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absprechen V [h]
1. Vt 'mit Sprechen hineinbringen'
sie blieb 2 Stunden bei uns: die wollen abgesprochen sein.
2. Vt 'durch vieles Sprechen gleichsam abnutzen'
über diese Neuigkeit hat man sich die Zungen abgesprochen
3. Vt
ein Abspruch, so abgesprochen ist von den Räten
in den Ritterrechten d. J. C. 183
ehe das Urteil abgesprochen wird, die Parten durch Anschlag deshalb benachrichtigen
wer die ihnen im Amte abgesprochene Strafe nicht erlegen will
4. Vt de aussprechen, nennen (verkünden, wieviel an Gewicht vorhanden)
Er habe 2 S.. 5.. abgesprochen.
er (der Kaufherr) werde 8 Fässer Toback an die Wage bringen; wenn sie 5 S.. wiegen sollten, sollte er auf das Brett nicht mehr denn 3 1/2 S.. setzen und absprechen.
5. Vi
Kettler ... ließ sich von Walters Aussichten erzählen. Die Baronin hatte versprochen, jetzt mit den anderen Patronen, dem Burgfriedschen und Lubbenschen, abzusprechen. Schon in den nächsten Tagen konnte es sich entscheiden, ob Walter als Nachfolger seines Vaters zur Propredigt zugelassen werden solle.
6. Vt 'durch Besprechen beseitigen'
die Besprecherin sollte mir meine Rose absprechen.

QUELLEN

Gutzeit 1859, 19
absprechen, 1) mit Sprechen hinbringen. Sie blieb 2 stunden bei uns: die wollen abgesprochen sein. 2) durch vieles Sprechen gleichsam abnutzen. Über diese Neuigkeit hat man sich die Zungen abgesprochen. 3) ein Abspruch, so abgesprochen ist von den Räten, 194. in d. Ritterrechten d. J. C. 183; ehe das Urteil abgesprochen wird, die Parten durch Anschlag deshalb benachrichtigen, 185. 620. (J. l695); wer die ihnen im Amte abgesprochene Strafe nicht erlegen will. 198. in den Schragen des Hanfbinderamts.

Gutzeit 1886, 17
absprechen, durch Besprechen beseitigen. Die Besprecherin sollte mir meine Rose absprechen. Gew.

Gutzeit 1892b, 1
absprechen, beim Abwägen von Waren, in demselben Sinn wie aussprechen, d. h. nennen, verkünden, wieviel an Gewicht vorhanden. Er habe 2 S.. 5.. abgesprochen, 365. 1672; er (der Kaufherr) werde 8 Fässer Toback an die Wage bringen; wenn sie 5 S.. wiegen sollten, sollte er auf das Brett nicht mehr denn 3½ S.. setzen und absprechen, ebda. beim Abwägen von Waren, in demselben Sinn wie aussprechen.

Masing DBWB, 135f.
absprechen, st. (ápspreχ̅ən) 1.durch „Besprechen” eine Krankheit heilen. Die Besprecherin sollte mir meine Rose a., Gtz. N 1886, 17. _ 2. mit Sprechen hinbringen. sie blieb zwei Stunden bei uns; die wollen abgesprochen sein. Gtz. I, 19. _ 3. durch vieles Sprechen gleichsam abnutzen. Über diese Neuigkeit hat man sich die Zungen abgesprochen. Gtz. I, 19. _ 4. ein Wort a., etwas mit einander sprechen. Mitau, Schülesspr. 1939. _ 5. † amtlich anordnen, verfügen, festsetzen. Den letzten februarij … haben die erbare unnd wolweyse herrn … nachfolgendes erkandt unnd abgesprochen: … St-Mg 436 (1577). Die Strafen, so im Ambte abgesprochen werden … Rig. Maurerschr. 1640, § 40. … dem Zaupen sprachen sie ein Schiffpfund Waxs abe zur straffe. Mon. Liv. ant. IV, 270 (1611). … die abgesprochene 10 Rd. (Reichsdaler) ihn abdingen erleget … Rig. Vogt. Rechn. 1651. … den Hochzeiten beizuwohnen und im Namen Eines Edlen Rats … die Morgengabe abzusprechen. Balt. Kal. 1935, 87 (1657). 6. † eine amtliche Entscheidung verkünden. … es mögen die Parten / wenn das Urtheil fertig ist / … / zweene Tage vorher / ehe dasselbe abgesprochen wird / deßfalls benachrichtiget werden / daßselbe anzuhören. Lieffl.L. Ordn. 620 (1695).

