trifft in den ersten 3 Buchstaben mit bleich und блеклый zusammen. Wachter wies auf gr. λευχός weiß: auch lett. balgans kann herangezogen werden.

Bot1 das

QUELLEN

Gutzeit 1892b, 9
Bot Kahn. Zu lett. laiwa, russ. лайба, vgl. gr. λέμβος Fischerkan.

Gutzeit 1894, 7
Bot Grimms Wtb. vermutet keltischen Ursprung. Man darf aber wol auch erinnern an botte Stifel, russ. боталы grobe, große Bauerstifel und боты Bauerstifel. Im Wörterschatz ist auf russ. батъ hingewiesen: Kahn (ausgehölter Baumstamm). Endlich die lautliche Uebereinstimmung mit Bot, der, franz. botte Faß, Bottich u.s.w.

Bruder der
‣ Varianten: Brodder

QUELLEN

Gutzeit 1859, 155
Er ist Bürger und Bruder (in der rig. Bürgerverfassung); Brüder oder Wittwen der kleinen Gilde, 180. III. 1. 70.

Pantenius 1881, 201
[Hier ist der Mitbruder der Kurl. Ritterschaft gemeint]

Gutzeit 1886, 181
Brodder, Bruder. Curscher Brodder, 324, Kurländer (in d. Landsmannschaft).

Gutzeit 1886, 185f.
1) der Gilden, Gildebruder. Die da Brüder werden wollen, gelieben sich bei der Docken anzugeben, 275. 61; die Brüder werden durch zwo Eltesten in der Kammer eingeworben, ebda 52; aus den Brüdern der gr. Gildestuben vier tüchtige Männer wählen, zwo aus der Eltesten Bank u. zwo aus den gemeinen Brüdern, 349. IV. 2. Gemeine Brüder entgegen den in d. Bank sitzenden Ältesten. Zwei aus den gemeinen Brüdern, 349. IV. 11. - Der Dockmann soll von den Brüdern (der Bürgerschaft) die Stimmen abfordern, 349. VIII. 4; die Brüder sollen auf (oder in) der Stuben nach der Reihe sich niedersetzen, die Ältesten in d. Kammer, ebda. - 2) bei den Schwarzhäuptern. s. Bruderbuch u. Brudermahl.
Wie ein Bruder sein, 324, in hohem Grade angetrunken.

Masing 1924-1926, 403
1) Bruder Kurland (= Glied der „Curonia“, seit den 90-er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Napoleon Asmuss bucht in seiner handschriftlichen „Sammlung dörptscher Studentenausdrücke aus den Jahren 1826-30" die Bezeichnung „Curscher Brodder = Curländer“; die Schreibweise „Brodder“ deutet karikierend auf die offene Qualität des - in Wirklichkeit langen - u in der Aussprache des Kurländers hin. - Spätere Analogiebildungen zu „Bruder Kurland“ sind „Bruder Livland, Estland“ etc.

Bruderwahl
‣ Varianten: Brüderwal

QUELLEN

Gutzeit 1886, 186
Zur Bruderwahl werden die Glieder der Bürgerschaft gr. Gilde Rigas nach Fastnachten eingeladen. - Die Versammlung der Ältesten u. Älterleute zur neuen Brüderwahl, bei den Bürgern u.d. Schwarzhäuptern, 194. IV. 9.

Büne die

QUELLEN

Gutzeit 1859, 160
Büne Bei Gadebusch (180) oft statt Batterie. Noch häufiger steht Schießbüne.

Gutzeit 1892b, 12
Büne Scheune. vgl. Wörterschatz II. 406a.

Gutzeit 1894, 8
Büne Speicher, Scheune, in Grimms Wtb. unter Bühne 6) angefürt. Es dürfte fraglich sein, ob dies Büne das in anderen Bedeutungen bekannte Wort ist; es scheint vielmehr mit Peunde (w.s.) russ. пуня u.s.w. zusammenzuhängen. vgl. dazu dän. bund Boden, nd. boen, gr. βένίτοζ, lat. fundus.

Burkane die
‣ Varianten: Borkan, Borkane, Purkane
de Möhre
ein Teller mit rohen Burkahnen (Möhren

QUELLEN

Kochbüchlein 1686, 113
Burkane grose Porkanen

Lindner 1762, 223
Borkanen, draussen Mohrrüben, in Preußen gelbe Möhren.

Hupel 1774-1782, 523
Porkanen, gelbe Rüben Daucus carota, ...

Bergmann 1785, 13
burkanen, Möhren gelbe Wurzeln

Hupel 1795a, 40
Burkane Möhre, gelbe Rübe oder Wurzel. Einige sagen gar wie im Ehstnischen Borkane.

Possart 1846, 181
Burkane Möhre, gelbe Rübe

Gutzeit 1859, 142, 161
Borkane, zuweilen Burkane. Bg. und Hup.
aus d. Lett. od. Russ.

Mitauisches Kochbuch 1876, S. XI.

Sallmann 1880, 15
Burkane (Daucus carotta), estn. porgan, ist zusammenzustellen mit r. burak, Borretsch, mlat. barago, gr. πουράκιον, mhd. porretsch, purretsch, ital. borrágine, frz. bourrache, mit Uebergang der Bedeutung von Borretsch in die der Bete und Burkane.

Klinge 1882, 536
Burkane Daucus carota, gemeine Moorrübe, bei uns Burkane.

Gutzeit 1886, 162, 197
Burkane Beleg 1577: Purkahnen (Riga); 1649: Burkanen; 1724: gelbe Rübe oder Bürkan (Riga); für Gegenwart: Auch heute durchweg st. der dt. Ausdrücke; einige sprechen: Borkánen. Ösel: Porkanen.
russ. морковь, livländisch aber бурканъ, lett. burkani, estn. porgan, Ösel: Porkonid.

Gutzeit 1887b, 407
Purkane Meerrettig und purkahnen, 350. XV. 9. J. 1577. Jetzt: Burkane.

Eckhardt 1896, 28
Burkane preuß. Burkan, Borkan, Porkan f. lett. búrkahns, lit. burkantai (› entlehnt, alt.

Seemann von Jesersky 1913, 109
Burkane daucus carota, Möhre

Masing 1924-1926, 93
Burkane Unsere Bezeichnung Burkane ist sicherlich mit Bruke [=buruke, Kohlrübe], mit dem litauischen burkantai 'Pastinakwurzel', mit russ. morkowj und Möhre verwandt, doch fehlt zurzeit noch eine befriedigende etymologische Erklärung.

Masing 1926b, 80
Burkane „Möhre“ (mnd. brackannige „essbare Pflanze oder Wurzel“; Frischbier I, S. 120 Burkan, lit. burkantei „Pastinak“, lett. burkans).
opr. , bd, lit.

Wiget 1927, 8
Burkane vielleicht direkt a.d.lett. [dazu Mitzka in Teuth. 4, S. 173: a.d. Lett. entlehnt].

Sehwers 1936, 301
Burkane Die Möhre, Mohrrübe nennen die Deutschen Lettlands auch Burkane, vgl. auch Frischbier I 120... Das Wort kommt auch in den finn. (vgl. finn. porkanna, estn. porgand, liv. Borkons) und baltischen Spr. (vgl. lit. burkantai, barkunas, lett. burkans) und im Russ. (barkán, borkan) vor. Es fehlt zur Zeit eine befriedigende etymologische Erklärung des Wortes. Im Lett. ist burkans in den Sprachdenkmälern des 17. Jh. belegt, vgl. Mancelius Phras. lett. XVI (1638): „gelbe Rüben, Burrkani“ und Langius, Wb. 21 (1685) „Burkans, pl. Burkani, gelbe Möhre oder Rübe.“ In den Katastern aus der schwedischen Zeit von 1624 und 1630 werden Burkanen als Abgaben genannt, welche die lett. Bauern in Burtniek ihren Gutsherren zu liefern hatten, vgl. Schwabe a.a.O. 169. Vgl. Ulmanns Wb. I 353 (1872): „Burkans, die Burkane, Mohrrübe“.

Kiparsky 1936, 201f.
Burkan [burkān] m., Burkane [burkānǝ] f. 'Mohrrübe (Daucus carota)'. Für Entlehnung aus r. буркáнъ (бoрканъ, бaрканъ) 'Mohrrübe' spricht: 1) die Verbreitung des bd. Wortes (E.L.K.; die von Frischbier I; 120 zitierten Formen kommen in Ostpreussen nicht vor und sind sicher bd.; vgl. oben S. 22), 2) der Akzent. - Dagegen spricht aber einigermassen der Umstand, dass bd. Purkahne für Riga im J. 1577, bd. Burkane im J. 1649, also lange vor Beginn der russischen Zeit belegt ist (Gutzeit Nr. 86 197); das russ. Wort hat auch keine befriedigende Etymologie und wird, z.B. von Akad. Wb., als „deutsch“ bezeichnet.
Lett. burkans, burkanis, burkants 'Burkane, Mohrrübe' wird von Endzelin Wb. s.v. und P. Schmidt (Rigas Latviešu Biedribas Zinibu Komisijas Rakstu Krajums XV, S. 35-36) als entlehnt betrachtet, ohne dass die beiden Gelehrten die Quelle angeben könnten. Es kann aber ebensowenig wie lit. burkantas 'Mohrrübe' Quelle des bd. Wortes sein, da es am ehesten ein bd. [búrkan] gegeben hätte.
Estn. porgan(d), porkan, finn. porkkana 'gelbe Rübe, Mohrrübe' sind bisher unbekannter Herkunft. Am liebsten möchte man sie aus der bd. Nebenform Borkane (bei Lindner, J. 1762, S. 223) ableiten, während die mit p-anlautende bd, Nebenform auf estn. Einfluss beruht.
Masing NdE. 80 erwähnt im Zusammenhang mit bd. Burkane ein mnd. brackanninge 'essbare Pflanze oder Wurzel'. Dieses von Schiller-Lübben aus einem Glossar vom J. 1467 zitierte Wort ist aber wahrscheinlich die klosterlateinische Wiedergabe des gr. βράκανα τα άγρια λάχανα (Hesych). Sachlich ist die Verpflanzung der Mohrrübe ins Baltikum durch die Tätigkeit der Mönche sehr plausibel, doch wäre die Umgestaltung eines brackannige zu Burkane nicht zu erklären.
Eine sichere Entscheidung ist nicht möglich.

Grosberg 1942, 130, 319

Graf 1958, 10
Dem lit.-lett. Wortschatz entlehnt ist die Burkane = Mohrrübe

Vegesack 1963, 28

Kentmann 1978, 238
Burkane Mohrrübe

Nottbeck 1987, 24
Burkane (swe.) - Mohrrübe / E.K.L.R.
Gestovte Burkanen waren äußerst unbeliebt.

Kobolt 1990, 77
Burkan, Borkan m Burkane, Borkane, betont auf der zweiten Silbe, f. Mohrrübe.
russ. mundartlich; burkan, borkan; pr. Burkan, Borkan, Porkan Mohrrübe; fi. porkkana; wotisch borkana; estn. porgand; lett. burkāns (der Lautstruktur nach selber ein Lehnw.); livisch borknez; poln. burak Rübe.


QUELLEN (Informanten)
Petersen, Arnold von: Riga; Oprescu: Elga: Riga; Campenhausen, Sophie Baronin: Livland: Ilsen, Kreis Walk; Kerkovius, Martha: Riga
Mohrrübe

Buschland das
et võsamaa; sõõrumaa

QUELLEN

Hupel 1774-1782, 56
Buschländer sind zum Kornbau taugliche Stücke, die man aber nicht als Brustfelder jährlich bearbeitet, sondern nach mehrerer Jahre Verlauf durch das Brennen oder Säuren fruchtbar macht, und nachdem sie 3 bis 5 Erndten gegeben haben, wieder eine Zeitlang ruhen läßt; da sie denn etwas Strauch oder Busch austreiben, wovon sie ihren Namen führen. Bey manchem Dorf sind die Buschländer 10mal größer als die Brustäcker; wie viele Dörfer könnte man noch anlegen! Die Höfe haben schon große Stücke in Brustäcker verwandelt.

Hupel 1795a, 40f.
Buschland, das, ist eine zum Kornbau taugliche Strecke, welche nur nach Verlauf eines Zeitraums durch Brennen oder Säuern fruchtbar gemacht, etliche Jahre hindurch genutzet, und dann wieder der Ruhe überlassen wird.

Gutzeit 1859, 162f.
Buschland eine zum Kornbau taugliche Strecke, die ab und zu fruchtbar gemacht wird. Mit Strauch braucht sie gerade nicht bewachsen zu sein. So Hupel. Die Verordnung 147 sagt: Busch- und Dreschland, d.h. nicht immer im Gebrauch stehende Felder mit oder ohne Busch, halb so hoch im Wert als Brustacker; wird auch zur Viehweide benutzt, wenn keine andere Weiden vorhanden sind. Vgl. Bunge (154) I. 161.
Man unterscheidet nicht gebrauchtes und abgebrauchtes. In d. Mz. Buschländer, d.h. entweder Buschland schlechtweg, od. verschiedene Stücke Buschlandes. Z. B. Buschländer zu Küttis brennen. Vgl. Land.

Sallmann 1880, 30, 61
Buschland Strauchland
für gewöhnlich unbenutzt liegende, mit Strauch bewachsene Stelle, die jedoch hin und wieder bebaut wird.

Gutzeit 1886, 200
Buschland Die Einteilung in Brustacker, Garten, Buschland und Wisen erfolgte 1687. s. Brustacker u. 355. I. 14. Für d. Tonnstelle Buschland ersten Grades wurde (1687) angenommen ⅓ Thaler od. 30 gr. Buschländer sind theils bewachsen, zu Rödungen tauglich, theils unbewachsen, 355. I. 19. Außer den jährlich bearbeiteten Brustackern, sagt Hupel in 182, sieht man ganze Strecken von sog. Buschland, welches gemeiniglich nach einer Reihe von 12 bis 15 Jahren durch Feuer u. Asche fruchtbar gemacht wird; dann 4 bis 5 Mal beärntet, hierauf wieder der Ruhe überlassen u. während derselben zur Viehweide benutzt wird. Buschland, so genannt von dem darauf wachsenden Strauch. Oft auch Rödeland genannt.
Buschländer und Buschländereien, die sich durch Fruchtbarkeit auszeichnen und das ersetzen, was an Bruchäckern mangelt, sind abgerödete Waldstellen, welche nachdem sie 3-4 Jahre benutzt worden u. nun liegen bleiben, aus dem benachbarten Walde die Saat zu neuem Pflanzenwuchse erhalten, so dass sie, während hier und da noch unzerstörte Weißellern- und Birkenwurzeln ebenfalls Schößlinge treiben, nach 3-4 Jahren mit Strauch bewachsen sind u. auf ihnen in 16-20 J. bereits wieder dicht gedrängt ein junger Wald dasteht, tauglich zur Wiederholung des Rödens, 190. 79. Die Buschländer stehen oft in ungünstigem Verhältniß zum Acker und liegen oft 1½ - 2 Werst den Gesinden entfernt, rig. Ztg. 1864. 267.

Transehe-Roseneck 1890, 61
Buschland Bodenkategorie des (a) Bauerlandes u. (b) Hofeslandes.
(a) 1) Brustacker; 2) Wüstacker, Dresch- und Buschland; 3) ausgenutztes Buschland
(b) 2) Buschland (Rodungsacker)

Bosse 1933, VI
Buschlande, Birse, Horst, Holm, Drischland, Lomse, Rodung, Wetßume - nur periodisch, meist in Form von Schwendäckern genutzte Ländereien.

Name Christoph

QUELLEN

Gutzeit 1886, 204
großer, wird ein altes Standbild des heil. Christophorus genannt zu Riga, im jetzigen Ambarenviertel, an der gr. Moskauer Straße zwischen Briespost u. Ambaren. Unser gr. Chr. entspricht nach W. v. Bock in 370. II. 3. S. 168. Anm., völlig dem bekannten in vielen in vielen alten Deutschen Städten, z. B. auch im Flur des Quedlinburger Rathhauses, vertretenen Typus. - Oberpastor Bergmann gab in 174. 1812. 434 einen Teil der Legende vom h. Christoph u. vermutet, dass das Standbild aus der Mitte des 16. Jahrh, sich herschreibe. Sonntag in 174. 1824. 409 bezweifelt diese Ansicht u. hält das Standbild für ein Jesuitenwerk aus der polnischen Zeit. Das was nach Tielemann ebenda von Sonntag angefürt wird, erklärt nicht, weshalb nur der h. Christoph, und nicht auch seine Festesgenossen Blasius u. Ägidius Standbilder erhalten haben. Nach einer neueren Anname (vgl. Asmuss rig. Adressbuch v. 1861. S. 166) schreibt sich die Entstehung des Standbildes, welches früher auf dem Karlsravelin, welches früher auf dem Karlsravelin in einem Schutzhäuschen stand, wahrscheinlich aus dem ersten Anfange der 15 hunderter Jahre her, wo durch den damaligen Erzbischof Jasper Linde, unter anderen Heiligen-Festen, auch das des Christophs, als eines Helfers in der Noth, angeordnet wurde. - Alle diese Annamen und Angaben entberen jedes festen Grundes, da vondem Vorhandensein des großen Christophs in früheren Jahrhunderten nichts bekannt ist. Es werden Archivnachrichten abzuwarten sein. - Dem vor dem Standbilde befindlichen Armenblock spendeten die Strusenfarer nicht selten ihre Gaben; ein Teil des Inhalts scheint dann und wann auch für sie verwandt zu sein.

Convent

QUELLEN

Gutzeit 1864, 171
1) Zusammenkunft od. Versammlung der Landräte, des Landmarschalls u. der Kreisdeputirten auf dem Ritterhause zur Besorgung versch. Landesangelegenheiten seit etwa 1647; der Eingepfarrten eines Kirchspiels auf dem Pastorate zur Entscheidung gewisser kirchlicher Angelegenheiten: Kirchspiels-, Kirchenconvent; der Studenten. - In den Landtagsverhandlungen v. 1643 heißt es: einen Convent nach Wenden beschreiben; den Adel zum Convent nach W. verschreiben. Convente, conventus terrestris, hießen ursprünglich die Landtage. - [Bei Studenten wird der Convent angesagt.]
2) Gesammtheit der beratenden Mitglieder. Der (Adels) Convent besteht aus 12 Landräten, dem Landmarschall u. den Deputirten der Ritterschaft. 214. 64.
3) Ein mildes Stift. In Riga sind bekannt: der Convent zum heil. Geist, gewönlich heiliger Geist od. Stift genannt, 1557 erneuert zum Besten armer Bürgerwittwen; Nyenstädts Wittwen-C., 1594 gegründet für arme Frauen niedern Standes; Ecks od. Eckens C. für Wittwen ⅔ gr. u. ⅓ kl. Gilde, 1592 gestiftet: (Man findet unrichtig: die Inspection des Ecken Convents).
4) Ehemals Behausung der Mönche, Nonnen, Ordensbrüder: Kloster, Ordenshaus. Das Glossar zu Ditleb in 195 erklärt: Gesellschaft, Abtheilung von Ordensbrüdern, die Ordensbrüder einer Comturei; auch das Haus, worin sie wohnen. - Laut der Wolmarschen Absprache v. 1491 „sollen die Rigischen dem Orden wieder aufbauen einen Convent mit solcher Kirche als zuvor daselbst gestanden; einen Reventer u. 2 Thürme an dem Convente“ u.s.w.: das Plettenbergsche Ordensschloss. Im ehemaligen Riga hatten selbst die feilen Weiber ihren Convent. So heißt es 350. 24. 1.: die losen Weiber sollen anders nirgends wohnen innerhalb noch außerhalb der Stadt, denn in ihrem Convent in dem Erlenbruche (1502).

Gutzeit 1886, 205
Früher zuweilen in d. Bed. von Landtag. Den Convent ausblasen, v. Bock, in 370. II. 10. Aus d. J. 1711. -
[Der Studenten. Der Fuchs muß Convente anzeigen 465.53, sonst ansagen.]

Gutzeit 1892b, 12
Die Bedeutung dieses Wortes hat sich bei uns in einer auffallenden und irrigen Weise entwickelt. Während Convent in Deutschland, und ebenso in Riga ehemals, die Bedeutung von Kloster, franz. couvent, hat, wurde und wird es bei uns in gleichem Sinn mit dem früheren hospitale, miseria, Elend, franz. hospice, benutzt. Zuerst im Jahre 1297 wird ein Frauenconvent bei der Petrikirche Rigas erwänt; die Frauen dieses Convents waren die später genannten grauen Schwestern, woher der obige Convent auch später Kloster der grauen Schwestern heißt. Dies kann nicht auffallen, da Convent und Kloster dasselbe bezeichnen. Von diesem Convent oder Kloster der grauen Schwestern stammt die noch heute übliche Benennung: Convent zum heiligen Geist. Gleichzeitig mit der Benennung dieser Wohltätigkeitsanstalt wurden aber auch Eckens und Nyenstädts ähnliche Anstalten benannt: Eckens und Nyenstädts Vonvent und dieselbe Benennund auch für Campenhausens Elend benutzt. Indessen hat nur der Convent zum heiligen Geist Berechtigung zu dieser Benennung, weil er aus dem Kloster oder Convent der grauen Schwestern hervorgegangen ist; den seit der Reformation erfolgten Bestimmungen gemäß ist die Benennung Convent-Kloster für keine dieser Wohltätigkeitsanstalten geeignet und zu ersetzen durch Stift oder Stiftung; die Benennung Stift ist auch heute im Munde Aller die Bezeichnung für den ganzen Bezirk des h. Geistes, und hat auch keine Verwechselung mehr zu befürchten mit dem früheren „Stifte“ des Erzbischofs, wie bis gegen 1800 die Gegend des Herderplatzes hieß.
Im alten Riga hatten auch die „losen Weiber“ ihren „Convent“, in welchem sie wohnen sollten, vgl. Wörterschatz I. 171. Hier trifft Convent mit der gleichen Bedeutung des franz. convent zusammen.

Darstreckung die

QUELLEN

Gutzeit 1864, 177
Hingabe, Opferung. Gr. hat nur die Ra.: des Leibes u. Gutes. In 194 RR. 137 steht: mit Darstreckung Pferde, Büchsen u. Harnisch aufgeholfen.

DRWB II, 718
[andere Belege]

Delle die

QUELLEN

Gutzeit 1864, 181
wird von Ärzten die eingedrückte Stelle, das Grübchen in der Mitte einer Pocke genannt. Hoffmann hat Dölle, Grimm als mundartlich Dalle und Telle. Engl. dell, Loch, Grube. - Gedellt ist: mit einer Delle versehn. Man spricht von tiefgedellten Pocken.

Gutzeit 1892b, 181
Grübchen (der Pocken). vgl. asl. dol Loch, Grube, gr. δόλοζ. Vielleicht ist die Schreibung Dölle richtiger.


QUELLEN (Informanten)

Delle - Beule, DWA 13. Ligat - 1

Dockenbürger der

QUELLEN

Gutzeit 1864, 190
Der Gildenstuben Schrage lehret, dass auf der gr. Gildestuben zweierlei, nemlich Docken- und Küchen-Bürger und Brüder gewesen. 349. IV. 11. [1682]

DRWB II, 1012
=Dockenbruder [einziger Beleg]

Dolch der

QUELLEN

Gutzeit 1864, 191
Dolch Grimm leitet von d. böm. u. poln. tulik. Da aber Dolch = Dollich von Dol, Dole, Dolle abgeleitet werden kann, welche theils Vertiefung, Loch, theils hervorragende Wölbung od. Spitze (Ast, Ruderdolle) bedeuten, so erscheint das zweifelhaft. Im poln. heißt dol, im böm. dula, dule Grube, Loch, im russ. dol Thal u. tulki Büchsen eines Rades. Ferner ist zu erwänen, dass gr. δολων u. lat. dolo u. Sper, Dolch, Stachel einer Biene bez.; daß δολιχός lang und eine Hülsenfrucht (dolichos pruriens) bed.; dass der Auslaut ch Ableitung sein könnte wie im Vorworte durch. Man wird erinnert an goulot, Röhre, Brandröhre, Mündung od. Hals einer Flasche. Man könnte noch dolare behauen, schlagen anführen, endlich das russ. tolkat' stoßen u. das nd. dolsten stoßen, klopfen. Haben daher nicht alle diese Wörter eine gemeinschaftliche Wurzel?

Gutzeit 1892b, 13f.
Dolch Das böhmische oder polnische tulich als Ursprungswort ist verdächtig, da es in anderen slaw. Zweigen in derselben Bed. nicht vorkommt. Im Russischen begegnet tulka Spunt, Zapfen, und talo, tul, tulowo Köcher, neben dulo Mündung (an Schießgewehren) und дульце Mundstück an Blasinstrumenten, und дульщикъ Röhrenborer. Das russ. дуло, дульце kann wiedergefunden werden in franz. douille, aus welchem deutsches Tille oder Dille hervorgegangen sein soll. Ist aber russ. дуло nicht aus doiulle entstanden, so vermutlich auch nicht deutsches Dolch und Tille aus tulich und douille. Zu Dolch ist noch zu vergleichen lat. dolo, griech. δολων Dolch, lat. dolare, russ. долоть, долотò u.a. vg. Wörterschatz.

Eimer der
‣ Varianten: Emmer

QUELLEN

Hupel 1781-1791, 245f., 248
Eimer (russ. wedro, hält 8 Kruschka, oder 9 ¼; Stöfe rigisches Maß) [Brantwein]
ein Faß von 12 ⅔ Wedro oder Eimer in eidner [?] Sorokowoien (Stückfässer deren jedes etwa 40 Eimer hält.)

Gutzeit 1886, 231
Eimer nur in der Wiedergabe d. russ. ведро, als Maß gebräuchlich, sonst: Spann. Ein Fass Branntwein von 40 Eimern; der Eimer Branntwein zalt Steuer so und soviel.

Seemann von Jesersky 1913, 115
Emmer o.w. Schr. Gr. Ammer, Eimer.

DRWB II, 1355f.
[andere Belege.]

Kobolt 1990, 93
Eimer m Abfalleimer, Mülleimer, in der Redewendung: im Eimer alltagsspr. für: verdorben, mißlungen (seit 1920).

Elenn das

QUELLEN

Gutzeit 1886, 243f.
Elenn, das. Die deutschen Sprachforscher sehen diese Benennung als dem Slawischen entlehnt an; auch Grimms Wtb. hält sie für, allem Anschein nach, slawisch. Diese Vermutung scheint zuerst u. Conrad Gessner in seinem naturgeschichtlichen Riesenwerk (J. 1561) ausgesprochen. Er sagt (II. 1): im deutschen Elch od. Ellend,... Da illyrisch (l. slawisch) der Hirsch Gelen heißt, so ist es möglich, daß diese Benennung die deutsche veranlaßt habe. — Berücksichtigt man aber, dass das Elenn böhm. los, poln. los, rufs. лось heißt, der Hirsch dagegen slaw. olen od. jelen, und daher zu begründen wäre, weshalb die Deutschen dasjenige Thier Elenn zu nennen sich veranlasst gesehen, welches die Slawen nicht Elenn, sondern Loss' nennen und doch verständlich allein gewesen wäre, wenn sie die slawische Benennung Loss' sich angeeignet hätten: zweitens, dass slaw. u. poln. Jelen nicht gleichlautend mit Elenn ist und der Wegfall des J schwer zu erklären wäre; drittens, dass die Benennung Elenn im nnl. eland, im franz. élan und span. elan sich wiederfindet und auch in diesen Sprachen kein Je u. O begegnet, auch nicht anzunemen ist, dass diese Ausdrücke aus dem Deutschen herübergewandert seien; so wird an eine Uebername des Namens Elenn oder Elend aus dem Slawischen nicht zu denken und eine Urverwandtschaft anzunemen sein. Diese Anname erscheint um so wahrscheinlicher, da ahd. nicht blos ëlah und ëlaho , sondern auch elo vorkommt — (in der Urk. Otto des Gr. v. J. 943 steht: diejenigen Thiere, welche in der deutschen Sprache Elo oder Schelo heißen), u. weil diese Wörter ebenso an slaw. russ. jel- ol-(en). als an griech. έλαφοζ Hirsch u. griech. έλαφοζ Elefant und an aleph Rind erinnern. Man kann alle diese Wörter übrigens noch weiter verfolgen und zwar in dem Namen des Renntiers — von Kamtschatka bis ins Baskenland: tschuktisch chorana, charana, korong, hrein, ags. hrân, engl. rane, baskisch oren Hirsch — Wörter, die r aufweisen statt des l in den slawischen, griechischen und deutschen. Da die Buchstaben r und l in den Sprachen oft wechseln, so braucht zur Erklärung d. lautlichen Übereinstimmung nicht angenommen zu werden, dass altfinnische Stämme bis nach Spanien hin einst sesshaft gewesen oder dass slawischer Einfluss von Spanien bis Kamtschatka gereicht. Erkennbar ist eine Urverwandtschaft. Ihre im Glossar. suio-goth. weist noch auf das in der cambrischen Sprache begegnende elain hinnulus, d. i. junger Hirsch oder Rehbock. — Die russ. Sprache kennt mundartlich noch волинъ für Elenn u. волëнъoк für Elennkalb
Grimms Wtb. hat das Wort sächlich, bemerkt aber: „richtiger“ männlich. Dies „richtiger“ scheint doch nur der Ansicht zu entstammen, das deutsche Wort sei dem Slawischen entnommen. Belege für das männliche Geschlecht habe ich nicht gefunden.
Das männliche Thier wird in einigen naturgeschichtlichen Werken Bock genannt, — sehr uneigentlich, da das Elenn mit einem Bock nicht die geringste Ähnlichkeit zeigt; das Junge des Elenns Elennkalb, obgleich es mit einem Kalbe keine, mit einem Füllen die größte Ähnlichkeit hat. Das weibliche Thier heißt Elennkuh, — eine Benennung, die, ebenso wie Bock u. Kalb, dem Sprachgebrauch für Hirsche entnommen ist, doch ebenso wenig zutrifft. — Grimm vergleicht dem lit. bredis, lett. breedis den Namen d. Hirsches Brichemer in der altfranz. Thierfabel. Man könnte lit. und lett. bredis zusammenfüren mit russ. u. slaw. бѣда Elend, Unglück, und in bredis eine Bestätigung der deutschen Benennung Elend für Elenn finden. Indessen entspricht dem russ. бѣда das lett. behda.

Erzvogt der

QUELLEN

Gutzeit 1864, 265f.
Erzvogt, ehemals in Riga. In der plattd. Zeit erzfaget, in lat. Urk. archipräfectus, z.B. im privil. Sixti IV. vom J.1470. Noch früher, z. B. 1257. judex od. Advocatus, u. Vogt in plattd. Urk., z. B. im nackenden Brief von 1330. Nicht richtig sagt daher Böthführ in 174. 1855. 384: An der Spitze des 1226 zu Riga eingesetzten Rats stand der Vogt, später, nach (?) Erhebung Rigas zu einem Erzbistum. Erzvogt genannt. — Im 15ten Jahrh. wurde der E. aus den 4 Bürgermeistern gewält u. von dem Herrmeister bestätigt. M. Fuchs erzält im roten Buch beim J. 1479, dass der Rat in langer Zeit keinen E. erkoren hatte, womit der Herrmeister übel zufrieden war. vgl. 179. II . 350.—Vogt u. Erzvogt war die erste Person der Stadt. Daher lautete der Titel der Urkunden: Vogt, Burgemeister, Rat u. ganze Gemeine, od. Erzvogt, Burgemeister. Rat, Bürger u. ganze Gemeine, vgl. Brotze in 350. XIV. 148. — In poln. Zeit findet sich, Burggraf, Burgemeister u. Rat; zur Zeit Peters d. Gr. (seit 1712): wohlgeborner Präsident u. Oberinspector, hochedelgeborne — Herren Bürgermeistere u. Rat.

DRWB III, 322
1) oberster Beamter in Riga. 1494 Riga Erbb. „gemechtiget vor deme ertißvogede“
1506 Riga Kämmerei Reg. 249 „Ertzevoget“
1509 Riga Libr. red. III 197.
1515 Riga Kämmerei Reg. „ersse voget“
Gutzeit
2) Vogt? (1 anderer Beleg)

fallen

DAZU:
über die Deichsel fallen (id)

QUELLEN

Petri 1802, 83
Blus, fuhl, fung für blies, fiel, fieng. Pöbelhaft.

Gutzeit 1864, 271
fallen. Die Heringe fallen scharf gesalzen. 106; Heringe, die weich fallen, ebda, vgl. Grimm A. 3. — Fische dürfen nicht zu stark gekocht werden, sonst fallen sie von den Graten. Küche. — Wie es gerade fällt, so bollert es, Ra.: wie es gerade kommt, so geschieht es, gleichviel wie.

Gutzeit 1886, 254
fallen. In den sprachvergleichenden Erläuterungen hat d. Grimm'sche Wtb. übersehen 1) das russ. валять u. валиться. An russ. падать ist dagegen kaum zu denken, so sehr in Grimms Wtb. dies zu erweisen versucht wird. Das russ. валить ist zugleich gewissermaßen ein Mittelglied zwischen fallen, wälzen, walken u. filzen. — 2) das griech. βάλλειν fallen, stürzen.
Die Kinder fallen auf die Mutter, den Vater, d. h. sehen ihr, ihm ähnlich. Gew. — Ein Geruch, Dampf fällt auf die Brust, d. h. benimmt den Atem, schadet der Brust, vgl. Grimm 4.c. — Übereinander fallen od. fallen können, d. h. einander nicht kennen od. nicht kennen wollen. „Sind A. u. B mit einander bekannt?“ — Nein, sie können über einander fallen, sie fallen übereinander. Gew. Das Wort fallen wird benachdruckt. — Der Nebel fällt, soll nach Grimms Wtb. 1278. 2 bedeuten: niederfallen oder steigen, letzteres z. B. in einer Belegstelle aus Göthe. Das scheint doch sehr zweifelhaft, ebenso wie die daraus gezogenen Folgerungen auf Sp. 1279 oben. — Dies Tuch fällt schöner, weicher, härter, gröber als das audere; dies Blau fällt tiefer od. dunkler, d. h. ist dunkler.
Ungewönlich st. fällen. Das gefallene Erkenntniß des Feldauditoriats, 174. 1883. 164.

Gutzeit 1892b, 18
fallen. Zu diesem Wort kann außer gr. βάλλειν auch σφάλλειν gestellt worden, vgl. Wörterschatz.

DRWB III, 399ff.
[noch nicht durchgesehen]

fassen V [h]
Vt
siehe auch fass

QUELLEN

Gutzeit 1886, 259
fassen. In Grimms Wtb. übersehen die Urverwandtschaft mit поять u. хватать. Für f steht russ. п u. хв, wie für lat. f in fastus russ. хв in хвастаться u. in Forst хворость , das russ. т (t)findet sich dagegen wieder in nnl. vatten, schwed. fatta, dän. fatte, altn. fata. Halten wir diese Übereinstimmungen zwischen fassen — fatte und поять-хватать im Auge, so wird die Begründung, welche Ihre, Adelung u. Grimm auf die Verwandtschaftmit anderen Wurzeln und Wörtern stützen, hinfällig. Und dies um so mehr, da fassen sich auch wiederfindet in gr. άφάσσειν begreifen, befülen, betasten. — In der 3. Person nicht selten: fässt.
Einen Uebeltäter fassen, ergreifen, packen, festnemen; einen Studenten, abfassen.

Feuerpfanne die

QUELLEN

Gutzeit 1864, 280
Feuerpfanne. In 291 wird dem Major der Stadtsoldaten eingeschärft, Aufsicht zu haben über das Kinholz, zur Versehung der eisernen Feuerpfannen an den Straßenecken. In 292 geschieht ders. zur Straßenbeleuchtung keine Erwänung mehr.

Gutzeit 1886, 267
Feuerpfanne. In einer Fastnachtso. der rig. Schwarzenhäupter von 1510; die Bürger gr. G. werden (von den Schwarzhäuptern) eingeladen, ihnen auf ihrem Hause Gesellschaft zu leisten. Der Hausknecht sendet ihnen durch vier gute Gesellen Feuerpfannen und Musik entgegen. Thiel hält für wahrscheinlich, dass diese Feuerpfannen eine Art Kohlenbecken oder Laternen gewesen, vgl. Grimms Wtb.

Floss das
‣ Varianten: Floß

QUELLEN

Gutzeit 1864, 292
Floss. Stets sächlich, nie männlich; das o stets geschärft, bei Grimm gedehnt, u. daher die Schreibung Floß als allein richtig angefühlt. In d. Vz. gew. Flösser, seltner Flösse.
Brennholz in Flösser binden; von zusammengeschürzten Balken ein Floss binden, 334; Holz in Flösser schlagen; die beim Schlagen d. Flösser verwandte Arbeit, 172. 1806.
Man unterscheidet in Riga: Düna-, Oger- u. Ewst-, auch Aa-Flösser. Jedes Floss besteht aus einer gewissen Zal Plenitzen.

Gutzeit 1886, 280
Floss od. Flotz, flößen u. s. w. Grimms Wtb. schweigt über die russ., lett. u. franz. Verwandtschaften. Floss, Färe, Pram zum Übersetzen, lett. plohsts, russ. плотъ, franz. le flot Holzfloss, u. weiter gr. πλοτός schwimmend, schiffend, πλοτειν schiffen, schwimmen. Daher wird das Zusammenbringen (in Grimms-Wtb.) mitfließen u. Fluss bedenklich. Im lett. ist plohkt flott werden, bei Lange plakt; in derselben Weise wechselt o u. a in russ. плотъ Floss u. плáвить Holz flößen neben плáвaть schwimmen. — Floss (Färe, Holzfloss) verhält sich zu lett. pluddi od. pluhdi Wasserflut, wie zu Fluss u. Flut. Die Gebürentaxe (440) unterscheidet Brennholzflösse u. Waldflösse.

Fünfer der

QUELLEN

Hupel 1795a, 70
Fünfer, der, ist in Lettland 1/16 Albertsthaler, gilt 5 Ferdinge, und besteht aus einem ausländischen guten Zweygroschendtück.

Gutzeit 1864, 301
Fünfer, der, gespr. im gemeinen Leben Fimmwer, 1) Münze, welche 1/16 Albertsthaler od. 5 Ferdinge (7½ Kop. S.) galt. Daher auch Fünfferdingstück od. fünf Ferding. Das Wertzeichen war ein Zweigroschenstück u. der Ferding daher 2½ Gr. od. l/12 Thaler preuß. — Bildlich für etwas Unbedeutendes. Das ist nicht einen F. wert; sie ist nicht für einen F. hübsch. Blank wie ein F. sein, ganz ohne Geld, blank, da die ehemals gangbaren Fünfen selten anders als ganz abgeschliffen waren. — 2) Münze an Wert 5 Kopeken. Man hatte silberne F. od. Fünfkopekenstücke. 180. IV. 2. 520, u. kupferne, ebda. 2. 7. (J. 1731). vgl. Berliner.

Sallmann 1880, 65
Fünfer Fünfkopekenstück, gew. gespr. Fünwer. EbensoEiner, Zweier, Dreier, Zehner, Fünfzehner, Zwanziger.

Seemann von Jesersky 1913, 119
Fümwer, Fünfferdingstück - 7½ Kopeken. [jetzt 5 Kopekenstück]

DRWB III, 1069f.
II Münzen verschiedenen Wertes u.a. Gutzeit, Hupel.

Gehdamm der

QUELLEN

Gutzeit 1877, 323
Gehdamm, der, Gehweg neben einem Fahrdamm. Doch wol ausschließlich für den sog. „kleinen Damm,“ den Alléeweg am Weidendamm Rigas, vgl. 174. 1857. 271. Der kleine oder Gehdamm wurde, wie anzunemen ist, erst durch die Bemühung des Ältermanns gr. G. Arend Berens bepflanzt, 174. 1861. 272.

Gehenkgeld das

QUELLEN

Gutzeit 1877, 326
Gehenkgeld, Gehänggeld. Der Baudiener erhielt Stiebel- u Gehenkgelder, jahrlich 4 Thl. 60 gr. alb., 649 XIV 10.

Gerichtsspiegel
‣ Varianten: Gerichtsspigel

QUELLEN

Hupel 1795a, 76
Gerichtsspiegel, der, ist ein kleines Gestelle, welches etliche wegen der dem Richter schuldigen Ehrerbietung ergangene Ukasen darstellt, und bey allen Gerichtshegungen auf dem Tische stehen muß. Er ist gleichsam ein Zeichen der Würde.

Sallmann 1880, 66
Gerichtsspiegel das adlergekrönte, aus drei im Winkel zusammengefügten Flächen bestehende Symbol der Krone, das sich, an zwei Fuß hoch, auf den Behördentischen aufgestellt findet.

Gutzeit 1889b, 345
Gerichtsspigel, der, ein mit dem Reichsadler gekröntes dreiflächiges Gestell, auf dem sich gewisse Allerhöchste, von Peter d. Gr. stammende Befehle befinden, welche Richter und zu Gericht kommende auf ihre Pflichten und auf Befolgung der Gesetze aufmerksam machen sollen. Der Gerichtsspigel hat seine Stelle auf dem Gerichtstische. Hupel erklärte: ein kleines Gestelle, welches etliche Ukase betreffs der dem Richter schuldigen Ehrerbietung darstellt und bei allen Gerichtshegungen auf dem Tische stehen muß. Sallmann (390c. 66) erklärt: adlergekröntes Symbol der Krone, aus drei im Winkel zusammengefügten Flächen bestehend, an zwei Fuß hoch. — Im Russischen: зерцало, das slawische Wort für das heutige зеркало Spigel. — InGrimms Wtb. nach Hupel u. Sallmann.

gersteln

siehe auch gegersteltes Brot

QUELLEN

Gutzeit 1889b, 345f.
gersteln. Nach Vorschrift des Schragens der rig. Los- und Kuchenbäcker v. 1685 soll als Meisterstück angefertigt werden: gegerstelt Brodt, das Stück zu 6 Groschen, rein gesäuert Roggen-Brodt ebenfalls zu 6 Gr. das Stück. Später, in der Tukkumschen Brottaxe von 179.. heißt es: das Amt der Bäcker hat allezeit, der bisherigen Gewohnheit nach, gegerstelt Brodt zu halten. — Königsbergs gegersteltes Brot ist zu haben beim Bäcker N. in Riga 1871. In Grimms Wtb. das Brot gersteln, wiederholt aus dem Ofen ziehen und mittels eines Wischers aus Gerstenstroh mit Wasser netzen, um der Rinde ein glänzendes Ansehen zu geben. — Ein Bäcker Rigas erklärt gegersteltes Brot als „eine Art aus Grob-Roggenmehl angefertigten Brotes; kommt hauptsächlich in Hamburg vor“. Ein andrer Bäcker schreibt Folgendes: „Der Unterschied von unserem Schwarzbrode besteht darin, dass es nicht gebrüht und nicht so säuerlich ist. Gleich nachdem das Brod aufgemacht ist, wird es auf einen eisernen Schieber gesetzt und zwischen das Feuer des Ofens geschoben, bis es eine gewisse Kruste hat. Dann wird es herausgenommen, um die Gährung zu erhalten. Nachdem es geschnitten und gefettet, kommt es in den Ofen“. — Das im rig. Bäckerschragen (260) erwänte gegerstelte Brot ist also Roggenbrot.