Baronsmütze die
'Tellermütze mit Schirm'
Nun steht der Verwalter Drauding in dicken Wantkleidern, hohen Schmierstiefeln und der blauen Baronsmütze.
kurische Baronsmütze 'blaue Schirmmütze'

QUELLEN

Grosberg 1942, 27
Nun steht der Verwalter Drauding in dicken Wantkleidern, hohen Schmierstiefeln und der blauen Baronsmütze.


QUELLEN (Informanten)
Hartmann, W.: Estland, Dorpat
ähnlich der russ. Offiziersmütze

Hirschheydt, Walter von: Wenden, Riga, Hasenpoth
Kurische Baronsmütze - blaue Schirmmütze


WL 6,48: Baronsmütze, -deckel, Kutschermütze - Tellermütze m. Schirm

id bei jm einen Sparren habenSparren
'gut angeschrieben sein'

QUELLEN (Informanten)

Walter, Woldemar: Ösel, Reval
bei jm einen Sparren haben gut angeschrieben sein. WL 7,14. 1x

Buschkadrilljen
‣ Varianten: Buschkadriljen, Buschkadrillen

QUELLEN

Seemann von Jesersky 1913, 109
Gestrüpp

Nottbeck 1987, 24
(vulg. Gebüsch, Anpflanzung
Er schlug sich in die Buschkadrilljen.


QUELLEN (Informanten)
Karol, Erich: Riga
Buschwerk. WL 5, 14

Campenhausen, Sophie Baronin: Livland: Ilsen, Kreis Walk; Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland
Buschkadrillen - Gebüsch. (scherzhafte Weiterbildung von Buschkaden)

Hirschheydt, Walter von: Wenden, Riga, Hasenpoth
Buschkadrillien

Freytag-Löringhoff, Udo Baron: Gut. Rawen (Kurland)
Buschkadriljen - wilde Büsche


Busch(i)kaden, Buschkadrilljen, die - Gebüsch. WL 6,35.

gehen V [s]
Vi

QUELLEN

Hoheisel 1860, 27
gehen: „die Fenster gehen auf die Straße“ st. „führen auf d. Str.“, „die Fenster gehen mit der Aussicht auf die Straße“ st. „die Fenster haben die Aussicht auf die Straße“. - Gehen wird ferner häufig durchaus überflüssig vielen Infinitiven hinzugefügt, z.B. „Wollen wir essen gehen, reiten gehen ec.“

Gutzeit 1877, 324
gehen. Ich will, muss etwas gehen, Stender I, mich etwas vertreten, mir etwas Bewegung machen. Auch heute oft. — Sich warm gehen, bis zum Warmwerden sich Bewegung machen. In Grimms Wtb. 2399. e: sich müde gehen. — Für: reisen. Namentlich in Verb, mit hinaus. Hinausgehen, ins Ausland reisen. Zu Grimms Wtb. 2404. 6. s.
Die Düna geht, d. h. das Eis in ihr, wie im Lettischen daugawa jau eet; die Düna geht durchschnittlich Ende März aus, d. h. befreit sich vom Eise, wie russ.: рѣка прошла, der Fluss ist ausgegangen, hat sich seiner Eisdecke entledigt; die Düna ging bei stillem Wetter, 176. 1836; als nun das Vorjahr ankam und die Düna offen ging, 194. Nyst. 107; der Fluss geht. Diese Redeweise gilt für sonderbar; ist sie aber sonderbarer als das Gehen der Schiffe, Flüsse, Seen, des Wassers, Windes, der Wolken, worüber Grimms Wtb. 2423. 13 zu vergleichen; Eis geht, eine Uhr geht und v. a. Die Feuerglocke geht, es wird geläutet wegen ausgebrochenen Feuers. Es gingen alle Glocken, mit allen Glocken wurde geläutet, vgl. Grimms Wtb. 2427. oben u. 2439.20. b. — Wie in Riga, sagt man auch in Estland: die Baltischporter Rhede ist in der vergangenen Nacht (December 1880) festgegangen, wird aus Reval telegraphirt; und in Petersburg (1883) - die Newa ist ausgegangen. — In and. Bed.: nachdem sich einiger Frost eingestellt hatte, ging die Düna mit Grundeis, welches —, rig. Kal. v. 1811, d. h. zeigte sich u. trieb Grundeis. Auch in Preußen: die Weichsel geht, wenn die Eisdecke sich in Bewegung setzt, 476.
Die Tauben gehen gut, fliegen gut; sie gehen (nicht) in der Trift, fliegen (nicht) im Haufen.
Teutsch gehen, von lett. Bauern, deutsch gekleidet sein, deutsche Kleidung tragen, Stender und jetzt.
Grimms Wtb. 2430. 17. b. hat: der Stiefel geht nicht anzuziehen, der Deckel geht nicht zuzumachen. Das ist ebenso seltsam wie falsch. Wir sprechen dafür: der Stiefel geht nicht an, der Deckel geht nicht zu oder: es geht nicht an, den Stiefel anzuziehen, den Deckel zuzumachen.