Gotteskasten

QUELLEN

Possart 1846, 182
Gotteskasten. Reval. ferner: Herren beim Gotteskasten, d.h. zwei Rathsmitglieder für die Verwaltung des Gotteskastens zum Unterhalt der Kirchen, Schulen, Hospitäler und Gefängnisse.

Sallmann 1880, 54

???, 4, 1, 5, 1264
DWb ...2) Kirchen- und Armenkasse
a) Opfersbock ...
b) die in der Reformationszeit aus Spenden errichtete, unter kirchlicher Verwaltung stehende Armenkasse: [ Beleg u.a. Reval 1621 nach DRWb]

DRWB IV, 1027f.
Gotteskasten (kirchliche) Armenkasse
1621 Reval StR I 358; 1672 Reval StR II 42 „soll ein eltermann (der Gr. Gilde) mit bym Gotteskasten sitzen“. Belege aus Tr...[?], wpr. Marburg, Brandenburg, Köln, Hannover. Verweis auf „Stadtgotteskasten“.

Grünstrauch der
‣ Varianten: Gränstrauch

QUELLEN

Sallmann 1880, 66
Grünstrauch die kleinen frischen Enden von Tannenzweigen, die bei Beerdigungen in der Kirche und auf den Straßen, durch welche der Leichenzug führt, ausgestreut werden. Auch die Grabwände werden mit Gr. geschmückt.

Kobolt 1990, 120
Grünstrauch m, um 1800 noch Gränstrauch, gehackte Tannenzweige, mit denen man den Weg eines Beerdigungszuges bestreute
schwed. gren Ast, gran Fichte, Tanne; balt. grenen boum (1429 Güterurkunde) Tanne.


QUELLEN (Informanten)

Grünstrauch - Fichtenreisig, das bei Beerdigungen auf die Wege gestreut wurde. vgl. Gränstrauch. Im lett. Spr. 1 x, im estn. ca 10 x belegt.

Kraack, Gundel: Reval
Grünstrauch abgehackte kleine Tannenzweige, die bei Beerdigungen vom Trauerhaus auf die Straße und auch vor der Kirche gestreut werden, ebenso auf dem Friedhof. Die Gruft wurde auch damit geschmückt.

Weiss, Lis-Marie: Reval
wahrscheinlich aus Gränstrauch entstanden.

Hägde
‣ Varianten: Högde

QUELLEN

Seemann von Jesersky 1913, 124
Hägde, Högde o.w. Gr. Höchd, H..? Höcht, Höhe.
häg(d)er, hög(d)er, höher.

Haken der
‣ Varianten: Haaken, Hocken

DAZU:
einen Haken haben (id) 'eine Vorliebe haben'

QUELLEN

Bergmann 1785, 28
hacken - die eigentliche Name des itzigen in Livland üblichen Pfluges, vor alters mens [?] genannt, eine rigische Hakenkufe ist ohngefähr so viel Land das 200 Thaler jährlich austrägt.

Hupel 1795a, 84ff.
Haaken, der, ist noch jetzt der einzige aber höchst unsichere Maßstab, nach welchem die Größe der Landgüter und deren öffentliche Lasten berechnet werden. Ohne die Verschiedenheit auf Oesel, oder gar das ehemalige Längenmaß zu berühren, so erfordert man zu einem liefländischen Haaken, für 60 Thaler oder Rubel Abgaben und Frohndienste der Bauern, doch nach einer äusserst niedrigen Taxe (bey Kronsgütern werden auch Hofsfelder u.d.g. mit in Anschlag gedracht;) hingegen zu einem ehstländischen 5, an etlichen Orten auch mehrere, arbeitsame Mannspersonen von Bauerstande: und dies heißt in beiden Herzogtümern ein Revisions-Haaken, weil ihn die Revisions-Commission bestimmet. *)
Ein Bauer-Haaken hingegen besteht in den Ländereien, welche man unter der schwedischen Regierung für einen Haaken erkante. Derjenige Bauer welcher z.B. die Hälfte davon nutzet, heißt ein Halbhääkner: ein solcher mußte damals die ganze Woche hindurch mit einem Anspanne frohnen; jetzt leistet auf Privatgütern zuweilen ¼ Haaken eben so viel, wo nicht gar mehr. - Uebrigens hatte man schon in Ordenszeit in Liefland, Haaken; vielleicht brachte der aus Westphalen damals häusig hieher ziehende Adel diesen Ausdruck mit: wenigstens finde ich ihn in von Steinen's westphälischen Geschichte z.B. im 2. Th. S. 1562 u.a.O.m. unter andern vom Jahr 1385. - Neuerlicht hat man angefangen, auch nach Seelen, d.i. nach mähhlichen Köpfen, wie in Rußland, die Größe der Landgüter zu bestimmen: aber auch dieser Maaßstab thut keine Gefüge.
*) Neuerlichst sagte Snell in seiner Beschreib. der rußischen Provinzen an der Ostsee, ein Haaken Landes sey ein Platz auf welchem sich 10 Bauerfamilien nähren können!!

Hupel 1795a, 87, 88
Hacken Landes st. Haaken, ist eine falsche Schreibart.
Haken und Orse (Wie im Brand.) sollten eigentlich Geft und Schlinge oder Ohr heißen.

Gutzeit 1877
Haken, der, früher oft Hacken oder Haacken geschrieben. 1) die ursprüngliche Benennung des jetzt sog. Hakenpflugs. Arndt (179. I. 92) sagt: Haken, uncus, nannte man anfänglich, wegen seines Haupttheils, einen Pflug, hernach ein Stück Landes, so viel nämlich 2 Pferde in einem Tage umackern können. Bergmann (164) bemerkt: Haken, der eigentliche Name des itzigen in Livland üblichen Pflugs, vor Alters uncus genannt. Hueck (190. 64) sagt: der Pflug (in Liv- und Estland) ist fast überall ein Hakenpflug(estnisch sahk, lett. arkles, russ. сохá); der einfache Haken oder Schweinsrüssel(estn. adder) ist in der Wiek noch jetzt im Gebrauch. — Alle diese Wörter stehen in Verwandtschaft. Denn das russische сохá findet sich in Ostpreußen wieder als Zogge oder Zoche; dem Ssochá entspricht aber auch das estnische sahk, Pflug, das franz. le soc, Pflugschar, und das deutsche Sech, und das gothische hôha, Pflug, dem wiederum Haken angehört.
Unsere Schriftsteller scheinen das Wort Haken (Pflug) als ein allgemein bekanntes anzusehen. Doch kennt Schiller-Lübben's mnd., und ebenso wenig das brem. Wtb. das Wort in der Bed. von Pflug; selbst Grimms Wtb. belegt es aus Deutschland kaum. Thatsache ist auch, dass es bei unseren landwirtsch. Schriftstellern Gubert und Hermann v. Neidenburg nicht vorkommt, und nur vereinzelt in alten Urkunden. So (vielleicht zuerst) in d. Urk. v. 1252. 18. October: geven von eine jeglichen haken ein culmit roggen; dann in d. Urk. v. 4. April 1253: mit allen landen und wiltnisse, dar die haken gehaket hevet, und ebda, noch ein Mal: mit allen landen und wiltnisse, dar die haken gehaket hebben. Man könnte in diesen Stellen an „die Hacke“ denken; der latein. Text setzt aber: cum terris quas coluerunt unco. — Eine noch nicht aufgeworfene Frage ist, ob das lat. uncus eine Übersetzung des deutschen Wortes Haken ist, oder ob das Umgekehrte stattgefunden. Das classische Altertum kannte uncus weder in der Bed. von Pflug noch von Landmaß.
Von dem Haken oder Pfluge, genauer nach der Zahl der Pflüge, erhoben die deutschen Herren im alten Livland die Abgaben. Schon im J. 1206 (s. Origines Livoniae p. 43) versprechen die Lennewardschen (in Livland) ½ Lispfund Roggen von jedem Pfluge zu entrichten; im J. 1211 wird auf Bitte der Letten der Zehente in die Abgabe eines Scheffels von jedem Pferde verwandelt; bei den Kuren 1220 die jährliche Abgabe eines halben Lispfundes Roggen von jedem Haken oder Pfluge festgesetzt. Indessen ist zu bemerken, dass das livl. Urkundenbuch (399) erst beim J. 1230 den Nachweis von Abgaben liefert, welche die Eingeborenen vom Haken (Pfluge) entrichten sollten: quod de quolibet, unco colverent nobis dimidium talentnm siliginis. Hueck (190. 62) bemerkt: „Da das ursprüngliche landwirthschaftliche Ackerwerkzeug jene Form hatte, die noch jetzt in denjenigen Gegenden Deutschlands, welche früher von Wenden bewohnt waren, gebräuchlich ist und mit dem Namen Haken bezeichnet wird, so wurde die Abgabe auch nach diesem, nach dem Haken erhoben. „Diese Behauptung, der Haken sei slavischen Völkern, der Pflug dagegen deutschen eigen, ist in solch' allgemeiner Ausdehnung nicht richtig; der Haken ist als Vorläufer des Pfluges, sowol in slavischen als deutschen, lettischen und estnischen Gegenden da anzutreffen, wo das Ackerland auf vollkommenere Ackergeräte nicht hinwies, oder die Bevölkerung an den alten Gerätschaften zähe festhielt.
2) ein Landstück gewisser Größe undgewissen Ertrages, von Bunge in 399. „ein Ländereimaß“ erklärt. Die Entwickelung dieser Bedeutung aus dervorhergehenden ist schon oben angedeutet und es gilt fast für zweifellos, dass sich die Bedeutung Pflug in die von Landfläche erweiterte, welche mit einem Pfluge (und vermutlich auch Pferde) in einer gewissen Zeit zur Sat umgebrochen werden kann. Auch das Grimmsche Wtb. sagt, dass man als Maßstab für den Landtheil die Leistungsfähigkeit eines Hakenpfluges in einer gewissen Zeit, etwa einem Tage, zu Grunde gelegt. Die rig. Ztg. (1875. 117) bemerkt, dass das Wort Haken in Verbindung zu bringen ist mit dem Hakenpflug (die Zahl der Pflüge galt als Maßstab für die von den Bauern zu leistenden Frohntage [?]).Von Hagemeister, dem wir die hauptsächlichste Auseinandersetzung über den Haken verdanken, sagt (355. I. 1): Der bei den Letten und Slaven gebräuchliche Hakenpflug gab wahrscheinlich die Veranlassung zu der Benennung; noch jetzt bedeutet das lettische Wort arklis sowol jenen Pflug, als auch den Haken. - Diese Annahme ist indessen insofern zu ergänzen und berichtigen, als auch das lat. uncus und das estnische adder sowol Pflug als Landmaß bezeichnen, bei den Russen diese gleiche Bedeutung nicht, und wahrscheinlich auch bei den übrigen Slaven nicht vorkommt. — Abweichend äußert sich Jannau (157. I. 103 u. f.): „Haken kommt her vom Worte haga, welches einen Zaun bedeutet, oder nach Anderen ein Torf hieß, dabei tiefer Acker war (vgl. Dreger Codex diplomat. Pommerniae, S. 310). Nach dieser einfachen Hagen-, Zaun- oder Dorfrechnung schätzten die Wenden, die Pommern, die Preußen, die Polen ihre Güter und nahmen blos das urbare Land in Anschlag, aber nicht die Waldung. Wenn nun die Verordnung v. 1232 besagt, dass eine Hufe 30 Morgen halten soll, ein Morgen aber 40 Ruthen lang und 10 Ruthen breit sein muß, so folgt, dass damals flämische Hufen, mansi teutonici, galten, und dass ein jeder Morgen, die Ruthe zu 12 Schuh berechnet, 180 Schuh lang und 120 Schuh breit gewesen ist. Die ganze Hufe war also 10,800 Schuh oder 5400 Ellen lang, und 1600 Schuh oder 800 Ellen breit, und also kaum eine volle Tonne Aussaat.“ — Limmer (363) erklärt ähnlich. „Weil man, sagt er, ehemals nur das urbar gemachte Land umzäunte, dieses aber hag oder hack hieß, so entstand der Gebrauch, in Livland, Cur- und Estland die Größe der Güter nach Haken zu bestimmen.“ Nach dem Grimmschen Wtb. lautet das Wort Haken im ahd. hâco, hâgo, hacco und haggo, und Haken könnte somit nichts als Hag, Hagen sein, d. h. „eine aus geschlagenem Holze hergestellte Umfriedigung und sodann der umzogene Ort, mag er nun ein einziges Gebäude, ein Landgut oder ganzer Ort sein; nur bezeichnet Hag nie den eigentlichen Herrensitz“. Hag entspricht in dieser Hinsicht ganz unserem Haken, da diese Bezeichnung sich nur auf Bauerland bezieht. Indessen kommt das Wort Haken bei uns nie in der Gestalt von Hag oder Hagen vor, so dass der anmutenden Behauptung Jannaus keine Berechtigung zuzustehen scheint. — Die lateinische Bezeichnung uncus in der Bed. von Landteil finde ich zuerst in der Urk. vom 11. April 1226 (399. I. 2)): de terra cula centum unci; die deutsche Haken zuerst in der Urk. v. 1252. 18. October.
Auch diese Bedeutung (Ländereimaß) ist in Teutschland unbekannt. Schiller-Lübbens mnd. Wtb. belegt sie nur aus livl. Urkunden. Ob das lat. uncus eine Üebersetzung ist von Haken oder sogar von Hag, und aus dem Latein wiederum Haken entstanden?
Haken und Hufe wurden im alten Livland unterschieden. Nach Jannau (157. I. 104 u. 138) war Haken ein polnisches Maß, gleich 2 Hufen flämisch Maß; Haken = Hakenhufe. Nach Sallmann (390a. 26) weist Haken als Flächenmaß nach Westfalen, wo eine gewisse Art des Pfluges so hieß, wie noch heute in der Oberpfalz.
Zu Anfang des 17. Jahrh. kannte man in Livland 1) herrmeisterliche oder ordensmeisterliche Haken von 177 Tonnen Land; 2) plettenbergische von 96 Tonnen; 3) erzbischöfliche von 66 Tonnen rigisch; 4) polnische große zu 120 und 5) deutsche kleine von 30 Tonnen. Hagemeister in 355. I. 3. Nach einer Angabe in 350. XVIII. unterschied man 1) deutsche Haken, die kleinsten, welche mit 30 Tonnen rigisch besät werden. Das Land von 30 Tonnen wird in 3 Lohten oder Felder abgetheilt; 2) Herr Meister Haken, halten 60 Tonnen und werden gleichergestalt in 3 Löthen eingeteilt; 3) polnische, halten 120 Tonnen Landes, ebenfalls in 3 Lohten getheilt, davon jährlich 2 Lohte besät und das dritte ruht. — Das Privilegium Sigismundi Aug. u. 1561 bestimmt den Gehalt eines livländischen Hakens zu 66 Stricken oder Basten, deren jeder 66 Faden lang ist, d. h. auf 180 Tonnstellen oder 30 Morgen. Dieser livl. Haken Sigisnmnd August's ist demnach der sog. herrmeisterliche, ist gleich 66 □ Basten oder 180 Tonnstellen, d. h. gleich den Landhufen in Pommern, mansi teutonici. Hagemeister in 355. I. 3. Daher 66-bastige Haken, vgl. ebda. S. 14. — Ein alter liefländischer Haken Landes soll in sich haben 66 genierte Bast Landes, oder ein geviertes Stück Land, welches 11 Bast lang und 6 Bast breit ist, oder 748 Faden lang und 408 Faden breit, 350. XVIII. 2; ein rechter Meister Haken: ein Haken Landes hält 66 Bäste, ein Bast 66 Klaster, ebda. In einem Bast Landes, d. h. einem Stück Landes, das 238 rig. Ellen im Umkreis hat, über 5 Lof Roggen säen; in einem Haken aber 8 Last Roggen; des Hakens Umkreis ist 8092 Ellen, ebda. Dieses verschiedene Maß des Hakens hatte wahrscheinlich seinen Grund in der Leistungsfähigkeit eines Pfluges, welche wegen örtlicher Verhältnisse eine verschieden große sein konnte, wie etwa auf ebenem, leichtem, schwerem u. dgl. Boden. Da diese Ungleichheit des Hakens eine ungleiche Belastung des Landes mit Abgaben veranlasste, so wurde zu verschiedenen Zeiten die Hakengröße und Hakenzal revidirt, so namentlich in schwed. Zeit in d. J. 1638 u. 1683. Besonders „berühmt“ ist die Revision, welche nach der Einführung der Statthalterschaften angestellt wurde, vgl. Revisionshaken. „Händereien, die vormals bearbeitet wurden und als solche bei der schwed. Revision angeschlagen oder angeschrieben waren, aber aus Mangel an Menschen liegen blieben, hießen wüste Haken. Von ihnen wurden keine Abgaben erhoben, und in Ansehung solcher sagt man, das Gut könne noch in seiner Hakenzahl steigen, oder: das Gut hält 10 Haken, es kann aber 16 Haken werden, 180. I. Da wüste Haken keine Ansiedler haben, so heißen sie auch unbesetzte, zum Gegensatz der besetzten, d. h. mit Bauern. In demselben Sinne bewohnte und unbewohnte Haken. Die Ausdrücke wuste und besatte haken kommen schon in einer Urkunde u. 1410 vor.
Bis tief in die Zeit der schwed. Herrschaft bildete der Haken ein nach Ort und Zeit wechselndes Flächenmaß und erst durch die königliche Instruction v. 1687 wird das Memorial vom 30. Juni 1686 wurde eine Hakenberechnung geschaffen, die sich neben dem Flächeninhalte auch auf die Güte des Bodens gründen sollte, vgl. rig. Ztg. 1875. 117. Dasselbe Blatt brachte 1862. 272 u. f. sehr ausfürliche Auseinandersetzungen, nach welchen Haken 1) ursprünglich ein Flächenraum von 180 Tonnstellen Bauerlandes war, und bis 1687 90 Tonnstellen Ackerland und 90 Tonnstellen Buschland enthielt. Die Tonnstelle = 5/11 Dessätine. 2) seit 1687, richtiger, seit 1804 ist ein livländischer Haken ein Stück Bauerland verschiedener Größe und ohne bestimmten Flächenraum, welches eine gewisse Menge Brustacker. Wiesen, Garten- und Buschland enthält und eine Bodenrente von 80 Thaler schwedisch gewärt. Oder nach Hueck (190. 119): ein Stück Bauerland, Haken, welches von den 4 Gattungen zusammen für den Wert von 80 Thlr. umfasst. Die Bauer-V. O. von 1804 schreibt vor, dass statt der seit 1638 geltenden 60 Thlr. oder statt des früheren Anschlags von 60 Thlr. 80 Thlr. für einen Katen gerechnet werden, ferner dass jeder Haken mindestens für 60 Thlr. Brustacker und für 20 Thlr. Busch- und Gartenland enthalte. So ist der Haken ein Stück Bauerland, dessen Bodenrente 1687 zu 80 Thlr. angenommen und in eine Anzal dem Hofe zukommender Frontage und Naturallieferungen umgerechnet worden war. Seit der Vermessung Livlands von 1809 bis 1823 muss auf jeden Haken Bauerland ein Stück Hofsland — die Hofsquote — kommen von 60 Lofstellen in jedem Felde des Hofes bei der ehemaligen Dreifelderwirtschaft, vgl. Hagemeisterin 355 I. 14 und 20. — Von jedem Haien hatte der Bauer 6 Thlr. 36 Gr. zinsfrei, d. h. hatte für dieselben dem Herrn nichts zu leisten; für 36 Thlr. 72 Gr. leistete er Gehorch für 27 Thlr. 54 Gr. Hilfsgehorch (unbestimmte Dienste); für 9 Thlr. 18 Gr. Gerechtigkeit (Naturalabgaben) zu liefern, rig. Ztg. 1864.
Während somit früher Haken ein gewisses Landmaß vorstellte, hörte es später auf, ein solches zu sein und wurde ein Landstück verschiedener Größe, welches gewisse Leistungen erfüllen konnte. Daher sagt J. B. v. Fischer (447. 343): Jetzt(1753) werden die Haken auf adeligen oder Privatgütern, ohne die Äcker zu messen, nach der Zahl der Bauern und ihrem Vermögen, die Frohndienste oder, nach unserer Redensart, den Gehorch zu leisten, im gleichen nach ihren Getreide und anderen Zinsen, oder, wie wir sprechen, Gerechtigkeit taxiret, und nach solcher Taxe trägt das Gut die Onera an die hohe Krone ab. Die bei solchen Gütern einträglichen Appertinentien, als Mühlen, Krüge u. dgl. werden nicht taxiret, sondern nur gedachte Prästenda der Bauern und solche mit 60 dividiret, um die Rente von 1000 Rthlr. von einem Haken heraus zu bringen. Bei Domainen oder Publicgütern aber wird zwar die Hakenzahl ebenso gesuchet, aber der Hofsacker wird auch gemessen, und nach einer vorzüglichen Güte taxiret, imgleichen alle gedachte Appertinentien, und darnach die Arrende eingerichtet. Diese so determinirte Haken heißen Revisionshaken. Was man bey uns Bauerhaken nennt, ist eine beliebige Einrichtung eines Edelmannes, wie er ein Bauergesinde oder Bauerhof, nach der Zahl seiner arbeitsamen Einwohner will gehorchen und die Gerechtigkeit Zinsen lassen.
Haken ist, bemerkt Hupel in 182. I, das Maß zur Bestimmung der Größe eines Landgutes und dessen Kronsabgaben; in Estland geben die vorhandenen arbeitsamen Mannspersonen, in Livland das bearbeitete Land und dessen etwaiger Ertrag die Hakenzahl. Zu einem rigischen Haken gehörten, äußert Hupel (182. II.), 1) zwei wöchentliche Arbeiter das ganze Jahr hindurch zu Pferde oder mit Anspann. Man nannte sie auch 2 wöchentliche Pflüge. Wenn daher 4 Bauern auf dem Haken wohnten, so musste jeder dem Hofe 3 Tage hindurch einen Arbeiter mit einem Anspann (d. h. ein Pferd oder 2 Ochsen), mit allem zur vorfallenden Arbeit nötigen Gerät und dem Unterhalt für beide stellen. 2) zwei Fußarbeiter (Oterneken), die nur im Sommer zu Handdiensten gestellt werden, und zwar gewönlich von Georgi bis Michäli; 3) Hilfstage zu Fuß im Sommer, sonderlich zur Heu- und Kornernte; 4) allerlei Abgaben an Geld, Korn und andere Landerzeugnisse, welche der Bauer an den Gutsbesitzer jährlich liefern musste.
Als Flächenraum eines livländischen Bauerhakens kann 2 □ Werst angenom- werden. Die Berechnung dieser 2 □ Werst vgl. in 355. I. 2. Als Zahl der Insassen eines Hakens veranschlagt Hagemeister in 355. I. 19: 4 bis 8 Wirte und etwa 16—26 arbeitsfähige Menschen beiderlei Geschlechts, mit Kindern etwa 60 Seelen. Hueck (190. 119) rechne tauf jeden Hacken 20 arbeitsfähige Menschen (d. h. Männer von 17—60,und Weiber von 15—55 Jahren). Dies entspricht ganz einer Bestimmung, die 1714 in Kurland getroffen wurde: weil es unmöglich wäre, den vormals üblichen Fuß wiederherzustellen, sollten 60 tüchtige Mannespersonen auf einen Haken gerechnet werden, vgl. 180. IV. 22 25. — Für einen Haken, bemerkt v. Hagemeister,(355. l. 13) ist ein solches Gesinde zu rechnen, welches dem Hofe wöchentlich 6 Tage mit 2 Pflügen frönt.
Nach Haken, deren man livländische, estländische, öselsche, Bauer-, Revisions-, Gnaden-, Predigerwittwen-, Land-, Strand-, Tillhaken u. s. w. unterscheidet, bemisst man die Größe der Güter. Man fragt daher, wie viel Haken ein Gut hat, und antwortet, das Gut habe 10 Haken u. s. w. Diese Pauren besitzen einen ganzen Haken, gehorchen für ¾ Haken, 349. XII. I . 1641; der Pastor hat ½ Haken geschmolzen Land und ½ Haken Busch, 350. XXII. J. 1680.
Von dem Worte Haken, als Landmaß, sind eine Menge Zusammensetzungen gebräuchlich, die in Deutschland unbekannt sind.
3) eine selten begegnende, ganz veraltete Bedeutung ist: „ein auf einem Haken angesiedelter Bauer“, wie Bunge in 399. IV. nach einer Urk. v. 1410 erklärt: is min besitlike hake gewest under mi. Ein zweiter Beleg ist nicht vorhanden, und die Stelle daher Zweifelhaft. Schiller-Lübbens mnd. Wb. führt diesen Beleg, als einzigen, auf, — ohne Fragezeichen.
4) Haken, ehemals der schmale Strich Landes an der Semgaller Aa, auch Aahaken genannt. So in 335. 103. Eine rig. Handelsverordnung v. 1562 verbietet, Handel zu treiben auf dem Hacken bei der russischen Brücke. Brotze bemerkt dazu in Livonica XXIV.: „Haken hieß unten am Ende der Spilwe eine Landspitze, die nachher den Namen Ahaken führte, weil sie an der Mitauschen Aa liegt; man sieht, daß der Name russische Brücke einer Stelle unterhalb Riga gegeben wurde, welche es aber ist, weiß ich nicht“. — Haken und Aahaken ist hier die einzige derartige Wortverbindung. In Ostpreußen gibt es viele, z. B. der Marsch-Haken, der Radsen-Haken u. a. Man nennt dort Haken die ins Wasser springenden, sandigen Landzungen, welche durch Dünenbewegung entstehen, vgl. Berend's Dünenbildung, 1871. Der jetzigen Ortsbeschaffenheit nach müsste Haken die am linken Ufer der Aa befindliche Landzunge sein, auf der gegenwärtig Dünamünde liegt. Doch ist Aahaken (oder Bergshof) die Festlandsecke auf dem rechten Ufer der Aa, das Gut, auf dem der Flecken Bolderaa sich befindet. — Taxe für die Prahmbrücke bei Bolderaa oder Aahacken von 1808. Die russische Brücke war demnach, aller Wahrscheinlichkeit nach, eine Verbindungsbrücke wie die jetzige zwischen Bolderaa und Dünamünde.
5) Haken, in and. Bedeutungen: 1) Haken und Öse, gew. gesprochen Hak' und Öse, und ebenso in der Vz.: Hak' und Ösen. In derselben Bed. wie im nd. haken un eseken. Schon in 349. XXII. 1. J. 1669: Messingshaken und Ösen; dann 349. XXV. 1. J. 1669: für Haken und Ösen. Ebenso in 87. vgl. in Grimms Wb. Häkchen. Nach Bergmann in Niedersachsen: Hefthaken und Ösen, hochd. Heft (der) und Schlinge. Auch in Kurland Haken und Öhsen, wie Stender. schreibt. Bergmann erklärt: Hak und Ösen sind kleine krumm, gebogene Haken von Drath mit zwei Öhren an einem Ende zum Annähen; der Heft greift in eine Schlinge von Drath. Davon festhaken (festhäkeln), zuheften. — 2) Die Kinnlade ist aus dem Haken gefallen, ausgerenkt; in den Haken zurückgegangen, eingerenkt. Gewönlich. In Grimms Wtb. l) als früher gebräuchlich angezeigt Sp. 177/178.