Gutzeit 1877, 324f.
gehen mit Schallwörtern. Grimms Wtb. 2439. 20. b. und 2469. η. Es ging klirr klirr; bauz ging es und der Topf war zerbrochen; es ging briz braz. In Bürgers Lenore: Und weiter ging es hopp hopp hopp, hinaus in sausendem Galopp.
Die Stiefeln gehen nicht blank, lassen sich nicht blank putzen; die Wäsche geht nicht rein; die Diele geht nicht weiß, wird durch das Scheuern nicht weiß. — Von dem Flachs, so in die Badstube gebracht, sei 7 Schiffpf. in die Heede gegangen, 365. I . 1668. Der Schaden geht über Schiff und Gut, 148. Eine Mutter gehet mit den Kindern zu gleicher Theilung, 194. R. R. d. J. E. 159. Das Schiff geht auf Lübeck, segelt oder fürt nach — — Auf Arbeit gehen, verschieden von dem im Grimms Wtb. 2412. d. angefürten: auf die Arbeit gehen, was hier kaum zu Hören ist. Arbeiter, die von Hause fort in eine Fabrik und dgl. sich begeben, sprechen: ich gehe zur Arbeit, ich gehe zu Walter in die Fabrik. Auf Arbeit gehen heißt: als Tagelöner Arbeit suchen, auf Arbeit ausgehen. — Wie alle Jahr ging man auf Feld- u. Birkhüner, Memoiren eines Livländers (1883) I. 107. — Es geht auf zwölf, auf zwei, d. h. es beginnt die zwölfte, die zweite Stunde des Tages, oder: es ist bald zwölf, bald zwei Uhr. Wieviel ist es an der Zeit? „Die Uhr geht auf eins!“

Gutzeit 1877, 325
gehen bei etwas, st. zu od. an. Geh beim Schranken und nimm heraus, — Gehen bei einem Kranken. Drei Ärzte gehen bei ihm, behandeln ihn, wie russ. ходять. Gehen bei einem Lehrer, dessen Schule besuchen, Schuler bei ihm sein. Bei wem geht er? Er geht bei Helbig. Einige glauben besser zu sprechen, indem sie sagen: zu Helbig gehen. Dies hieße doch nur. ihm, H., einen Besuch machen. — Bei einem Pastor gehen, dessen Confirmationsunterricht nemen. In ungewälter Sprechweise. Gehen in einer Schule statt eine Schule besuchen Bessersprechende sagen, in eine oder zu einer Schule gehen — was doch nur den Gang zur Schule bezeichnet, aber nicht den Schulbesuch. Wo geht er in (der) die Schule? st. welche Schule besucht er. Die Antwort lautet: Im Gymnasium, in der Kreisschule. Eine Antwort: ins Gymnasium, in die Kreisschule entspräche nicht der Frage Wo? und zeigte doch nur den Gang dahin an. In Bezug auf Universität und Polytechnikum begegnet diese Redewendung nie, sondern man hört die Vorlesungen, man ist Student, Polytechniker. — Das bei einem (Lehrer) und in einer Schule gehen drückt die Sache kürzer als alle anderen Wendungen aus. Derselbe Gebrauch in Estland. So fürt Sallmann (390c 66) an. bei jemanden in die Schule gehen: „bei wem geht er?“ „Er geht bei L. in die Schule, aber von Neujahr ab wird er wol nicht mehr bei ihm gehen.“ vgl. in. — Oft hört man Sind wir nicht im Gymnasium zusammen gegangen? d. h. gleichzeitig Schüler des Gymnasiums u. derselben Klasse gewesen. Nein, lautet die Antwort ich bin in der Domschule gegangen, mit Ihnen im Gymnasium nicht zusammen gegangen.
Das geht! Das ging! Wenn man andeuten will, dass etwas sehr schnell geschieht, z. B. schnell geritten, gefahren, gelaufen wird. — Das geht' d. h. das geht an, lässt sich machen. Das geht, das nicht. — Es ging drunter und drüber.
Es geht alles unter ihm, bei unfreiwilligen Darmauslerungen Schwerkranker. In Grimms Wtb. 2431. m. dafür, er läßt alles unter sich gehen — was uns seltsam klingt. Stärker ist es geht dem Kranken alles durch. Wenn er etwas genießt, so geht es ihm durch, d. h. hat er sogleich eine Auslerung nach unten. Ebenso: es läuft ihm durch. Im Rechnen Drei in 12 geht 4 Mal; 9 von 2 geht nicht, ich muss borgen.