Sallmann 1880, 47
Haken (goth. hoha, lat. occa) als Flächenmaß von relativem Gehalt, dem ursprünglich die Leistungsfähigkeit eines Hakenpflugs in einer bestimmten Zeit, etwa einem Tage, zu Grunde liegt (cfr. Livl. Urk. Nr. 237. 1474. 1824.), nach Westfalen, Pommern und der Oberpfalz, wo noch jetzt eine große Art des Pfluges so heißt. Aehnlich böhm.-deutsch Krombe, d. h. Krümme die Pflugschar. Heyne (Gr. W. IV.) berichtigt denn auch die Grimmsche Meinung, als ob der Haken slavischen Völkern, der Pflug dagegen den Deutschen eigen sei, dahin, daß der Haken als der allgemeine Vorläufer des Pfluges sowohl in deutschen, als in slavischen Gegenden getroffen werde und sich erhalte, wo entweder, wie in Gebirgsgegenden, die geringe Ausdehnung des Ackerlandes auf die Verbeßerung der Pflugwerkzeuge nicht geführt hat, oder wo die Bevölkerung, und das trifft bei uns zu, am Altüberlieferten zäh festhält;

Pantenius 1881, 191
einen Haken haben - eine Vorliebe haben
Dazu kommt, dass sie für Herren, wie es scheint, einen Haken hat.

Transehe-Roseneck 1890, 32ff.
Haken (im 16. Jh.) 1) herrmeisterlicher H. = 177 Tonnstellen Land; 2) großer polnischer H. = 120 Tonnstellen Land; 3) Plettenbergischer H. = 96 Tonnstellen Land; 4) erzbischhöflicher H. = 66 Tonnstellen Land; 5) kleiner dt. H. = 30 Tonnstellen Land; 6) ab 1561: Normalhaken = 180 Tonnstellen Land;

Eckhardt 1896, 29
Haken Flächenmaß (allgemein nd.)

Gutzeit 1889a, 1
Haken, in der Bed. von Pflug, Ackermaß und Gebiet, ebenso im ruß coxa.

Gutzeit 1889b, 532
Hocken, der, öfters st. Haken zu lesen in 349. XXII. 1 und 2. Einen neuen Hocken in ein Holzketten, 349. XXlI. 1; Mauer Hocken, 349. XXII. 2.

Hahn 1911, 29
Haken, wüste 'einstmals bearbeitete Bauernhaken'. Zahl nach nord. Krieg und Pest sehr groß.

Seemann von Jesersky 1913, 124
Haken - Ursprünglich eine Landfläche, das mit einem Pfluge, Haken, mit 2 Pferden an einem Tage umgeackert werden kann, später vielfach verändert und ungleich.

Masing 1926b, 70f.
Haken Flächenmaß; ursprünglich eine Wirtschaftseinheit, die mit einem Zugpferde Hakenpflug und Egge nutzte. [A. v. Transehe, die Entstehung der Schollenpflichtigkeit in Livland. Mitt. livl. Gesch. Bd. 23, 495] (mnd. hake „eine Art Pflug; ein gewisses Landmaß; eine gemeine Hufe enthält zwei Haken"; Frischbier I 267 Haken pltd. Hake „Maß für eine Ackerfläche von 20 Morgen kulmisch.“

Tobien 1930, 79ff.

Masing 1931, 23
Haken m pl. „die einen abgeschrägten vorderen Ecken des Backofens.“

Bosse 1933, VII
Haken a) livländisches Landmass. Der gebräuchlichste ist der Deutsche Haken zu 60 Lof Aussaat, ähnliche Ackermasse sind der Revaler und der Bauerhaken zu rund 30, sowie der Plettenbergsche Haken zu 120 Lof rigisch. Unter der grossen Gruppe der Vermessungshaken (Flächenmasse) ist der wichtigste der Herrmeisterhaken zu 101.5 (oder 108,4) ha. b) Hakengesinde, Vollbauernhof.
[Exkurs S. 457]

HWbGA 1936, 202
Haken 'ein bestimmtes Stück Land als Steuereinheit' urspr. Flächeneinheit, die während einer best. Zeit mit dem primitiven Hakenpflug bearbeitet werden kann.

Kobolt 1990, 122
Haken m altes Flächenmaß in den Berechnungen der Landgüter, nach Zeit und Ort sehr unterschiedlich.
mnd. hake Landmaß


QUELLEN (Informanten)

1 Haken = 660 Bast = ... (11x6)
10 Bast = 66 □Faden (39000 ..? = 35361 ..?); 1 □Faden (= 3 □Ellen)
1 Bauerhake ⁓ 2 □ Werst; 1 Landhaken = 770 □ Rast; 1 □ Rast = 77 □ Faden
1 Pletteb. Haken = 20 Sch...?; 1 Sch...? = 20 □ Ellen

Transehe, N. von: Wolmar; Weinert, Paul: Riga
Haken - Flächenmaß (a.d. Schwedenzeit). In der Bedeutung wohl ähnlich wie „Wacke“.

Hoffmann, Gjert: Reval
der Haken - Pflug
Hölzerner Pflug, die Schar hat 2 Spitzen, mit Eisen beschlagen. War 1939 noch vielfach im Gebrauch beim Anhäufeln der Kartoffeln, auch zum Spalten der Dämme bei der Ernte der Kartoffeln. Estland.

Hakenrevision die

QUELLEN

Gutzeit 1889b, 475
Hakenrevision, Revision oder Regulirung der Hakenzal. Bekannt sind die von 1636 u. 1688. Peter d. Gr. gewärte eine abermalige, auf die Leistungen der Bauern begründete H. vgl. 355. I. 18. Hakenrevisionsbücher befinden sich im Hofgericht. 193. II. 2. vgl 154. I. S. 160d.

Hanfschwinger der
‣ Varianten: Hanfschwenger

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 4
Hanfschwenger, in unedler Sprache oft statt Hanfschwinger. Auch in Stender II. 310.

Gutzeit 1889b, 489
Hanfschwinger. Die H. bilden in Riga seit Langem ein Amt. Jedweder Bürger sollte, nach einem rig. Amtsgerichtsbecheide von 1638, den Hansschwingern für den in der Badstube genesenen und durchgearbeiteten Flachs für jedes Lpfd. 4 gr. zahlen; die Hanfschwinger sollen kein Bund binden, ehe und bevor es verwraket, 365. J. 1658. vgl. 174. 1867. Nr. 12. Ein Hanfschwinger (gestrafet), weiln er seinen Mascop geschlagen, 349. XXI. 1. J. 1650). — vgl. 118. Bis 1828 bestand neben dem rigaschen Liggeramt ein lettisches Amt der Hanfschwinger, welches alle Hanfarbeiten besorgte und nach seinem Statut von 1743 beim Binden des Hanfs sich zeitweiliger Hilfsarbeiter bedienen durfte, die Hanfbinder genannt wurden. Diese Hilfsarbeiter gehörten zum größten Theil der russ. u. polnischen Nation an und bildeten sich aus ihnen die Ämter der russ. u. poln. Hanfbinder. Ihr Geschäft bestand nach ihrer Instr. v. 1783, in den Hanfambaren den nach Riga gelangten Strusenhanf, nachdem derselbe gewrakt worden, zu binden. 1828 wurden die Ämter der Hanfschwinger und der Ligger mit einander verschmolzen; die russ. und poln. Hanfbinder verblieben in ihrer Organisation und in ihrem früheren Bestände von 25 Mann, doch delegirte das Liggeramt eine gleiche Anzahl, d. h. 25 Mann, aus eigener Mitte zur Hanfwrake. vgl. v. Stein in 364a. S. 542 und 543.

Seemann von Jesersky 1913, 125
Hanfschwinger, Amt für das Sortieren des Hanfes.

Tobien 1930, 18

Haupt das

QUELLEN

Hupel 1795a, 91
Haupt der Bürgerschaft s. Stadthaupt.

Gutzeit 1889b, 496f.
Haupt, im Sinn von Kopf, im gewönlichen Leben ganz ungebräuchlich. —
Haupt der Bürgerschaft, Stadthaupt, während der Statthalterschaftsverfassung, der Vorstand des Stadtrates, welchem letzteren die Verwaltung der Stadtangelegenheiten oblag. Nach dem russ. Ausdruck голова. In den Verbindungen Amts- und Stadthaupt früher oft männlich, jetzt wol nur sächlich.
Schwarze Häupter, eine noch bestehende Bürgergesellschaft in Riga, die ihre besondre Verfassung u. jetzt nur noch woltätige und gesellige Zwecke hat. — Um die Mitte des 15. Jahrh. war eine Gesellschaft emporgekommen, die sich Schwarze Häupter nannte (vielleicht zum Unterschiede von den weißen und grauen Häuptern der großen Gilde, den Ältesten), 174. 1815. 292; — wenn die schwarzen Häupter ihre Trünke halten, soll Niemand als die weißen Häupter ihre Beidrünke halten, (Schwärze Häupter, vielleicht zum Unterschied der weißen u. grauen Häupter der großen Gilde, die man jetzt Eltesten nennt, Brotze), 350. XIV. 4; wer ein schwarzes Haupt ist, in alten Schriften, d. h. Mitglied der Schwarzenhäuptergesellschaft. Ein Schwarzes-Haupt, 220. 114. Jetzt: ein Schwarzhäupter. — Eine andre Art Schwarzer Häupter waren die Landsknechte des Erzbischofs, vermutlich nach ihren Stalkappen so benannt, vgl. Schirren in 396. 1861. S. 433.
Weiße Häupter, hießen in Riga die Ältesten der großen Gilde, nach Tielemann in 410. 1. 67. Wenn die Schwarzenhäupter zu Fastnacht ihre Brüderschaft (Gelage) halten, soll Niemand Beitrünke halten, als die weißen Häupter, 349. VI. 1, nach einer Afspröke u. 1477.
Graue Häupter. Die grauen Häupter der Stadt auch selbsten Reitens mit aus waren, 174. 1821. 44 nach einem Protokoll d. rig. Salzträger aus d. vorig. Jahrh. Note Häupter, Handlungsgesellen, die eine Bürgerschar bildeten im J. 1699 in Riga, so genannt, weil sie rote Binden in die Hare gebunden hatten, 216. 1. 110.
Rote Häupter treten zuerst auf 1699 bei der Durchreise Peter des Gr. Es waren 70 Bürger u. Kaufgesellen, welche bei der Ankunft des Zaren rote Bänder auf den Hüten u. rote Halstücher trugen, vgl. 174. 1833. 326; bei der Abreise aber als Abzeichen ein rotes Band in die Hare gebunden hatten, daher sie, wie Brotze sagt, ohne Zweifel den Namen rote Häupter erhielten, ebda 331. In demselben Jahre, im Herbste, waren sie 84 Mann stark, waren meist blau gekleidet, mit blassgelben Kamisölen, vor sich 4 Trompeter u. einen Mohren als Pauker habend, ebda. 331.
Schwarzes Haupt, ein Mohrenkopf. Montags vor der Fastnachtwoche hing der Diener des Schwarzhäupterhauses das schwarze Haupt aus, man versammelte sich zu einer kleinen Malzeit, 339. VI. 1.
Häupter, Glieder des rig. Rats. Die Häupter, 349. IV. 1; nun wären gedachte drei Häupter des Ruths und gegenwärtige Elterleute Häupter der Gemeine, 349. Vl. 11. nach T. Frölich v. 1613; miden Häuptern des Rats, ebda. Den Brandt meister auf Verordnung der Herren Häupter wegen der inficirten Häuser in wöchentliche Bestallung genommen, 349. XXI. 1. J. 1628. Uff der Herren Häuptern Befehl nach Marktgang geben müssen, 349. XXI.4.1.1651. Auf der Herrn Häupter Namen, 349. XXI. 1. J. 1655. vgl. Grimms Wtb. II. I. 6. am Ende. — Auch beim livl. Adel. Versammlungen der Oberhäupter allein hießen Herrentage. Die Stände versammelten sich oft ohne Zuthun der Oberhäupter, z. B. 1482 in Waimel, wo sie ihre Beschwerden gegen die Häupter entwarfen, 350. XI. 2. 210.
Das Haupt schlagen: vor einem niederknieen und, sich tief neigend, vor dessen Füßen den Erdboden od. die Diele mit der Stirn berühren (schlagen). Ein russischer Gebrauch, welcher unter Russen noch allgemein ist und selbst in Kaufmannshäusern erfüllt wird von Seiten der Kinder (gleichviel ob schon verheirateter) den Eltern, und von Seiten der Frau dem Ehemann gegenüber. — Der deutsche Ausdruck ist eine dem russischen Das Haupt schlagen: vor einem niederknieen und, sich tief neigend, vor dessen Füßen den Erdboden od. die Diele mit der Stirn berühren (schlagen). Ein russischer Gebrauch, welcher unter Russen noch allgemein ist und selbst in Kaufmannshäusern erfüllt wird von Seitender Kinder (gleichviel ob schon verheirateter) den Eltern, und von Seiten der Frau dem Ehemann gegenüber. — Der deutsche Ausdruck ist eine dem russischen бить челомъ nachgebildete Wortfügung, die seit den livl. Händeln mit Iwan III u. IV gewönlich wurde, da diese russ. Sitte von den Livländern und selbst den Schweden, dem Zaren gegenüber, verlangt wurde. Und schlechst (schlägst) du unserm Herrn dein Haupt nicht, 196. I. 128. J. 1558. Die Oberseeischen schlügen ihm ihr Haupt, 345. 6; schlagen ihr Haupt umb aller ihrer Unrechtfertigkeit willen, ebda 27; ihr Haupt vor ihm schlagen, 194. Nyenst. 48. Unrichtig daselbst von Tielemann erklärt: ihn um Gnade bitten. Sie sollten sich demütigen, ihr Haupt schlagen, 195. Henning Chr. 223. vgl. Hauptschlagen, das, u. Stirnschlagen, das.
Er seufzete zwar darüber, aber die Rede ging ihm übers Haupt, 194. Nyenst. 94. In welcher Bed

Häupter pl

QUELLEN

Hupel 1795a, 88
Häupter f. Schwarzehäupter

Gutzeit 1889a, 6
Häupter, schwarze, graue, weiße und rote. Die schwarzen Häupter in Riga u. anderen Städten Liv-, Ehst- u. Kurlands haben (vgl. 174. 1885. H. 15 u. 16) ihre Benennung von der schwarzen von ihnen getragenen Kopfbedeckung; die roten Häupter Rigas von den roten Bändern auf den Hüten und in ihrem Kopfhar; graue und weiße Häupter waren die Ältesten gr. Gilde Rigas, weil sie dem höheren Lebens-, einige wol auch dem Greisenalter angehörten, vgl. 174. 1885. Nr. 17. Bei den grauen und weißen Häuptern bezieht Haupt sich auf den Vorstand eines Gemeinwesens, auf ein Oberhaupt, wie in Schillers Braut von Messina: Ihr greisen Häupter dieser Stadt; bei den schwarzen und roten Häuptern dagegen auf diejenigen, deren Köpfe durch Schwarz oder Rot sich kennzeichneten, auf die schwarze od. rote Kopfbedeckung. Haben die schwarzen Häupter ihren Namen erhalten von der schwarzen von ihnen in Kriegszeiten getragenen Kopfrüstung, so kann es wol möglich sein, dass dieselbe von ihnen aus dem Grunde gewillt war, weil der heil. Mauritius ihr Schutzheiliger war.