Gutzeit 1877, 325f.
gehen nach einem, nach etwas: einen, etwas holen; Nach dem Arzte gehen, ihn bitten zu kommen; nach Brot gehen, Brot holen; nach Geld, nach der Miete (Mietzins). In viel allgemeinerer Anwendung als in Deutschland, zu urteilen nach Grimms Wtb. 2447. i.
Gehen zu etwas, passen, sich eignen. Würflich geschnittenes Weißbrot, in Butter gebraten, geht auch zur Erbensuppe, 155. Nicht blos im Sinne von kleiden, stehen (Grimms Wtb. 2401. e) und daher wol nicht dem franz, aller à ql. nachgebildet. Auch russisch: идётъ къ.
Gehen, mit einem Infinitiv, essen, schlafen, baden, betteln, spaziren. Joh. Muller (162) sieht in der Redeweise: willst du dich ankleiden gehen? J. G. Kohl in: ich gehe ihn holen; Sallmann (390c) in: er geht baden, ebenso in: wissen, lieben, kommen mit folgendem Infinitiv — eine Nachbildung des Französischen. Dieser Gebrauch ist aber, nach Grimms Wtb. 2415 c, schon gotisch, ahd., alts., ags., altn. und nhd. allgemein. Ein gleicher Gebrauch bei kommen (Grimms Wtb. II. 5) und bei geben u. bekommen Ich will schlafen gehen, die Straße fegen gehen; ebenso: wird der Bereiniger die Straße fegen kommen? Er wird nicht mit baden kommen Vergnügen suchen gehn, 324; etwas abmachen gehen, sich zur Verrichtung seiner Notdurft auf den Abtritt begeben. Nachgebildet dem Französischen wäre dagegen die von Krüger (319) aus Kurland angefürte Wendung: wollen wir gehen trinken fragen, allons demander à boire,— wenn diese unbeholfene Redeweise in Kreisen begegnen sollte, wo das Französische die deutsche Sprechweise beeinflusst. — Geh' du lieber Sperlinge schießen, rig. Ztg. 1862. 71, d. h. gib dich lieber mit etwas Anderem ab, als Mit der Jagd auf Wild. Dieses geh' enthält bereits eine Abweisung, welche stärker sich ausdrückt in. O geh, geh! wie kannst du so etwas behaupten? O geh, geh! wie kann das wahr sein? O geh, geh! ich glaub's nicht. Geh doch! darin irrst du, lass es sein, denke nicht daran. Zu Grimms Wtb. 2402. 5 b. Eine Abweisung stärkster Art ist: geh kacken! d. h. lass mich damit zufrieden, lass das sein, scher' dich damit zum Henker — was schon in 324 angefürt wird. Anders er kann nun kacken gehen, d. h die Sache für verloren ansehen, sich den Mund wischen.

Eckardt 1904, 62
„geht“ dann die Düna endlich, so ist halb Riga auf den Beinen.

Seemann von Jesersky 1913, 130
gehen - jink, w. gink,

Kiparsky 1936, 204f.
wir gingen mit ihm 'ich und er gingen, ich ging mit ihm'. - Diese, nach Masing WbA. im ganzen Baltikum verbreitete Ausdrucksweise kommt in Deutschland, ausser gelegentlich in Übersetzungen aus dem Russischen, nicht vor., hat aber genaue Entsprechungen im Russischen (мы с нимъ шли). [vgl. A. Tobler Vermischte Beiträge zu franz. Grammatik III. (Leipzig 1899) S. 14-17]

Kobolt 1990, 112, 114
gehen st. Verb, Praet. ging, häufig gink gesprochen.
mnd. Praet. gink.
Redewendungen: Ach geh! Ausdruck der Verwunderung, des Zweifel, der Mißbilligung, z.B.: Ach geh, dieser Aufschneider ist doch nie in Paris gewesen! - Gehen Sie doch mit ihren Märchen! - Ach geh, hat sie doch den Krause geheiratet?
gehen - gink (geschrieben ging) Praet. von gehen
[im Lettischen (mes ar vinu gajam) und im Estnischen (me läksime temaga). Die Erscheinung dürfte östlicher Herkunft sein, da sie wohl dem Finnischen und dem Finnländisch-Schwedischen bekannt ist und z.B. dem Slowakischen geläufiger ist als dem Tschechischen, man muss aber stets mit der Möglichkeit der spontanen Entwickelung rechnen, die z.B. für das frz. nous chantions avec lui = nous chantions, moi et lui und für ähnliche Fälle im Italienischen vorliegt (vgl. Tobler 1.c.). Beim Bd. liegt der Gedanke an Beeinflussung durch fremde Vorbilder sehr nahe, es lässt sich aber mangels älterer Belege nicht feststellen, welcher der drei obenangeführten Sprachen die größte Rolle dabei zuzuschreiben wäre. Berücksichtigt man die Tatsache, dass dieselbe Konstruktion (wie ich mich persönlich an Ort und Stelle habe überzeugen können) in Memel durchaus geläufig ist, wo nur das Lettische (Kurische) oder das Litauische als Quelle in Frage kommt, so ist man ..., auch das Bd. die Quelle in der einheimischen Sprache zu suchen.

Georg

QUELLEN

Gutzeit 1877, 340
Georg. In den meisten Verbindungen hört man Georgen-, und nicht Georgs: der Georgensal im Winterpalais; Georgenfest, Georgenorden; das Georgenhospital in Riga. — Zuweilen auch: Georgens-.

Gutzeit 1877, 340
Georg, George, Georgi, bei den Landwirten der 23. April, der Georgstag. Im vorigen Jahrh. sprach und schrieb man St. Jürgen oder St. Jürgentag; bei Lange: Jürgentag. Der Baumfluß hat vor St. Jürgen wol 14 Tage anticipirt, 350. XVIII. In diesem Jahrh. vorzugsweise Georgi; erst neuerdings oft Georg und George. Die Stelle wird zu Georg frei, Pastor Walter in 361. 1879. 57; von George zu George; das Schießen des Wildes während der Hegezeit, d. h. vom George bis Jakobi, 174. 1821. 167.
Ein in der Landwirtschaft wichtiger Tag. Zu Georgi verlässt der Bauer sein Gesinde, zu Georgi wechselt das Gesinde (die Dienstboten) ihre Stellen; zu Georgi beginnen und enden Pachten und Pachtverträge. Ein Gut zu Georgi empfangen, übernemen u. dgl.

Pantenius 1880, 45
Georgi. „Georgi ums Jab“

Pantenius 1907, 50
Georgi - 23. April

Grosberg 1942, 21 ff.!, 313f,
St. Georgi (vgl. Jakobstag).
St. Georgi, der 23. April, ist einer der wichtigsten Tage im Kreislaufe des ländlichen Lebens, denn an diesem Tge beginnt das ökonomische Jahr; die Kontrakte und Abmachungen laufen in Livland von Georgi zu Georgi. An diesem Tage wechselt, seit in Livland Freizügigkeit besteht, das Gesinde sein Dienstverhältnis, laufen Pachtverträge ab und beginnen neue.

ha Interj
‣ Varianten: ho
'Jagdrufe, wenn ein bestimmtes Tier gesehen wird'
ha Bar [Bär]
ho Bunt [Luchs]
ha Flick [Reh]
ha Fühl [Fuchs]
ha Gräber [Dachs]
ha Lang [Elentier od. Hirsch]
ha Lett [(grauer) Hase]
ha Lif [livländischer Hase]
ha Liep [livländischer Hase]
ho Schabar [Wolf]
ha Schap [Wolf]
ha Weiß [(weißer) Hase]
siehe auch berufen