Hemd das

QUELLEN

Bergmann 1785, 30
Hemd pl.: die Hemden

Hupel 1795a, 93
Hemder, die, in der vielfachen Zahl st. Hemden, ist ein Sprachfehler.

Gutzeit 1889a, 8
In Grimms Wtb. übersehen gr. ΐμάτιν, Bekleidungsgegenstand, Kleinerungswort von εϊμα Anzug, Kleid, Gewand, ΐματίςω Bekleide.

Gutzeit 1889b, 510
Hemd. In der Vz. früher und jetzt nicht selten Hemder, was Hupel als Sprachfehler rügt; die Vz. Hemder ist mundartlich in Oberdeutschland. Hupel führt als Vz. Hemden an; in Livland ist jetzt meist das schriftgemäße Hemde in Gebrauch. — Viele sprechen Oberhemd f. Hemd, und halten ersteres für gewälter. Herren-Oberhemde.
Es auf dem Hemde haben, sprechen Frauen, st. das Monatliche haben. Ganz wie die Russinnen (на рубашкѣ) und Jüdinnen. — Einer auf dem Hemde knien, sie ficken.
Russisches Hemd, als Kleidungsstück. Das in Deutschland übliche „Hemd“ der Bauern, Fuhrleute und Arbeiter in dem Sinne von Kittel (vgl. Grimms Wtb. Sp. 980. 1) war hier bis vor Kurzem unbekannt; wir hatten dieselbe Sitte nur bei den gemeinen Russen vor Augen, welche das Hemd über den Hosen tragen. Ein blau cattunenes russ. Hemd, 172. 1778. 369. — Neuerdings trugen auch Damen ein russisches Hemd, d. h. Spenzer oder Bluse, vgl. Hemdchen.

Gutzeit 1887a, 74
Russisches Hemd, Knabenkittel, von der Sitte, die von den Russen niederen Standes noch festgehalten wird, das Hemd über den Hosen zu tragen, 390c. 128. In Riga gewönlicher: russisches Hemdchen.

Kobolt 1990, 125
Hemd n, pl Hemde.
Siev. Himmed, pl Himme Hemd.

Herr der

QUELLEN

Sallmann 1880, 54, 55, 122
Herr. die Herren - die landischen Gutsbesitzer.
Herr bezeichnet mit Wahrung seiner urspr. Bedeutung besonders den Haus- und Gutsherrn, ebenso Frau die Herrin, denn es gibt keine Bauerfrau.
die Herren als Bezeichnung für die adlichen Gutsbesitzer.

Gutzeit 1889a, 8
Herr. Grimms Wtb. schweigt von lat. herus und griech ήρος, lat heros. Walafrid Strabo, Zeitgenosse Karls d. Gr., erklärt in s. Werke: de ecclesiasticarum rerum exordiis et incrementis die Art, wie griech. und lat Wörter in die deutsche Sprache drangen, wie z. B. Kirche von κύριος, Herr von heros, Kelch von κύλιξ u. s. w. — Sllllmann (in 390c. 54, 55. und 122) bemerkt, dass Herr sich auf den Haus- u. Gutsherrn beziehe, die Herren insbesondere die adelichen Gutsbesitzer bezeichne.

Gutzeit 1889b, 515f.
Herr. Tielemann in 349. VI. 1 sagt: wenn in alten Handschriften, wo von Bürgern die Rede ist, bei Namen der Beisatz Herr ist, so sind es Mitglieder des Raths, da dieser Titel nur den Mitgliedern des Raths ertheilt wurde. Wann nach dem Willen Gottes ein Herr stirbet, 349. V. J. 1616; daß wir (der Rat) bei der Wahl des Diedrich Zimmermann zum Herrn des Raths dasjenige beobachtet haben, 349. VIII. 2, d. h. zum Ratsherrn; die Herren von Rige, 174. 1834. 81 aus d. J. 1456. vgl. Grimms Wb. 3c.
Der Herr von Ösel, von Kurland, oft statt Bischof in 369a. vgl. Grimms Wtb. 3c. Ebenso; der Herr von Riga, ehemals: der Erzbischof. Unses Heren van Rige sinen schrineren. In einer rig. Urk. v. 1468.
Ein selbst Herr. Diese Zetteln sollen sie mechtigen vor dem Richter, und ein selbst Herr darf sich nicht mächtigen lassen, 194. R. R. d. J. E. 169. — In and. Bed. wol die Sulfheren des alten Riga: Meister, selbständiger Handwerker. vgl. 347. I. 2. 161.

Hilfsgehorch

QUELLEN

Sallmann 1880, 54
Hilfsgehorch (Gehilfshorch) außerordentliche Gehorchsleistung in der Saat- undErntezeit, ...

Gutzeit 1889b, 524
Hilfsgehorch. Nach 147 Gehorch, welcher nur zu gewissen Zeiten im Jahre beim Zusammentreffen mehrer landwirtschaftlicher Beschäftigungen, die durch den ordinären Gehorch nicht bestritten werden können, geleistet wird; nach 154. I. 163: unbestimmte Dienste der Bauern, welche sie vom Haken zu leisten hatten, u. zwar für 27 Thl. 54 gr., dagegen Gehorch für 36 Thl. 72 gr. In 416. 42 heißt es: die Fronarbeit ist je nach der Zeit ihrer Leistung 1) ordinärer Gehorch; 2) Hilfsgehorch, d. h. Fuß- od. Pferdearbeitstage, welche nach Bedarf nur zu gewissen Zeiten od. einzelnen Arbeiten gefordert werden dürfen.

Hinder das/die

QUELLEN

Gutzeit 1889b, 526
Hinder, die und das, Hinderniss. Allerlei Zwang, Hinder und Gefahr, 1; zum Hinder- und Aufhaltung in seinem Rechte, 3; sonder Hinder, 193. II. 717, ebenso in der Bestätigungsurk. Peter d. Gr. v. 1710. Keine Hinder oder Vorfang zuzufügen, 196. I. 148. J. 1650. In unseren alten Schriften sehr gew.
Grimms Wtb. führt nur eine Belegstelle an und fragt, ob männlich oder weiblichen Geschlechts?

Hobel
‣ Varianten: Hubel

QUELLEN

Petri 1802, 87
Hubel statt hobel

Sallmann 1880, 47
Hubel Hobel, nd. hövel, weist in die Wetterau.

Gutzeit 1889b, 530, 547
Hobel und hobeln in der gewönlichen Sprache ungebräuchlich, und dafür Hubel und hubeln. Grimms Wtb. gibt an, dass Hobel und hobeln jetzt in der Schrift allein gilt und auch selbst mundartlich die herrschende Form ist. Man hat: Rauh-, Bank-, Schlicht-, Schrubb-, Doppel-, Gesims-, Fensterramen-, Füllungs-, Nutz-, Spunthobeln, Fughubeln u. a.
Gehobelter Kohl, auf einer Kohlhubel geschärfter.
Hubel und hubeln, im gewönl. Leben allein üblich f. Hobel und hobeln. Ebenso in Kurland und in Estland, wie Sallmann in 390a. 21 bezeugt, hinzufügend: auch in der Wetterau! — Nach Grimms Wtb. ist Hubel eine mitteldeutsche Form, die noch im 17. Jahrh. schlesisch ist. Sie ist aber noch heute in Kur-, Liv- und Estland die gewönliche!

Gutzeit 1894, 18
In Grimms Wtb. ist die slawische Verwandtschaft nicht berücksichtigt: skoblь radula, russ. скобель, poln. skobel Hobel, скоблить hobeln. Miklosich vermutet eine Wurzel schaben, got. skaban, lat. scabere, gr. σχάπτειν.

Seemann von Jesersky 1913, 127
Hubel, Hobel.

Hoge
‣ Varianten: Höge

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 14
Hoge u. Höge. Dazu stimmt altruss. гой Freude, serb. goj gaudium u. altruss. гоить leben, gesund sein. vgl. franz. joie; villeicht auch der altruss. Ausruf гой in der Wendung: гой еси od. гой вы еси als Worte einer Anrede, mit denen Wladimir d. Gr. die angekommenen unbekannten Gaste empfangen haben soll. vgl. Ssolowiew, russ. Geschichte, I. 243. Dies гой entspricht dem altd. hei.

Gutzeit 1889b, 539
Höge oder Hoge, der. Zuerst in der Kreyge'schen Urk. v. 1390. Art. 24: de vrowen scolen maken sik Godes hogen. Bunge in 399. IV. 928 erklärt Behagen, Vergnügen, Genuss. Der einen Gast hat, der pflege ihn und trinke ihm einen Vollen zu, und mache ihm einen (guten) Högen, damit seid alle gutes Högen (oder Högens), 349. IV. 1. Von d. Herausg. erklärt: „guten Mutes, das nd. hagen = Mut.“ — Der Högen oder Schmauß, 215. 201. — Häge, nach dem brem. Wtb., Schmaus, Gasterei der Zünfte und Handwerke; und daselbst bemerkt, dass Einige lieber Höge schreiben. Schiller-Lübben's mnd. Wtb. erklärt hoge mit Sinn, Geist (?), bes. erhöhte Stimmung, in der Verb. gudes (guden) hogen sic maken oder sin. sich erfreuen, frölich sein. — Das Wort stimmt mit ital. gioja, Freude, Glück.

Gutzeit 1894, 18
Hoge, Höge. s. Wörterschatz. Hinzuweisen ist, außer auf ital. gioja, auf cz. hoj Ueberfluß, sl. goj Frieden, russ. гоить leben, gesund sein, гойка kleiner Schmaus, гой heißa, juchhe, — endlich auf unser Hoi — Rausch.

Hohn
‣ Varianten: Hon

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 16
Hon und hönen. Grimms Wtb. sagt, dass die Beziehungen von Hohn zu Wörtern der urverwandten Sprache(n?) noch nicht klar sind und nur zweifelnd (zweifelhaft?) griech. ξύειν reiben, abschaben, fratzen, zerstampfen herangezogen werden können. - Nahe liegt gr. φδόνος Neid, Tadel aus Neid, Verkleinerung u. φδόνειν neiden, beneiden, φδονήτιχος neid- oder tadelsüchtig; auch cz. haniti tadeln, poln. ganić, kleinr. hanyty; entfernter russ. гнать (гонять) hetzen, verfolgen, drücken u.ä. bedrücken; hönen wäre ein Verfolgen mit Worten, Vorwürfen u.ä. Auch asl. huliti, russ. хулить tadeln, lästern, schmähen; lett. kauns Schande, Schmach, kauneht beschämen - da Hon in der ursprünglicheren Bed. Schmach, Schande bezeichnet - goth. haunjan erniedrigen, ahd. honjan.

Name Hölle
‣ Varianten: Hälle

QUELLEN

Gutzeit 1889b, 479, 541
Hälle, die, st. Hölle. So hieß ein Haus od. Bude bei der ehemaligen Neupforte Rigas. Bei der Neupforte, in der sog. Hülle, 172. 1803. 190. vgl. Hölle.
Hölle, hieß Ende vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts ein altes dunkles Haus in Riga unmittelbar bei der jetzigen Neuausfahrt linker Hand. Bei dem Neubau des Hauses Pol. № 28, Adreß-№ 31 der gr. Neustraße abgerissen. Zeitweilig befand sich dort eine Verlaufs- und Erkundigungsstelle. Daher: Näheres erfährt man in der Helle bei N. N. s. Hälle.

Jahreskind das

QUELLEN

Gutzeit 1894, 19
Jareskind, ein Jar altes Kind. Wie oft sieht man bei Jahreskindern Calomel oder Chinin zu ¼ gr. zweistündlich verschreiben, 372. II . 392.

jauchzen

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 22
jauchzen und juchzen. In Grimms Wtb. vergessen anzufüren die ähnlichen gr. Lautworte ίάχειν und ίύζειν.

Name Johannesdamm
‣ Varianten: Johannisdamm

QUELLEN

Gutzeit 1877, 564
Johannesdamm, seltener Johannisdamm, oft gekürzt zu Johannsdamm, eigentlich und im engeren Sinne: die jetzt sog. große Moskauer Straße in Riga, entsprechend dem früher üblichen Hinzensdamm, von der Stadt bis zur Johannes- (Elisabeth-) Pforte reichend. Das allhier — an der Karlsstraße — zur linken Hand des Johannis-Damnmes belegene Wohnhaus, rig. Ztg. 1866. 164. — Später und gegenwärtig im weiteren Sinn: die gesammte Moskauer Vorstadt Rigas, nicht blos der Theil in der Nachbarschaft der gr. Moskauer Straße. Indem nämlich anfangs vorzugsweise die Gegend der gr. Moskauer Straße behäusert und besidelt wurde, erhielt diese Gegend den Namen Johannesdämm; die Benennung dieses Theils wurde auf die ganze Vorstadt ausgedehnt. Auf Johannesdamm wohnen, d. h. in der Moskauer Vorstadt. Der Johannesdamm — die Moskauer Vorstadt —galt lange Zeit für eine verrufene Gegend wegen „dort häufiger Dieb-, Mord- und andrer Übelthaten. Dieser üble Ruf hat sich auch heute nicht ganz verloren. — Der Ausdruck Johannesdamm verschwindet jetzt.

Schiller 1951, 19
So hiess früher die Grosse Moskauer Strasse. (Riga)

Name Johannispforte

QUELLEN

Gutzeit 1889b, 565
Johánnispforte 1) ehemals ein Thor der alten Stadtmauer Rigas, entweder an der jetzigen Ausgangsstelle des Polizci-Kasernenhofes oder der Johannesstraße zur Schmiedestraße hin. Bei der Johnnnispforte, 350. XXV. 5. — 2) in der Moskauer Vorstadt Rigas, an der Einmündungsstelle der Karlsstraße in die gr. Moskauer. Hier war die Grenze der ehemaligen Moskauer Vorstadt. Unter dem landvogteilichen Gericht stehen die zwei Stadtspfortenoffiziere bei der vorstädtischen Zinnens- und Johannispforte, 350. XIV. 2. In einem Kaufvertrag von 1740: Johanns Thor. — 3) bei der späteren Erweiterung der Vorstädte entstand ein neues Thor, welches zu Ehren der Kaiserin Elisabeth, Gemalin Alexanders 1., Elisabethpforte genannt wurde, im gewönlichen Leben aber meist Johannespforte heißt.

Kaiser

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 25
Grimms Wtb. sagt, dass den deutschen (germanischen) Ausdrücken mit K die alte latein. Aussprache zu Grunde liegt. Das ist z.B. für altn. keysari ganz fraglich, da dies offenbar im gr. χαϊσαρ seine Quelle hat. Das altn. Sisari zeigt ein S und ein i, welch letzteres nur im böhm. cisař begegnet. Woher hat das altn. Sisari sein i? Soll es sein S dem slaw. bolg. Ц(есарь)verdanken? Und daher auch Sisari gard gar nur eine Wiedergabe von цесарь градъ sein?

Name Kaiserlicher Garten

QUELLEN

Gutzeit 1874, 6
Kaiserlicher Garten bei Riga. Im vorigen Jahrh. unterschied man, wie Bernouillis Reisen (vgl. 182. 1. 217) darthun, den äußerlichen kaiserlichen Garten von dem vorderen. Jener war der später sog. erste kaiserliche Garten, die Anlage Peter d. Gr. auf der Alexanderschanze oder beim jetzigen Alexandershöhe; dieser der früher sog. zweite kaiserliche Garten, der jetzt schlechtweg sog. kaiserliche Garten oder Stadtgarten. - Nach 182. I. 217 legte Peter d. Gr. „auf Aleranderschanz einen Lustgarten und ein steinernes Haus an.“

Gutzeit 1898, 16
kaiserlicher Garten in Riga (vgl. II. 6.), ging im J. 1842 aus der Verwaltung der Krone auf die Stadt über und erhielt nun die Benennung Stadtgarten, welche, ebenso wie die frühere — Petersholmscher Garten — nicht mehr üblich ist. Die Ertraglosigkeit einerseits, die mancherlei Unkosten andrerseits, welche die Instandhaltung von Garten und Gebäuden in Anspruch nahm, veranlaßten, 1867 an den Generalgouverneur die Bitte zu richten, auf seinen Sommersitz daselbst zu verzichten gegen eine Entschädigun gvon 500 Rbl. Nachdem diese Bitte gewärt worden, wurde der Kaiserliche Garten 1868 in Pacht vergeben, vgl. 174. 1868. 146/147. Der Grund, auf dem der Kaiserliche Garten sich befindet, ist weniger der ehemalige Fossenholm, als Gustavsholm. Vereinigt fürten beide längere Zeit hindurch den Namen Petersholm. Im vorigen Jahrhundert unterschied man den „äußerlichen“ oder „ersten“ Kaiserlichen Garten von dem „vorderen“ oder „zweiten“. Jener wurde, auf Anordnung Peters des Großen, auf der Alexanderschanze angelegt, auf dem Grunde der jetzigen Alerandershöhschen Wohlthätigkeitsanstalten. Verschiedene Bäume dieser Anlage mögen sich bis heute erhalten haben. Der Namen: „erster“ Kaiserlicher Garten erhielt sich bis in die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts. Der „zweite“ Kaiserliche Garten ist der gegenwärtige, vgl. 182. I. 217. Sollten, wie es heißt, die Linden der zwei schönen Baumgänge bereits im Jahre 1711 oder 1712 aus Holland verschrieben sein, so wird sich wohl der Plan zur Anlage des Gartens und die erste Bepflanzung wahrscheinlicher dem Jahre 1711 oder 1712, als dem Jahre 1721 zuschreiben lassen. Da Peter der Große im Jahre 1721 in Riga weilte, von Mitte März bis zum 24. Mai, so ist es immerhin möglich, daß seine Hand die Ulme gepflanzt hat. Doch läßt sich dies durch die Inschrift auf den am Baume befindlichen zwei Blechtafeln nicht genügend bewahrheiten und eine diesbezügliche Archivnachricht scheint zu felen. Daß aber der Baum im Hochsommer, am 26. Juni, gepflanzt sein sollte, entbert zum wenigsten der Wahrscheinlichkeit. Das jüngere Gehölz zwischen den Hauptalleen, oder genauer zwischen der Industriestraße und der Farstraße am Katharinendamm, wurde zum größten Theil um 1820 nach Willen des Marquis Paulucci angepflanzt, welcher seinem Sommersitz, zu dem die ganze Gesellschaft Rigas sich hingezogen fühlte, alle nur denkbare Sorge, alle nur mögliche Verschönerung angedeihen ließ.

kalatzen

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 25
kalatschen od. kalatzen, prügeln, wird in Grimms. Wtb. unrichtig mit russ. kalatitj zusammengebracht; denn russ. heißt das Wort колотить; ebenso unrichtig mit kolatzen bewirten (?). Denn wo heißt kolatzen bewirten? Das Vorkommen des Worts in Meißen und Thüringen deutet auf slaw. Ursprung; übereinstimmend auch gr. χολάζειν züchtigen.

Kalkun
‣ Varianten: Calkaune, Kalekunen, Kalkaun, Kalkuhn, Kalkuun

QUELLEN

Lindner 1762, 224
Calcaunen, draussen Truthähne, calecutische Hähne vom Lande, wo sie herkommen, ist hier eine Art von Zusammenziehung. In Preussen Kurren, von dem polnischen Kur ein Hahn, s. Bocks Idiot. Pruss. S. 20. und dem Sklavonischen Kuritz ein Huhn.

Fischer 1753 , 607ff.
Die Kalkunen, oder Truthüner, sind undianische Hüner.

Bergmann 1785, 34
Kalkun s. Kalekutischer Hahn, wälscher Hahn. Die Kalekuten, Basedow.

Hupel 1795a, 104
Kalkun, der und die, hört man durchgängig st. kalekutscher- oder wälscher Hahn und - - Henne.

Hupel 1796, I 178, 184, 185
die kleinen Kalkunen
die jungen Kalkunen, für jeden jungen Kalkun
Kalkun hält und verkauft der Bauer mer als... ?

Gutzeit 1874, 8
Kalekunen, in 190. 92. st. Kalkunen

Gutzeit 1874, 8
Kalkaun, s. Kalkun.