DAZU:
siehe auch Interjektionen

QUELLEN

Buddeus 1847, 323f.
Man hört den Jagdruf „Haflik“ (ein Reh) oder „Haful“ (ein Fuchs), weit seltener schon „Schabah“ (ein Wolf) oder „Halong“ (ein Elentier), am seltensten „Hastink“ (ein Luchs), wie überall am häufigsten „Halatt“ (Lampe, der Hase)

Gutzeit 1859, 119
ha 2) einen Bär od. Wolf. Jagdausdruck, den schon Stender anf. Vom „Berufen des Wildes“ sollte in der Baumann-Kriese'schen Jagdlehre gehandelt werden. vgl. 176.1827.60.

Gutzeit 1882, 146, 171, 174
Lang. Im Jagdruf Ha Lang! Wenn ein Elenn sich zeigt.
Lif, mit ha verbunden: Ha Lif, als Jagdruf, einen livl. Hasen anzeigend, s. Ha und Lip.
Lip. Ha Liep! ein Jagdruf, in gleicher Bed. mit Ha Lif. Jede weidmännische Berufung macht ihm Ha Fühl! Ha Lett! Ha Liep! Ha Schaap! Ha Baar! Ha Lang! Ha Bergmann! 332. 6.

Gutzeit 1889b, 465
ha, in dem Jagdruf ha Lett, ha Ful u. s. w. Unser Ha Lang! — Ha Flick! — Ha Bar! — Ha Schap! — Ha Fühl! — Ha Lett! - erschallen lassen, 332. II. 11—12; Ha Fühl! Ha Lett! Ha Liep! Ha Schap! Ha Baar! Ha Lang! Ha Bergmann! ebda.; wessen Wacht ichm! wessen Ha Fühl war schallender als das Seinige? ebda. IV. 23. Wenn ein kräftiges Ha Lett oder Ha Fuhl ertönt, rig. Ztg. 1864. 95. Ha Bar wird gerufen, wenn ein Bär sich zeigt, ha Flick, wenn ein Reh, ha Fühl, wenn ein Fuchs, ha Lett, wenn ein grauer Hase, ha Lif, wenn ein livländischer Hase, ha Lang, wenn ein Elenn sich zeigt. Vgl. Flick und Ful. — In diesem ha könnte man versucht sein das französische hare im: hussa zu erkennen, besonders weil französische Jagdausdrücke große Verbreitung gefunden haben. Bei Franzosen ist hare lévrier ein Ermunterungsruf für die Windhunde bei Hetzjagden und hare loup bei Wolfsjagden ein Zuruf an die Hunde, wenn der Wolf sich sehen lässt.

Gutzeit 1892b, 23f.
Ha Lett! S. v. Rechenberg-Linten(Zustände Kurlands, Mitau 1858) sagt S. 42—43 folgendes: Zum „Berufen“ des Wildes wurden eigenthümliche, von der wirklichen Benennung abweichende Ausdrücke gebraucht, und zwar: für einen Hasen — „Halet“. Das Ha! ist nun offenbar Interjection und das Let kann mannigfaltig derivirt werden. Es giebt verschiedene Hasenarten, eine nämlich mit besonders breiten Ohren und dicken Köpfen, die im Gegensätze von den, in Flächen mit spitzen Köpfen undschmalen Ohren hausenden, mehrentheilssich im Walde aufhält und von den die Species provinziell Lettauer heißt. Diese Benennung kann nun von latae aures, breite Ohren, lat — Ohr, — ferner von Litthauer, weil diese Hasenart auch besonders einheimisch in dem benachbarten Litthauen ist, — oder auch von Lette - spottwbise über die von den deutschen Rittern besiegten, von ihnen furchtsam erachteten Letten, — oder auch von lepus (Hase) statt Halep, korrumpirt Halet, — hergeleitet werden. — Die Berufung eines Fuchses — „Haful“ hat kaum eine Ähnlichkeit des Klanges: Fuchs und Fühl, selbst nicht aus der Ferne. So auch haben Wolf und „Schabah“ weder Klang- noch Sylbenverwandtschaft; es sei denn daß Schabah, auf Russisch Schubah, einen guten Pelz bedeute. Ein Reh und „Ha Flick“ sind ebenso verschieden. — wenn nicht die letzte Sylbe etwa ein corrumpirtes „flink“, schnell, behend bedeuten soll. — Ein Elenthier — „Halang“ ist auch nicht wohl zu deriviren, da dieses Thier nicht von langem, sondern kurzem Körperbau, und nur sehr hochbeinig ist. Allenfalls könnte die Bezeichnung von dem französischen Elan , Elenthier, abgeleitet werden; so wie das Auffliegen des Flugwildes, das „Kiroh“ — von tire haut, schieß hoch, oder auch von dem altdeutschen küren sehen, in die Höhe sehen. — Im Wörterschatze habe ich bereits (I. 465) die Vermutung geäußert, dass das Ha nicht unser Empfindungswort, sondern das franz. hare ist — ein Hetzruf für die Jagdhunde. Auch an das franz. haler Hetzen, anhetzen(die Jagdhunde) könnte gedacht, und in Ha Lett das franz. alerte: aufgepaßt!habt acht! vermutet werden. Dem widerstreitet aber, dass Ha Lett für den grauen Hasen, Ha Lif für den livländischen Hasen zur Berufung dient. In Lett ist also ein litauischer Hase (Litauer) zu erkennen, in Lif ein livländischer. — In dem Jagdruf „Ha Schabah“, den E. v. Rechenberg-Linten anfürt, ist das den livländischen Jägern bekannte Ha Schap! zu erkennen, und an russ. шуба, wol nicht zu denken. —vgl. Flick und Fühl.