Gutzeit 1874, 8
Kalkun, der, zuweilen auch das, gespr. Kall-kuhn, durchgängig st. wälscher Hahn. Eine Benennung, die wir nicht dem Russischen entnommen haben, da die russ. Sprache dafür: Indischer Hahn hat, sondern dem holländischen kalkoen. Das brem. Wörterbuch und nach demselben Sallmann (390. 16), bemerken unrichtig: Kalkun, zusammengezogen aus Kalkuten. Die Benennung kalekutischer Hahn wird auf Calcuta zurückgeführt. Weshalb aber denn kalekuttisch und nicht kalkuttisch? Zu dem ist das Vaterland Amerika. Der Name bildet vermutlich das gurgelnde Kullern ab, das wie kallekutt klingt. In derselben Weise wie der Kuckuck nach seinem Ruf Kuckuck heißt, ebenso heißt der Kalkun auch einfach Kalekut und Kalekuter ebenso wie Puter nach dem Rufe derselben Vögel: Putt. Schon Gubert (328) hat: von den Kalkunen, S. 182; in 353 findet sich: der Kalkuhn. In einer rig. Gastereiordnung v. 1671: Kalkaun. vgl. 174. 1844. —In 172. 1794. 303 Kalkuhnen, ebenda 312: Kallkuhnen.
Nach Hupel soll der Kalkun den Hahn, die Kalkun die Henne vom Kalkun bezeichnen. In Riga spricht man wenigstens jetzt der Kalkun für den Hahn, Kalkunhenne für das Weibchen; 353 hat für Kalkunhenne: kalkunische Henne; 328: Kalkunen-Henne. Das in Hueck (190) vorkommende Kalekunen ist in Lettland wol kaum gebräuchlich. Ganz ungebränchlich ist Kalekut, Kalekuter, kalekutscher Hahn und Puter.
Als Schimpfwort für eine klotzige, plumpe, dumme Person nicht selten: Der Kalkun für Männer, das Kalkun für Weiber.

Mitauisches Kochbuch 1876, VII
der Kalkun Truthahn, die Truthenne

Sallmann 1880, 33
Kalkun - viel zum Namen, aber wohl nicht richtig.

Gutzeit 1889a, 26
Kalkun. Grimms Wtb. und ebenso Sallmann (390 c. 33) denken an Kalkutta. Die ersten Kalkunen wurden aber nach Europa gebracht aus Kalicut oder Kalekut, an der ostindischen Westküste, demjenigen Orte, wo 1498 Vasco de Gama landete, nachdem er den Weg um Afrika aufgefunden hatte. Daher richtig kalekutscher Hahn; unrichtig kalkuttscher Hahn, weil angeblich über Kalkutta zu uns gelangt. Sallmann (390 c. 33) stellt als möglich auf, dass aus d. lat. Benennung gallina guttala. kalkunsken (han), kalkutschhan, kalekutischer Han entstanden sei, nl. kalkoen, ostfries. kalkun, dän. kalkun, schwed. kalkon. Das scheint doch sehr gewaltsam mit dem Worte verfaren. Wir haben das Wort aus dem niederdeutschen kalkoen, kalkûn, schwed. kalkon, dän. kalkun. Das russ. калкунъ gilt hauptsächlich nur in den Ostseeprovinzen und ist dem Deutschen entlehnt; die eigentliche Benennung ist индейка. — Das Wort Kalkun begegnet bei uns schon im 17. Jahrhundert; so z. B. im Küchenzettel d. rig. gr. Gilde v. 1671: Kallkuen. Auch heute wird gesprochen: Kallkun. Noch früher auch Calekun. So in einem rig. Küchenzettel v. 1665: Calekunen-Braten, 174. 1811. 78. Ebenda: 3 Calekutische Hühner.

Gutzeit 1894, 19
Kalkun, der und das. Nach der gewönlichen Anname wurden die ersten Truthüner durch Spanier aus Florida im J. 1524 nach Europa gebracht; nach einer anderen lernte man sie durch Vasco de Gama kennen, welcher im J. 1498 an der Ostküste Vorderindiens bei Calicut oder Calecut gelandet war. Hiernach sind sie Calecuten oder Kalekutsche Hüner genannt, vgl. 174. 1892. 277. s. Wörterschatz und Nachträge v. 1869.
Benennung eines groben Geschützes. In 174. 1893. 115. J. 1624 werden als Arkeley aufgefürt: Sturmstücke, Jewer Möhser und Kalckunen. Vermutlich falsch gelesen st. Kartunen, Kartaunen.

Eckhardt 1896, 30
Kalkún - Truthahn. nd., nur Preußen und Baltikum

Haus und Herd 1901, 504
Kalkuhn, das

Masing 1926b, 44
Kalkūn 'Truthahn' (mnd. kalkunsche hân; ndl. kalkoen, kalkoensche hen; Frischbier I, S. 329).
ebd. 8. auch opr.

Vegesack 1935, 43
das Kalkhuhn Truthüner

Kiparsky 1936
[Baltogermanica]

Grosberg 1942, 50, 279, 317
das Kalkuhn (Pl. Kalkuhnen) - Truthahn.
Kollernde Kalkuhnen marschieren neben watschelnden Gänsen
(hier als Scheltwort gebraucht): Du Kalkuhn, schreit Waggar Stabulit, hau nicht so stark zu, du reißt ja die Faser kaputt.

Graf 1958, 10
Für die Pute und den Puter ist die Bezeichnung Kalkun gebräuchlich, die auch in Ostpreußen, Dänemark und Schweden heimisch ist. Dieser „Hahn aus Kalkutta“ tritt uns in nordeutschen Mundarten (Holstein) auch als Kalekut entgegen.

Flügge-Kroenberg 1971, 30
Kalkuun - Truthahn

Nottbeck 1987, 39
Kalkuhn (swe.) - Pute / E.K.L.R.
Sie ist dumm wie ein Kalkuhn.

Kobolt 1990, 138
Kalkuhn (mit betonter Endsilbe) n Pute(r)
mnd. kalkunsche hân; plattd. Kalkun(t) Truthahn (eigentlich Kalkutta-Hahn); Kuhnhahn Truthahn, Kuhnenei Truthennen-Ei; Br.Wb. Kalkuun welsch Hahn, Kalkuune Hoon, Kalkuunsten Haan; pomm. Kuun; schwed. Kalkon (gesprochen: Kalkun) Pute(r); schl. Kalkuun Puter; pr. Kalkun Truthahn; nhd. (selten) Kuhne Pute, Kuhnhahn Puter.


QUELLEN (Informanten)
Lange, Harald: Riga, Südlivland
Kalkuhn od. Kalkhuhn ? - Pute
Auch häufig als Schimpfwort, Scheltwort gebraucht. „Du bist aber ein ausgewachsenes Kalkuhn?“
Oder: wenn jemand sagte: das habe ich mir gleich gedacht, antwortete man häufig „ein Kalkuhn denkt auch“.

Kerkovius, Martha: Riga; Vietinghoff-Scheel, Robert von: Groß-Jungfernhof Kreis Riga
Kalkuhn, das - Pute

Hoffmann, Gjert: Reval
Kalkuhn - Pute. Kalkuhn ist wohl zusammengezogen aus Kalkoehnsche Henn = Kalkuttischer Hahn = Hahn aus Kalkutta, dieser Vogel stammt doch aus Indien. Estland.

Kastenherrschaft die

QUELLEN

Gutzeit 1874, 20
Kastenherrschaft, die. Die dazu bestellten Personen in Riga, heißt es in 350. XIV. 2, sind ein Bürgermeister, ein Ratsherr und 10 Beisitzer aus der Bürgerschaft gr. und kl. Gilde; sie bilden das ordinäre Cassacollegium. Zu besonderen Beratungen wird die Zal der Mitglieder verdoppelt und es entsteht das sog. extraordinäre Stadtscassacollegium. Sodann: das Amt des Kastenherrn. Der Ratsherr N. hat die Kastenherrschaft. Die Ober-Waisen- und die Kastenherrschaft, 174. 1824. 368.

Kastenschreiber der

QUELLEN

Gutzeit 1874, 20
Kastenschreiber. In Grimms Wtb. nach Adelung. Ein weit älterer Beleg ist in 194. Nyst. 94 zu finden: Der Kastenschreiber, d. i. Schreiber bei der Stadtkasse. War ein Ältester gr. Gilde.

Kastorhut der

QUELLEN

Kobolt 1990, 142
Kastorhut, mit betonter zweiter Silbe, Zylinderhut.
nhd. Kastorhut seit 1790, der hohe Hut aus Biberpelz, etwa 1830 durch den Zylinderhut abgelöst (Gr. Brockhaus).

Kaus die
‣ Varianten: Kauß, Kaussen

QUELLEN

Lindner 1762, 229
Kaus - Kaussen, ein holländisch Wort, draussen Schaalen, oder gewölbtere Schüsseln.

Bergmann 1785, 35
Kaus, Schüssel oder Napf.

Hupel 1795a, 107
Kaus, der (Ehstn. und Lett.) st. Schale, Napf, kleine Schüssel, pöb.

Gutzeit 1874, 24f.
Kaus oder Kauß, der, und häufiger: Kaußchen oder Kauschen, das, 1) Kannchen, Krüschen, lett. Kauss, 411. In der Kleinerungsgestalt begegnet es vielleicht am Frühesten, und zwar im Denkelbok des rig. Rats unter dem J. 1456: beslagen kouseken, nach der Erklärung Napiersky's: Kaus-chen, Napf. vgl. 196. XI. 1. 171. — Bei Stender: lett. Kausis, Napf, Krüßgen; bei Bergmann: Kaus, Schüssel oder Napf; bei Hupel: der Kaus, Schale, Napf, kleine Schüssel; bei Ullmann (411): Schale, Napf, Schüssel, Becken, Kochlöffel. Diese verschiedenen Bed. mangeln unserm Kauß und die seit wenigstens 50 J. in Riga allein übliche des jetzt etwas veraltenden Wortes ist' einzig und allein: kannenähnliches, etwas bauchiges Krüschen mit kleinem Schnauzchen, aus Steingut, nie aus Holz!
Eine ältere, jetzt ganz verschwundene Bed. ist 2) Becher, Trinkgefäß. In 195. Rüssow heißt es: de groten holtenbekers de man de caussen nomet. Dazu bemerkt der Herausgeber: „Causse, große hölzerne Trinkgeschirre. Provinziell ist noch der Kaus und das Kauschen, Napf, Schale, lett. Kausis und Kausinsch, estn. Kaus.“ Große hölzerne Becher, welche man Kaußen nannte und so groß waren, daß man hätte Kinder darin baden können; diese Kaußen, nebst anderen Trinkgeschirren, ließ man auf den Gelagen ohne Unterlaß herumgehen, Thiel (220. 95) nach Rüssow. Auch liegt da ein ganz Theil gelbe hölzerne Kaußen (holten kauwschen), 406. J. 1582. —Diese Kauße waren indessen nicht blos von Holz. Ein klein Kalte Schal Kauß von Zinn, 349. XXIV. 1. J. 1673/4; ein zinnern Kauß, 349. XXV. 1. J. 1669/70; ein silberne kalte Schal Kauß, 349. XXIV. 2; ein alter Kauß, ebenda; silberne Kauschen, 195. Henning, Chr. 270. In Kelch (215. 204): Kausen, große hölzerne Becher, nach einer Randbemerkung daselbst: „ein russisch-slavonisches Wort.“ Lindner (320) sagt: Kaussen, ein holländisch Wort, auswärts Schalen oder gewölbtere Schüsseln.
Das Grimmsche Wtb. hat: „Die Kausche, deutsch- littauisch: hölzerne Kanne; ein im nd. verbreitetes Wort u. s. w.“ Kausche ist hier wol unbekannt. Doch findet sich in 195. Henning wenigstens geschrieben: Kauschen; ebenso in 174. 1816. 118 (J. 1607): zwei Kauschen.
In den Abendungen: Kaußes, Kauße, Vz. Kauße und (unrichtig) Kaußen. Zwei silberne Kaußen, 349. XXIV. 2.
Zur Herleitung des Wortes vgl. man zu dem Worte Kaus die Wörter Kraus u. Krause (Krus, Krug); das altgriech. κώδων u. κρω..οζ, das franz. casse, Schöpfnapf, Schaumlöffel, estn. Käsik u. Kassik, München, Schöpfgefäß, russ. kovsch, wie nd. Kausse, hölzerner Schöpflöffel und im älteren nd. Kowse, Schale, russ. kuvschín, Krug. Das Wort mögte daher weder blos ein lett. oder estn. sein, wie Hupel annahm, noch ein blos russisches od. slavonisch-littauisches. vgl. Schmandkauschen, Milchkauschen, Spuckkaus.

Sallmann 1880, 19
Kause, f. Schale, Napf, Schüßel (kaus), auch Kaus, m., Kauschen, n., lett. kausts, kausinsch, bei Chytr. kowseken.

Westermann 1887, 388
Kause 'Schüssel' a.d.Estn.

Gutzeit 1889a, 31
Kauß, der u. Kaußchen, das Grimms Wtb. fürt Kausche, die, als deutsch-litauisch auf. Als solches kann Kausche ebensowenig gelten, wie das preuß. Kaußel, da beide genaue Wiedergaben der litauischen Ausdrücke sind: kauszas und kauszèlé. Aber auch unser Kauß u. Kaußchen konnte als nicht deutschen Ursprungs, sondern als dem Lettischen entnommen erscheinen, da Kauß u. Kaußchen im eigentlichen Deutsch felen und im Lettischen als kauss u kausinsch vertreten sind. Doch begegnen Kauß Kausse u. Kauselen (Kauschen) auch im Niederdeutschen, Verdacht erregen konnten die nd Gestaltungen kouwese, kouwesche u. kowse, welche dem russ. kowsch ganz entsprechen, doch finden sie sich im ahd. kafsa, kleiner Kasten od Körbchen wieder. Die Abstammung des zu Kauße u nd. kouwese, kowse gestellten russ. Wortes kowsch (Schöpfkelle, Schöpfeimer, Trinkgeschirr. Kasten für Korn) betreffend, welches sich nur noch im Klein- und Weißrussischen in derselben Lautung, im Polnischen als kausz, kusz, u kauszyk. vorfindet, so bemerkt Mlklosich (etymol. Wtb.), dass das nd. kowse den angefürten Wörtern zu Grunde liegen mag. Die früher aufgestellte Behauptung (vgl. Wörterschatz), Kauß sei ein russisch-slawonisches Wort, kann daher fallen gelassen werden, um so mehr, da das Wort, außer im Russischen, Litauischen, Lettischen u Estnischen, auch im holländischen (was schon Lindner hervorhob: ein holländisches Wort), im Nordischen u. in der Schweiz begegnet u sich bis nach Asien verfolgen lässt. Zu berücksichtigen ist wol noch das bisher übersehene russ. каузъ Stauwasser, Stauung, (durch Abstauung des Flusses gebildeter) Wasserbehälter, es stimmt mit unserem Kaus oder Kauß in derselben Weise wie russ. ковшъ mit nd. kovse, kouwese, konwesche. Es ist hervorzuheben, dass Kauß u. Kause in dem geschärften u. ungeschärften s sich ebenso verhalten wie in hd. Krausz u. Krausefür unser Krus (Krug); und dass hinsichtlich des in Krauß-Krause vorhandenen, in Kauß u. Kause felenden r sich diese Wörter wie gr. κώδων und κρω.. (κρώσσιον) verhalten, selbst wie franz. cruche zu casse.

Seemann von Jesersky 1913, 133
Kauss 'Napf'

Masing 1926b, 20
Kaus 'Schale', mnd. kow(e)se › estn. kaus › vlg. bd.

Sehwers 1936, 272
Kaus - Zum Schöpfen bediente sich der Lette von altersher des aus Holz verfertigten Schöpflöffels, der lett. kaûss heißt. Der Stoßton beweist, daß kaûss nicht entlehnt ist, vgl. das urverwandte lit. káušas '...', dagegen nd. kausse 'hölzerner Schöpflöffel für Wasser' stammt aus dem Baltischen. Kaûss diente des Letten auch als ein Trinkgefäß.


QUELLEN (Informanten)

die Kaus 'Schüssel zum Spülen', auch Spülkaus. 2x im estn. Spr. belegt.

kicksen
‣ Varianten: kiksen

Eier kicksen

QUELLEN

Gutzeit 1874, 30
kicksen, 1) zl., das Knie kickste mir jedes Mal, wenn ich —, d. h. trat leicht aus seinen Verbindungen. Ich fühlte ein schmerzhaftes Kicksen im Knie. 2) zh., Ich habe mir das Knie gekickst, einen Kicks erhalten.
Kicksen, kacksen in kleiner Menge. Die Sperlinge haben vor dem Fenster gekickst, haben den Tisch bekicks't.

Sallmann 1880, 68
kiksen im. Knie einknicken; die Eier gegen einander stoßen, wie es besonders zu Ostern geschieht; das Kind, dessen Ei dabei heil geblieben ist, gewinnt das des anderen. Die Ableitung des Worts in der letzteren Bedeutung führt auf nd. kiken sehen, dessen Verstärkungsformen kiksen, Kiks, beim Billardspiel üblich, dort gleichfalls den Fehlstoß bezeichnen, der durch Versehen herbeigeführt ist, denn nd. verkiken sich versehen. Damit stammverwandt ist auch das in Gr. W. angeführte kiken stechen, woher das kiks! bei dem neckischen Kitzeln kleiner Kinder.

Gutzeit 1889a, 33
kicksen. Sallmann (390c. 68) hatdafür kiksen, er bringt letzteres Mit kikensehen zusammen, sehr unwahrcheinlich! s. kiksen.
kiksen, die Eier gegen einander stoßen, wie es zu Ostern geschieht; das Kind, dessen Ei heil geblieben, gewinnt das des anderen, 390c. 68. Sallmann denkt an kiken sehen, was sehr unwahrscheinlich ist.

Seemann von Jesersky 1913, 134
Eier kicksen: auf einander schlagen.

Vegesack 1935, 84
Eier kicksen

Sass 1963, 13
So begnügten sich die Rodenhöfschen fürderhin wieder mit Eierkullern und Kiksen und mit den bewährten, unverfänglichen baltischen Osterunterhaltungen.

Kentmann 1978, 147
kicksen - Eifrig wurden Eier „gekickst“, das heißt Spitze gegen Spitze gestoßen [zu Ostern].

Nottbeck 1987, 42
kiksen - gegeneinanderstoßen mit Ostereiern / E.K.L.R.
Spitze auf Spitze und stumpf auf stumpf. Das heile Ei ist Sieger.

Kobolt 1990, 144
kicksen, ticksen schw. V. Im Osterspiel bunte Eier mit den Spitzen aufeinander schlagen, wobei derjenige gewinnt, dessen Eischale heil bleibt.
nhd. kicksen, gicksen stoßen; Kick Stoß: pomm. tikken behende anrühren.


QUELLEN (Informanten)

kicksen 'mit Eiern aneinanderschlagen' (an Ostern) Dorpat, Fellin.

Kirchengericht

QUELLEN

Hupel 1774-1782, 427

BKG 1832, 113f.
in Estland, seit 2. H. 18. Jh. auch Livland in jedem Kirchspiel.

Gutzeit 1874, 35
Kirchengericht. 1) Für kirchliche Vergehen im Kirchspiel gegen die Keuschheit, aber auch bei Schlägereien und Lärmen an Sonntagen. In Livland erst seit der Hälfte des vorigen Jahrh. Kirchengericht, Consistorium, 347. II. 2. 181. Hupel sagt: Kirchengericht, das, wird von den Kirchenvorstehern (in Estland von den Oberkirchenvorstehern) und von dem Prediger, auch oft von letzterem allein, über allerlei Vergehungen, z. B. Ehebruch, Hurerei, Schlägerei an Sonntagen und dgl. gehalten, auch dabei der Schuldige mit gesetzlichen Strafen belegt.
2) In Riga waren deren drei, nämlich bei der Petri-, Dom- und Johanneskirche, d. h. bei den sog. Stadtkirchen. Jedes dieser Gerichte hatte einen Rathsherrn, der als Inspektor der Kirchen das Präsidium führte, und zwei aus der Ältestenbank gr. Gilde erwälte Kirchenvorsteher. Für alle Angelegenheiten dieser Kirchen. 350. XIV. 2. Im Amt-, Wert- und Kirchengericht (Consistorium), 349. IV. 11. J. 1682. vgl. Grimms Wtb.

Gutzeit 1892b, 28
Kirchengericht, nicht im Sinne von Konsistorium, wie Grimms Wtb. erklärt, sondern in der Bedeutung von Kirchenrat, Vorstand oder Verwaltschaft einer Kirche. In Riga sind neuerdings verschiedene Mitteilungen und Auszüge aus den Protokollsammlungen solcher Kirchengerichte veröffentlicht worden, so aus den Domkirchen-, Petrikirchen- und Johanneskirchengerichts- Protokollen. Sie behandeln kirchliche Vorkommnisse verschiedenster Art: Geschichte, bauliche Angelegenheiten, Vergebung von Grabstellen und Kirchenstülen u. s. w.

Kirsei

QUELLEN

Gutzeit 1874, 40
1) ein wollenes Zeug. In einer rig. Schneiderrechnung von 1664 (vgl. 349. XXV. 1) wurde für die drei Wallboten gebraucht: 45 Ellen Rusch Wandt à 15 Gr., 10½ Ellen weiß Kirsey à 6½ Mk., ¾ Elle roth Kirsey à 36 Gr. (zu Aufschlägen). - Auch Karsai, wie nd. karsaai. Im J. 1669 wurde in Riga für 3 Walboten 12¼ Ellen weiß englß Karsey und 1 Elle roth englß Karsey gekauft, 349. XXV. 1. - 2) ein Kleidungsstück. Die rote Kirseien oder englische Futterhemden sollen den Unteutschen verboten sein, Trauerordnung von 1632, vgl. 348 und 174. 1836. 30. vgl. Kirrei.

klagen

QUELLEN

Krüger 1832, 335
klagen 12) Als Seltenheit vermerkte ich noch, daß alte und junge Bausker sagen: er klägt und er klug, ich klug; eine falsche Nachbildung des veralteten frägt, frug. Derselben große Hauptmesse heißt Franciski, nicht -ziszi, weil sie von einem Nominat. Franciskus ausgehen. Auch lieben sie sehr: er möge, wo Andere er mag für richtig halten. Z.B. Warum antwortet Ihr Bruder nicht? Weiß Gott, er möge sich geärgert haben. - Sehr lästig ist ihre Anwendung des überhaupt, statt insbesondere; also gerade im verkehrten Sinne, weil sie vielleicht überhaupt mit hauptsächlich verwechseln. „Das Obst geräth dies Jahr schlecht und überhaupt die Aepfel.“

Gutzeit 1874, 44
klagen. In der 3. Person der gegenwärtigen Zeit oft: klägt, ebenso wie: frägt, jägt. — Klagen auf einen, st. gegen oder über. Wo ein Mann auf einen klaget, 148; klagen, etwas, st. über etwas. Der Kranke klagte Kopfweh, Schmerzen in den Lebergegend. Oft in 372.

Gutzeit 1892b, 28
klagen In Grimms Wtb. nicht auf gr. χλαίειν gewiesen, was wol näher steht als χλάζειν. - Geklagter maßen, 365. 1680, der Klage entsprechend. Oft.

Seemann von Jesersky 1913, 135, 136
klägt klagt
klagen, klug, klagte

Kragge

vgl Knagge

QUELLEN

Bergmann 1785, 40
eine Kragge oder Kaiker, eine Kracke, Mähre, schlechtes Pferd.

Hupel 1795a, 124
Kragge, die (Lett.) heißt ein elendes schlechtes Pferd.

Gutzeit 1874, 83
Kragge, die, schlechtes elendes Pferd. Schon Hupel, der „Kracke“ aus dem Lettischen kraggis entlehnt glaubte. Bei Stender: Kragge, Schindmähr, eine Kragge von Pferd. — In Grimms Wtb. Kracke, im brem. Wörterbuch Krakle. Zu den dort angef. Wörtern fremder Sprachen ist noch anzuführen, russ. Krjasch, kleiner, untergesetzter Mensch (vgl. Grimms Wtb. I. 4. a—c. und II. 3; ferner russ. Skrjaga, Filz, Geizhals, engl. scrag, mager, magrer Mensch.

Sallmann 1880, 35, 44
Kragge Schindmähre, elendes hinfälliges Pferd, nd. kracke.
Kragge Mähre, obgleich nd. kracke;

Seemann von Jesersky 1913, 138
Kragge, o.w. Herm., Joh., Kragg, Gr. Krak, elendes Pferd.

Masing 1926b, 44
Kragge; Kracke (nordbalt.) „schlechtes altes Pferd“ (Schumann, S. 2 "Krack").
ebd. 11: Kragge 'altes abgetriebenes Pferd' opr. + südbalt.

Krähe

‣ Synonyme: Fuchsblüte

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 46
Krähe. Eine K. unter Tauben sein, ferner Gesinnungen wegen nicht in eine Genossen- od. Gesellschaft gehören, in ihr ein Fremder sein.

Gutzeit 1892b, 29
Grimms Wtb. 5 d nennt merkwürdig niederwendisch karwona Krähe und zieht dazu altsl. wrana Krähe. Übereinstimmend ist russ. worona Krähe, und diesem nahe stehend gr. χορώνη.

Boehm 1904, Sp. 101
Verschiedene Bezeichnungen gibt es ferner für den Fuchs. Seine Jugend soll wohl durch die Kosenamen Schnoddernase und Schnoddergurke, Fuchsblüte, auch bloß Gurke oder Blüte angedeutet werden, woneben sich die Abwechslungen „Fuchsschnauze, Schnute" und (neu) Krähe finden.

Masing 1924-1926, 417
12) Krähe (=5) Seit etwa 1900. Das auch ausserhalb studentischer Kreise in allgemeinerer Bedeutung und früher gebräuchliche Schimpfwort „Kräh(e), Kräh' einer!“ scheint ein Übersetzungslehnwort aus dem Russischen „voróna“ zu sein.)
[5 = Fuchsblüte (s. d.)]

Kiparsky 1936, 193
Krähe [krê(ə)] f. 'Schimpfwort: Maulaffe, Gaffer; träger, feiger Mensch' ⁓ r. ворóна id. E.L.K. MASING Schelten 417; fehlt in dieser Bed. bei GRIMM.

Kröckscheit der
‣ Varianten: Krökscheit
et lakaline (vankri osa), lantpoom

QUELLEN

Gutsleff 1732, 305
lakkalissed - die Kröckscheite

Gutzeit 1874, 96
Kröckscheit, am Bauerwagen, Hupel in 444.

Sallmann 1880, 35
Krökscheit am Bauernwagen, wenn abzuleiten von kraken brechen machen; für Krake führt Gr. W. die Nebenform Kroke an.

Krünitz der

QUELLEN

Gutzeit 1894, 23
Kreutzschnadel. Diese Benennung weicht von allen anderen deutschen so sehr ab, dass, wie schon die Zusammenstellung der Buchstaben anzeigt, an eine Entstellung aus einer slawischen gedacht werden muss. Slawisch ist крыжъ Kreuz. Wie sehr überdies Krünitz slawisches Gelaut hat, ist ersichtlich aus dem slaw. Worte kriniza Quelle, russ. криница und креница. Dazu gr. χ...ήνη.

Kule
‣ Varianten: Kulle1

QUELLEN

Gutzeit 1874, 113
Kule, die, Sack. s. Kulle.

Sallmann 1880, 53
Kule Bast- od. Mattensack, in welchem in Rußland das Getraide und Mehl verführt wird, dann auch, da eine Kuh ein Tschetwerk oder drei Lof enthält, eben dieses Maß bezeichnend, aus dem Ruß. herübergenommen, wie es scheint, nicht vor der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Das seinem Stamme nach nicht slavische Wort weist zurück auf lat. culeus, hd. Keul, nl. kuil, altn. kyll Sack, ruß. kulj, lett. kulle, lit. kullys, estn. kuli, arab. djoull, pers. djouvall,gr. κουλεός. In Rußland ein Sack aus Lindenbastmatte für Mehl, Korn, Leinsaat, Salz etc., jener etwa 3¼ Arschin lang, l¾ A. breit, 16 Pfund schwer, diese etwa 10 u. 6 Pf. schwer; auch im Ruß. schon Getraidemaß, und zwar = 1 Tschetwert Roggen von 9 Pud 10 Pfund, = 1 Tschetwert Hafer von 6 Pud 5 Pfund.

Künstler

QUELLEN

Gutzeit 1889a, 53
Künstler niederl. konstenaer, dän. Kunstnar u.s.w. Hieruf ist russ. кустарь kleiner Fabrik- oder Stückarbeiter u. кустарная промышленность (s. Hausfleiß), кустарное изд..лiе zurückzufüren; кустари oder кустарники sind daher Kunstarbeiter, кустарное изд..лiе Kunstarbeit. Diese Ausdrücke bildeten eine gefällige Anlenung an die heimischen кустъ u. кустарь Gebüsch u. Gesträuch u. кустарный Strauch-Gebüsch-, mit denen sie nichts zu schaffen haben. Die кустарники in der bäuerlichen, ländlichen Bevölkerung waren die Künstler unter denselben, u. der größte Theil des bäuerlichen Gewerbes ist den Bauern angelehrt od. angelernt worden, namentlich seit Peter d. Gr. Auch die meisten der sog. Volksheilmittel sind durch die Feldschere erst ins Volk gedrungen, haben sich beim Volke erhalten, nachdem sie in den Krankenhäusern von den Ärzten bereits längst der Vergessenheit übergeben waren. vgl. rig. Ztg. 1883. 238. Beilage.

Küren
‣ Varianten: Kiren

QUELLEN

Hupel 1795a, 113
Kiren hört man oft st. Grimassen, seltsame Geberden.

Gutzeit 1874, 120
Küren. In Grimms Wtb. Kuren, Küren, lustige Einfälle, Possen, Streiche; im brem. Wtb. Küren, wunderliche Einfälle. Kiren, sagt Hupel, der es allein hat — mir ist es nicht begegnet — hört man oft statt Grimassen, seltsame Geberden. Diese Wortgestalt und Bed. wird gestützet durch die in Deutschland vorkommenden: Kiremire, Kirremirre, wunderliches Gebaren. - Von dem nd. Küren kommt nd. kürig, seltsam, wunderlich; von Kuren das schweiz. kurlig und unser kurlos. Zu erinnern ist an russ. kuro- léssitj, Possen treiben, ein Wort, das erst „nach Peter d. Gr. gebräuchlich geworden und entweder eine Zusammensetzung d. franz. cour, Hof (machen) mit russ. Zeitwortsendung lessitj oder essitj in der Bed. von machen, anrichten, oder eine Verschmelzung von cour u. caresser oder selbst courtiser ist. — Auf das deutsche Kuren oder Küren mögte vielleicht auch das franz. curieux in der Bed. von seltsam, sonderbar, unser curios zurückgehen, da diese Bed. von seltsam, sonderbar weder aus dem lat. cura noch aus dem franz. cure zu erklären ist. Sonderbarer Weise findet sich nur diese Bedeutung im deutschen curios wieder, entweder weil hier ein Anklang an das heimische Kuren, Küren stattfand, oder weil sogar das franz. curieux in der Bedeutung von sonderbar, seltsam, deutschen Ursprungs ist.

Lachsschneider der
‣ Varianten: Lächsschneider

QUELLEN

Gutzeit 1882, 129f.
Lachsschneider od. Lächsschneider, Leute welche Lachse ausschnitten oder zerschnitten verkauften, vgl. 174. 1868. S. 81. Sie hatten für die „Ausschneidung“ der Lachse einen Zoll von 6 Gr. das Stück dem Marktvogt zu zalen. Nach Kämmereiprot. v. 1666. Lächsschneider wol f. Lächse-Schneider.

Landbesitzung die
'kleines Grundstück oder Landgut'
‣ Synonyme: Landbesitz

QUELLEN

Gutzeit 1882, 135
Landbesitzung. Eine kleine L. auf dem südlichen Dünaufer, 176. 1830. 137: kleines Grundstück od. Landgut.

Gutzeit 1882, 136
Landesbesitzung, Grundstück. Bergmanns Peter d. Gr. VI. 87. Ungewönlich.

Landknecht der
'Amtmann'

QUELLEN

???, 592
[Landknecht] Frage'n 1. Wegen des Ausdrucks Landknecht.
In der livländischen Geschichte des 16ten Jahrhunderts, kommen Edelleute vor, welche Landknechte genannt werden, oder das Amt eines Landknechts bekleidet haben. Dergleichen findet man in Arndt's Chronik 2 Th. S. 354, wie auch vorn in den Materialien zur ehstländischen Adelsgeschichte unter dem Artikel Nieroth angeführt ward. Da dieser veraltete Ausdruck jetzt unverständlich ist; so fragt sich, was für ein Amt oder Geschäft er eigentlich bezeichne. Vielleicht gefällt es einem Liebhaber der ältern hiesigen Geschichte, darüber eine Erläuterung aufzusuchen, und bekannt zu machen.

Gutzeit 1882, 139
Landknecht. In Grimms Wtb. 1) Gerichtsdiener, Häscher für ein Gebiet; 2) Landsknecht. Bei uns 1) ein Angestellter auf dem Lande für gewisse Obliegenheiten. Nach der Mutmaßung von Gadebusch (325): ein Landschreiber oder ein Mann, der gewisse Einkünfte von Ländereien einnimmt und berechnet. A., welcher der Jungfern(Nonnen) Landknecht war, 180. 1. 2. 395; Klaus Nieroth 1552 Landknecht zu Tukkum, 350. XIV. 1. p. m. 170. Ein ißlicher ambm mann edder lantknecht, 335. 119. 1. 1559. Dazu in einer Anmerkung: aus der Zusammenstellung von Amtmann oder Landknecht wird die zweifelhafte Bedeutung des letzten Wortes klar, welche Gadebusch richtig mutmaßte: ein Mann, der gewisse Einkünfte von Ländereien einnimmt und berechnet. — Der Pfefferzoll so bisher dem Alten zuwider von den Landknechten zu Mitau von den Holzlöddigen genommen, abschaffen, 349. XV. 4. —
2) auf dem Schlosse zu Riga, in gleichem Sinne mit Amtmann. Er habe sich nebst etlichen Dienern seines gebietenden Herrn Hauscomthuren, unter denen, der Amtmann vom Schlosse einer gewesen in solchen Aufruhr sei der erwähnte Landknecht (d. h. der eben erwähnte Amtmann) seines Herrn (hinaus) gegangen gewesen; worauf der Landknecht ihm entgegnet, 174. 1865. 226. J. 1559. Also ein Schlossbeamter, welcher Art ist nicht gesagt. —
3) vermutlich: ein Amtmann, Gutsverwalter. Ein jeglicher Amtmann oder Landknecht soll geben von seinem jährlichen Einkommen des Amtsvon 100 ... 10 M., 345. 68; den Landknechten oder anderen Amtleuten, 192. II. 195; keinen Pauren soll man den Halß absprechen, es sey dabey der Boget mit dem Landknecht, Landschreiber und Rechtsfinder. 192. V. 284 und f. livl. Rechtsgewohnheiten und Einigung über die Auslieferung der Bauern u. 1494. s. Landschreiber. Unrichtig ist die Erklärung v. Richters in 347. 1. 2. 368: Landknecht, d. h. Landbesitzer. —
4) Landvogteidiener. Ehemals beim rig. Rathe. vgl. Brotze in 166a. XIII. und XIV. S. 567 und f. und ebda. XVI. 494. Öfters in den Rechnungen der rig. Landvögte von 1383—1479. Dem Ältermann wurde vom Rath durch den Landknecht angezeigt, ermöge aufs Rathhaus kommen, 335. 149. J. 1570; es ist auch E. E. Rath friedlich (zufrieden), daß hinfort die Landknechte dem Rathe geschworen seien, 344. 2. 46. L. Napiersky (446. 221) erklärt: ein Unterbeamter od. Diener der Landvögtefür die Verwaltung der Besitzlichkeiten in der Stadtmark. Die dieser Erklärung zu Grunde liegende Aufzeichnung in Liber redit. III. 198. J. 1515: die zwei Kämmerer (nicht der Landvogt!) verlehnen dem 2. von R. Lantknecht und Ilßen, seiner Hausfrau, ein Haus in der Kalkstraße — macht die Deutung etwas zweifelhaft. In 335. J. 1571 (?) schickt die Bürgerschaft gr. Gilde den Landknecht an den Rath mit einer Meldung. —
5) Knecht mit zugeteiltem Land. Die Etablirung von Landknechten, d. h. durch Zuweisung von Land an Knechte gegen Leistung von Arbeitstagen, die je nach der Größe deszu getheilten Landes entweder gar nicht besonders oder mit einer geringeren als landesüblichen Lohnzahlung bezahlt werden, vgl. rig. Ztg. 1874. 290.

Gutzeit 1889a, 57
Landknecht. Der Landknecht (so hieß damals der Landvogten-Diener) bekam außer seinem Lohne — (um d. J. 1400 in Riga). Zum Wörterschatz 4).

Landwert der
‣ Varianten: Landeswert

QUELLEN

Gutzeit 1882, 137
Landeswert, der in Thaler und Groschen veranschlagte Wert eines Hakens, gedachter und berechneter Werth eines Hakens. Der Grundherr hatte für 13 Thlr. 18 gr. Landeswerth Naturalabgaben und für 60 Thlr. 30 gr. Landeswerth Frohndienste zu erhalten, der Bauer den Betrag von 6 Thlr. 36 gr. Landeswerth zinsfrei, 355. I. 20; ein Thlr. Landeswerth oder Spezies gilt 90 gr., ebda. vgl. 154 I. 163. Der Landeswerth des 1873/74 verkauften Gesinde betrug 183,200 Thlr. 72 gr.; in Pacht verblieben Privatgesinde im Landeswerthe von 348,533 Thlr. 38 gr.; 1334 Privatgesinde mit einem Landeswerth von 27,608 Thlr. und einer Verkaufssumme von 3,936,690 Rbl., rig. Ztg. 1875. Der Credit pro Haken Landeswerthe und auf 9000 Rbl. normirt, rig. Ztg. 1881. 241, d. h. der Haken in Livland wird zu 9000 R. gerechnet und (vom livl. Creditverein) beliehen.

Gutzeit 1882, 146
Landwert, Thalerwert. Der Landwerth des Gutes N., 327. 83; für jeden Thaler Landwerthes, ebda.

Laube
‣ Varianten: Löbe, Lobien, Löwe

QUELLEN

Gutzeit 1882, 153f.
Laube. 1) des rigischen Rathauses: ehemals der Balcon, von dem die Bursprake verlesen wurde. Auch Löbe, Löwe genannt, in latein. Schriften lobium. In dieser Gestalt erscheint in Riga das Wort zuerst nicht in Anwendung auf das Rathaus: Keynhast conduxit superius lobium de quo dabis annuatim 7 fert, 466. II. 514. J. 1402. L. Napiersky erklärt: bedeckte Halle. Es stimmt mit engl. lobby. vgl. Löbe und Löwe. —
2) im rig. Schwarzhäupterhause ehemals: abgeteilter Raum an den Wänden des Versammlungssals. „Es gab bis 1793 in dem Saale dieses (Arthus) Hofes 12 leichte, mit Schnitzwerk versehene Abtheilungen oder Lauben (Zellen), in welchen Tische und Sitze für die täglichen Gäste waren. Man nannte sie Bänke. Dergleichen hatten die Schwarzen-Häupter, die Lübecker, die große Gilde, die rig. Kaufleute, die Westfalen, die Kaufleute, die Goldschmiede, die Böhmerwaldschen (?), die Schaffer, die Pfeifer (Musiker) die rig. Wäger, und endlich wird noch eine Spöellbank (vielleicht Spielbank) angeführt“. Tielemannin 218. vgl. 220. 118 und 174. 1859. 8.
3) in der Johannis-Kirche Rigas, Abteilungen an den Seitenwänden für einzelne lettische Ämter.
4) in Dorpat werden Lauben oder Bierhütten erwänt, welche in den dortigen 3 kleinen Jahrmärkte nam Embache aufgeschlagen werden, 180. IV. 2. 269; eine Laube am Bach zur Schänkerei halten. 180. IV. 2. 74. In ihnen wurde Bier gebraut und sie sollten den Wittwen und Waisen der gr. Gilde überlassen werden, 180. IV. 2. 269. Ebda. S. 632 heißen sie Lauberhütten.
5) in den Häusern der Letten. Bei den Lettenhäusern führt der Haupteingang unmittelbar aus dem Hofe ohne Laube in die Küche, 190. 98; ein offener Raum vor dem Hauptzimmer (Laube beiden Deutschen) in estnischen Bauerhäusern, 190. 96. Nur bei Hueck.
Grimms Wtb. leitet auf Laube das franz. loge, ital. loggia u. s. w. Bei diesen Wörtern kann man indessen auch denken an latein. locus. Auffallend stimmt zu ihnen russ. ложе.

Gutzeit 1882, 178
Lobien, in Arndts Chr. f. Lobia, Löbe

Gutzeit 1882, 178
Lobe, die. An der Löbe (lobia) und Thüren, Arndt in 179. II. 58; der Stadt Riga willkürliche Gesetze und Rechte, sonsten genannt die Bauersprache, wie die von der Loben am Sonntag vor S. Michael jährlich abgelesen werden, 349. XX. 1. J.1592. In einer anderen Handschrift (349. IV. 5) dafür: Löwen. Grimms Wtb. erklärt das Wort für ostmitteldeutsch und als mundartlich für Leube = Laube, liefert indeß nur einen neueren Beleg. Engl,lobby, im Latein des Mittelalters lobium. vgl. Löwe.

Gutzeit 1882, 193
Löwe, die, Löbe. Bauersprache, welche man von der Löben auf den Rathhause abzulesen pflegt, 349. IV. 9, in anderen Abschriften: von der Löben; um Michalis von der Löven kund machen, rig. Kämmereiprot. v. 1666; von (der) Zeit an, daß (die) willkürlichen Gesetze von der Löwen abgelesen werden, 148; die neu Erwählten von den Löwen abrufen, 350. XXV. 2; sind in den Rath gekoren undvon der Löwe abgerufen, 349. IX. 2. — Das brem. Wtb. hat dafür Löve, Laube. Von der Löve des brem. Rathhauses wurden die Polizeigesetze am SonntageLätare, vor den auf dem Markte versammelten Bürgern, abgelesen. — In der Bed. u. Halle, Vorhalle begegnet bei uns zuerst das Wort in Urk. v. 1382: de löven vor dem olden rembder, vgl. 399.III. 389.

Gutzeit 1889a, 62
Löwe oder Löbe, die Laube. Unrichtig hier und da der Löwe. Dazu gehört oder davon stammt das lett. leewenis, „ursprünglich wol Laubdach, Obdach, bedeckter Umlauf um die Rige, um ein Haus, Veranda.“

Leumund der
‣ Varianten: Leumut, Leunmuth

QUELLEN

Gutzeit 1882, 167
Leunmuth. Einen guten Leunmuth haben, 193. II. 2. 1838.

Gutzeit 1889a, 59f.
Leumut, der, wurde und wird (jetzt weniger) von vielen der Bücherspra-sprache Unkundigeren statt Leumund gesprochen und, wie Leumund fast nur auf üblen Ruf bezogen. Die eingehende Auseinandersetzung in Grimms Wtb. über die Entstehung des Wortes und das Zurückleiten desselben von Leu auf laut, und die Bemerkung, dass es der Bildung nach jedoch zunächst zu an. hlio-mr Schall. Ruf trete, so wie zu goth. hliu-ma, das Ohr und (weiter) Ruf, Meinung, Gerücht verdeutlichen nicht genugsam und es lässt insbesondere die Zusammensetzung (Ruf-Mund?) Bedenken aufkommen. Auffallen muss aber, dass Grimms Wtb. ganz schweigt über das begriff- und lautliche Zusammenfallen von goth. hliuma, an. hliomr mit gr. λύμη (λΰμα) Schandfleck, Schande, Schmach, und ebenso von leumunden (verleumden) mit gr. λυμαίνειν misshandeln, beschimpfen, schänden.

Licent der

QUELLEN

Gutzeit 1882, 168
Licent, der. Dieses zur schwed. Zeit bei uns bekannt gewordene Wort bezeichnete 1) den Kronszoll, der von seewärts eingelangten Waaren erhoben wurde, Licentzoll. Sich befahren, ob sollten die Commercien durch die hohe Licenten abgeführet werden, 349. II. J. 1636 d. h. abgelenkt von Riga; durch Unterschleif der Cron Zoll und Licenten verschnellen, ebda. J. 1637; gemäß voriger Zoll-Rolle Licente von den ein und ausgehenden Waaren nehmen, 349. II. J. 1656; zur Erhaltung einer richtigen Berechnung der rig. Licenten soll. Zum Unterhalt der Kronsschulen eine gewisse Summe jährlich aus dem rig. Licent ausgezahlet werden, 149. 97; 1½ gr. von einem Rthl. Licenten oder Licentzoll, ebda. 98. Einkommende Waren hatten zu Ende der schwed. Zeit folgende Zölle zu tragen: Licenten, Anlagezoll und Rathhauszoll, 350. XVII. Hupel in 182. II. sagt: In Riga sind 4 Zölle: 1, den Licent erhebt die Krone allein; 2, vom Portorienzoll empfängt die Stadt die Hälfte; 3, die Accise von einkommenden und ausgehenden Waaren gehört der Stadt; 4, der Recognitionszoll von allen Getränken und Essig —
2) das Gebäude, in dem sich das Licentcomptoir befand: das Licenthaus, Licentzollhaus. Ein königl. Befehl von 1675 (349. IV. 7) besagt, daß die Licent. Anlage und Portorium nahe bei einander (gelegen) sein mögen. Die Handels-O. v. 1765 § 112. 113. 104 setzte fest: mit dem Licent gleichzeitig das Anlagscomptoir, das Portorium und die Stadtaccise zu vereinigen und bez. dahin zu verlegen. Die Instruction des Oberinspectors über die Licenten, Anlagen und Portorien ist v. J. 1693 (350. XVII. 2). Noch Anfang dieses Jahrh. nannten Viele Licent, was Andere Tamoschna nannten und bis in die letzte Zeit Zollhaus oder Zollamt hieß, das Gebäude an der Ecke der großen Schloss- und Mönchenstraße. Die erste Begründung dieses Zollhauses fällt in das J. 1683, wo die schwed. Krone ein paar Privathäuser, welche sie Schulden halber eingezogen hatte, zum Licenthause bestimmte. Unter der russ. Negirung ist dasselbe allmälig durch Erwerbung anderer anstoßen der Gebäude erweitert worden. Die unteren Räume des Hauptgebäudes wurden von den Packhäusern eingenommen, in den oberen Stockwerken befanden sich die Expeditionen — bis zum Erbau des neuen Zollhauses an der Düna in: J. 1879.

Gutzeit 1892b, 31
Licent. Ein L. befand sich auch bei Dünamünde. In 174. 1890. № 29 aus d. J. 1700 liest man: Hat auf der Licent 2 Häuser abbrennen lassen; hat sich hinter die (den) Licent Häuser(n) sehen lassen; Licenthäuser, die sich beim dortigen Licent befanden.

Licentzoll der

QUELLEN

Gutzeit 1882, 168f.
Licentzoll. Zwischen Portorien- und Licentzoll, sagt Brotze in 348. J. 1629, ist der Unterschied, daß jener von den See- und Landwärts ein- und ausgehenden Waaren, dieser aber blos von Seewärts ein- und ausgehenden Waaren erhoben wird. Der Licent- oder, wie ihn Helms nennt, der Spirings-Zoll, hat, bemerkt Brotze ebda., seinen Namen ohne Zweifel von Spiring, dem ersten Licentverwalter. — Wird ausgezahlt 1½ gr.von einem Rthl. Licentzoll, 149. 98; die neuen Feuergelder, nämlich 1 Rthl. von 52 Rthl. Licentzöllen, 149. 95.
Hupel in 182. III. sagt: Beim Licentzoll in Riga sind angestellt: ein Oberinspektor, sieben Kanzellisten, zwei Licentverwalter, ein Casseur, zwei Controlleurs, ein Inspektor über das Packhaus, sieben Besucher, drei Strandreiter, ein Licentdiener. — Das „beim Licentzoll“ könnte darauf deuten, daß Licentzoll, wie heute Zoll, auch das Zollgebäude bezeichnete, vgl. 174. 1878. 395.

locker Adj

QUELLEN

Gutzeit 1882, 179
locker, sehr gew. von Erdreich: nicht fest zusammenhaltend. Lockrer Boden (Erdreich). In der Bed. 5) des Grimmschen Wtb. hier unbekannt und dafür: los.

Gutzeit 1889a, 61
locker lassen Man läßt nicht eher locker, bevor man —, 361. 1688 228; aus Mitau vgl Grimms Wtb. 6) Grimms Wtb. hält locker für einen Verwandten des Zw. liechen (ausziehen, ausraufen) und für eine Comparativ-Weiterbildung von luck (lock), meint indessen, dass der Begriff des Wortes luck auf den des Biegens zurück gehe, der auch in Locke und im lit. lug-na-s biegsam hervortrete. Hierzu konnte auch gr. λυγόω biegen, schmiegen, λυγώδης: geschmeidig herangezogen werden; zu der Bedeutung von locker (nicht fest) aber lat. luxus verrenkt und luxare verrenken — welche lat. Wörter in Beziehung mit gr. λοξός und λοξόω gebracht werden; zu der Bed. von locker (ohne sittlichen Halt) aber gr. λυγρός erbärmlich, nichtswürdig. Locker scheint auch im Zusammenhang zu stehen mit los, wie lockern mit lösen, und wie dieses mit gr. λύειν; ein lockerer Mensch ist ein loser. Zu vergl. auch lat. laxus und franz. leger.

Gutzeit 1892b, 32
locker s. Handgelenk.

Seemann von Jesersky 1913, 145
locker lassen, w. loslassen, lockerer Junge: Leichtfuß.

Mantel

QUELLEN

Gutzeit 1887b, 209
Mantel. Das männliche Geschlecht (der Mantel) braucht durchaus nicht dem altdeutschen Wort entlehnt zu sein, wie Grimms Wtb. angibt. Das Geschlecht bildet sich oft sehr willkürlich, z. B. die Mandel, das oder der Barometer und Thermometer, der u. das Comite u. dgl. — Aus mantellum slaw. мятль, (weiblichen Geschlechts.). 1) als Amtstracht, a) der Älterleute, vermutlich der Hoiken. Der Schragen gr. G. v. 1354 (1613) besagt: wenn die Elterleute an der Tafel sitzen, soll Niemand trinken bei Strafe von 2 Artigen, in seinem Hoyken, von Tielemann (218. 16) übersetzt: in seinem Mantel; durch der Elterleute u. Eltesten angemaßte Recht der Schreiberei, indem sie ohne Zuthun einiger Bürger unter der Mantel, wenn sie haben gewollt, und nimmer eines Bürgers Namen, obschon die Stimmen auf ihn gefallen, angezeichnet, 349. IV. 11. s. Mantelwal. — d) der Geistlichen. Dem Pastor wurde d. Mantel genommen, 350. XXVIII. J. 1742, d. h. der P. wurde entsetzt. Noch heute gew.: dabei kann der Pastor Mantel u. Kragen verlieren, vgl. Grimms Wtb. 2. — 2) eines Schornsteins. Der untere breitere Theil eines Schornsteins heißt Mantel oder Schurz, der mittelste Theil bis anden Forst Rauchfang oder Schlot, der oberste über das Dach hervorragende Theil die Feuermauer, 174. 1813. 290—1. Zu Grimms Wtb. 9. e. — 3) eines Ofens, wie sie vor einiger Zeit bei den sog. Mantelöfen vorkamen: eine Umhüllung des Ofens, welche dazwischen freien Raum lässt u. die Hitze zusammenhält.

marachen
‣ Varianten: morachen

QUELLEN

Lindner 1762, 232
marachen, von Mähre. Pferdearbeit thun.

Bergmann 1785, 48
morachen, sich placken

Hupel 1795a, 155
morachen s. marachen

Gutzeit 1887b, 209
maráchen, zh. u. gewönlicher: sich, abmatten, aufs Äußerste die Kräfte angreifen, bei Hupel: quälen, plagen. Heute wol nur in d. Zusammensetzung mit ab: abmarachen, insbesondere mit sich. Hupel hat abmarachen, d. i. abmatten, durch starken Gebrauch (das Zugvieh) kraftlos machen; heute, oder in Riga, hauptsächlich auf Menschen angewandt. Wie bei uns hauptsächlich reflexiv, so auch in Holstein und Meißen: sich afmarachen u. sich abmarachen. Grimms Wtb. verzeichnet das Wort unter abmergeln, und denkt an ahd. marag Mark, bis aufs Mark entkräften, u. bemerkt, dass schlesisch marácheln die Betonung auf einen ursprünglich bloßen Beilaut gelegt hat. - Außer an márag Mark kann auch gedacht werden an gr. μαραίνειν und μαρασμός und an russ. морить (in welchem das unbetonte o gleich a lautet) zu Tode quälen, vgl. morachen.
Die Bed. fällt bei uns nicht zusammen mit mergeln; auch kennen wir ausmergeln, doch nicht ausmarachen. Marachen bezieht sich auf Erschöpfung durch Tun u. Arbeit, ab- u. ausmergeln auf Erschöpfung durch Krankheit oder Ausschweifungen. Das einfache mergeln ist hier unbekannt.

Gutzeit 1887b, 249
morachen, haben Bergmann und Hupel in der Bed. von: sich placken. Statt marachen. In 480. 232: von Mähre, Pferdearbeit thun.

Seemann von Jesersky 1913, 140
marachen, o.w. schwer arbeiten, entkräften

Gutzeit 1894, 26
marachen. In Riga und Livland gewönlich: sich abmarachen. Dem dürfte russ. измарáкаться entsprechen, ebenso poln. zmarchac elend werden, vgl. russ. моркiй hinfällig, schwächlich. s. Wörterschatz.

Kobolt 1990, 178
marachen, abmarachen schw. V. refl. sich abarbeiten.
Br.Wb. marakken ermüden; lbg. marachen, maracken durch schwere Arbeit ermüden, sich abarbeiten, sich schwere Arbeit ermüden, sich abarbeiten, sich totarbeiten; pomm. marachen; pr. marachen sich abquälen.
Offenbar nur in Pernau.

Mark1 das

QUELLEN

Hupel 1795a, 150
Mark In Lettland ist Mark eine Münze die 2 Ferdinge gilt.

Gutzeit 1887b, 211f.
Mark, der, Kupfermünze, die bis in die 30. Jahre dieses Jahrh. gleich 6 russ. Groschen oder 3 Kop. Silber war; auf den Mark gingen 2 Ferdinge (d. h. 1½ Kopeken oder 3 russische Groschen). Durch Königl. poln. Verordnung vom J. 1589 sollten in Riga polnische Gulden (gleich 6 Schillingen oder ⅙ Mark) geprägt werden, ferner Dreigroschenstücke, auch Marken genannt im Werte von 2 Ferdingen. Daher sagt Stender: ein Mark oder Zweiferdingstück. Hupel sagt: in Lettland ist Mark eine Münze, die 2 Ferdinge gilt. Zu Anfang dieses Jahrh. scheint sich der Wert anders gestaltet zu haben. Man lies't z. B. auf rig. Theaterzetteln des J. 1811: die Person zalt in d. Logen des ersten Ranges 1 Rbl. S. M. oder 30 Mark, in den Parterre-Logen 70 Kop. S. M. oder 20 Mark, auf der Gallerie 35 Kop. S. M. oder 10 Mark. Die Mark Rigisch, heißt es in Pierrer's Encyclop. Wtb., hat 6 polnische Groschen oder 18 weiße (36 schwarze) Schillinge, 5 Mark Rigisch - 4 g. Gr. — Dreigroschenstücke in Riga, auch Marken genannt, in der polnischen Zeit bis 1621 geprägt, 347. II. 1. 267. — Jetzt ist der Ausdruck, ebenso wie Ferding, fast verschwunden. Doch hört man noch zuweilen: Das ist nicht 5 Mark wert, d. h. gar wenig oder nichts. Von ihrem Verkaufspreise, einem Mark, hatten auch die früher sog. Markskuchen ihren Namen, d. h. Kuchen von 3 Kopeken; die kleineren Kuchen der Zuckerbäcker hießen Ferdingskuchen.
Das männl. Geschlecht dieses Wortes ist in Liv- und Kurland schon seit der Mitte des vorigen Jahrh. allein üblich; es findet sich auch in d. folgenden Wort.
Mark, der, auch Märt u. Merk, selbst Markt, Wessf. Markes u. Marks, Vz. Merke, in d. Bed. des heutigen Marke od. Märke. Mast am Topfende mit dem Mark W B versehen, 172. 1804. 288; eine Maßtonne mit dem Stadtmark versehen, 180. IV. 1. 277; mit bürgerlichen Markten oder Namen bezeichnete Tonnen, 349. IV. 9; Faß Sensen mit einem Merk bezeichnet, 172. 1790. 137.
Mark, die, 1) als Bezeichnung eines Gewichtssatzes von Gold u. Silber, eines bestimmten, mit einem Zeichen versehenen Stückes u. in solcher Gestalt als Wertmesser in den Handel gebracht, wo es zuerst als Barren, später als Münze umlief. Dieselbe Erscheinung finden wir in Russland, des gleichen auch, dass die russische Griwna in Bezug auf Edelmetall, die spätere Griwenta, an Gewicht gleich war der deutschen Mark, d. h. einem halben Pfunde, während im allgemeinen Sinne die Griwna ein Pfund war. — Bischof Albert setzte im J. 1211 die rig. Mark auf 4½ Mark, an Pfennigen oder Denaren fest; der Legat Wilhelm verordnete 1225, dass die Mark, dem. gothland. Münzfuß entsprechend = 8 Ör = 24 Artige oder Schilling = 192 Pfennige sein sollte. Nach diesem war, bemerkt A. u. Richter (347. I. 1. 144) die rig. Mark etwa 2 Rubel 9 Kop. od. 2 Rthl.; sie war eine Rechnungs-, keine Geldmünze.
Nach Brotze (350. XV) hatte eine Mark in den J. 1405—1478 36 Schillinge od. 48 Öre; nach u. Richter (347. II. 1. 268) war eine rig. Mark im J. 1582 an Wert fast ⅙ Thaler, d. h. nicht volle 24 Kopeken; im J. 1560 2/9 Thaler od. 32 Kopeken. Nach Buddenbrock (166 a. VI. XI) muss man unterscheiden die Mark Silbers, oder das Gewicht an Silber, u. die rigische Mark, die gezahlte silberne Münze. Die Mark Silbers kann man wol nicht anders ansetzen als zu 16 Loth. Von der Mark rigisch, welche im livl. Ritterrecht Mark Landesmünze (Landgut), Mark Landes, Mark Geldes heißt, gab es seit 1424 eine neue Mark Rigisch und sollte diese 4 alten Marken gleich sein, d. h. beinahe 4 Rthl. Alb. enthalten, oder ½ Mark Silbers sein. — Hupel (182. II) sagt: eine Mark pernauisch ist 3 Weissen, aber im Handel nicht mehr gewönlich. Lettische Marken, jede zu 2 Weissen, kennt man dort noch. Eine andere Art Marken, jede zu 6 Albertsgroschen, deren 15 einen Rthl. Alb. ausmachen, ist eine alte rigische Münze, von des Königs Sigismund August Zeit, die man nicht mehr im Wandel sieht. Im rig. Handel bei Stürzsaat ist sie noch gewönlich. doch eine eingebildete Münze. — Im Hapsalschen Stadtrecht werden erwänt: drei Mark Pfennige u. 3 Artige Pfennige. Eine Mark Nogaten galt ¼ Mark od. 4 Loth reinen Silbers, A. v. Löwis in 390. 66; ebenso viel galt wol auch die Mark Kunen. Eine lötige Mark Silber bedeutet 14½ Lot Silberund 1½ Lot Kupfer als Zusatz. Zum Eintritt in das Amt der rig. Goldschmiede war ein Vermögen von 6 Mark lötigen Silbers nachzuweisen. — In dörpt. Ratsprot. von 1590 (vgl. 180. II. 1. 77) steht: eine Mark Goldes ist nach alter rigischer Gewohnheit 8 Pfund oder Mark; eine Mark Silber 4 Mark.
In Schweden war die Mark, ebenso wie Ör u. Ortig. Münze und Gewicht. Zehn Scheffel Roggen hießen ein Oertug, 30 eine Oere, 240 eine Mark Roggen. Ihre (Glossar, su. o-goth.) fürt an, dass die Skandinawen verschiedene Marken hatten, 1) eine Mark Silber, bestand aus 16 Lot dieses Metalles, zuweilen aber aus 8; 2) eine Mark Artige aus 24 Artigen. Ihre verzeichnet noch: eine Mark Wadmal, welche einen doppelten Wert hatte. — Die Mark entsprach der russ. Griwna; eine marca arganti ist daher eine гривна серебра; ebenso ist eine Mark Kunen gleich einer фривна кунъ. Die Übereinstimmung ergiebt sich auch aus folgenden von d. Akademiker Strube angefürten alten Rechtsbestimmungen, indem nach russ. Gesetz die Strafe für einen Diebstal 3 Griwnen, nach Dänischem 3 Mark, für einen Mord 40 Griwnen, in Schweden 40 Mark betrug. — Die Mark wird in Livland zuerst 1206 erwänt. Bischof Albert auferlegte in diesem Jahre jedem Letten oder Liwen, der sich nicht zum Heere stellen würde, eine Buße von 3 Mark. Im J. 1209 und 12 kauften sich die Burgen Odenpäh u. Warbola vonden sie belagernden Russen mit bez. 400 und 700 Mark Nogaten (100 und 135 Mark Silber) los.
Unserm Lande, ebenso auch Estland, war Mark auch eine bestimmte Gewichtsmenge in Bezug auf Wachs; man meinte in Pfund, ein Markpfund; vielleicht eine gewisse Menge Wachs, welche den Wert einer Mark hatte. Ene mark wasses to eren lichten to hulpe, Schragen der rig. Lakenscherer u. 1385; bi vier marken wasses, ebda. Auch noch viel später. So im Schragen d. revaler Schneidergesellenvv. 1597: ene mark wasses. Wenn das Wachs, wie C. Mettig (475. 10) nach H. Hildebrand bemerkt, besonders in Folge seiner umfassenden Verwertung beim Gottesdienste zu einem Gegenstande im Handel u. im gesellschaftlichen Leben geworden war, wie es die edlen Metallewaren, — so kann es auffallen, dass der gleiche Umstand nicht auch in Deutschland dieselbe Verwendung von Mark für Wachs veranlasst hat. —

Gutzeit 1887b, 213
Satz oder Grund, welches in Grimms Wtb. unter Mark medulla 7) aufgefürt wird, gehört wol zu franz. le marc, Satz, Treftern u. dgl.

Gutzeit 1887b, 213
Mark, das, der Knochen. Häufig gesprochen Marks. Ein halb Pfund Marks, 155. 2. 239. Davon: Markspudding, d. h. ein Pudding aus Mark.

Seemann von Jesersky 1913, 147
Mark = 2 Ferdinge = 6 Groschen = 3 Kopeken.

Masing 1926b, 71f.
Mark „Münzeinheit = 2 Ferdinge; als Rechnungsmünze bis in das dritte Jahrzehnt des XIX. Jahrh. in Riga (mnd. mark „Geldgewicht; einheitliche, aber bloss ideelle Münze von verschiedenem Wert“).

???, 76
[Schröder in AfdA 46/1927]: im 16. Jh. auch als Münze geprägt. Nicht 2 sondern 4 Ferdinge!.

Bosse 1933, VI, VII
Gemeinheit, Gesamtheit, Gemeine Mark, Samende Mark - die in gemeinsamer Nutzung mehrerer Dörfer oder Grundherrschaften befindlichen Ländereien (Wald, Weide etc.).
Mark livl. Rechnungsmünze. 1 Mk = 36 Schillinge.

Markpfennig

QUELLEN

Gutzeit 1887b, 214
Markpfennig, „eine liefländ. Münze = 2 Ferdings = 9 Gr. Conv.“, Pierer's Encyclop. Wtb.


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