Gutzeit 1894, 6
Als Jagdausdruck. vgl. Wörterschatz I und Nachträge von 1886 und 1892. Damit die Schützen, sowie der die Jagd führende Jäger, der Piqueur, sich darnach richten können, muß jeder Schütze jedes Wild, auf das er einen Schuß abgegeben hat, oder dessen er auch nur ansichtig geworden ist, berufen, und zwar mit der für jede Wildart vorgeschriebenen Benennung. Die Benennungen für die verschiedenen Wildarten sind jagdgebräuchlich folgende: der Bär wird berufen mit „ho Bär“, der Wolf „ho Schabar“, das Elen „ho Lang“, der Luchs „ho Bunt“, das Reh ha flink“, der Fuchs „ha Fuhl“, der Hase „ha lett“, der Dachs „ha Gräber“. Baron F. Nolde, Jagd und Hege, II.82. S., der bei einer Elensjagd sein eigenes gesatteltes Pferd, so sich losgerissen hatte, statt eines Elens, erschoß, und es auch als geschossenes Elen berief!! Eine Augenverblendung! 332.III.

Gutzeit 1894, 16
Ha, im Jagdruf Ha Lett, Ha Lif, Ha Lang, Ha Ful, Ha Schap! — Dies Ha ist offenbar nicht das deutsche Ha! Dieses ist uns zwar bekannt, wird aber nicht gebraucht und ersetzt durch ah! Schon deshalb ist es unwahrscheinlich, daß Ha in Ha Lett! u. s. w. deutsches Ha ist. Das ha ist demnach wahrscheinlich das franz. hare, wie dasselbe auch in halali erscheint. Die Vermutung, dass in Ha franz. hare zu finden sein mögte, ist aufzugeben, da in Ha offenbar kein Hetzruf, sondern ein bloßer Ausruf enthalten ist; ebenso ist bei Ha Lett das vermutete franz. alerte abzuweisen. — Die von Baron F. Nolde in Jagd und Hege II . 82 angegebenen Benennungen für die Berufung des erblickten oder geschossenen Wildes weichen von den in Livland gebräuchlichen und von den Rechenberg-Lintenschen(vgl. Nachträge v. 1892 unter Ha Lett!) einigermaßen ab. Baron Nolde hat Schabar, Baron Rechenberg-Linten Schabah — für das livlandische Schap; Flink für Flick (bei Baron Rechenberg Linten und in Livland); Gräber (Dachs) für Stänker in Livland. Für den Luchs fürt er an: ha Bunt. vgl. Nachträge von 1892 und berufen ebenda. — Dem Französischen ist auch unser siwá, entnommen, vgl. Wörterschatz I. 530.

Taube 1944, 15
Mit der Erinnerung aus jenen Zeiten an meinen Vater verbindet sich auch die Erinnerung an eine ganze Jagd, die ich eines Weihnachtens bakam: Bäume, Wild, Hunde und einen Jäger, hergestellt aus einer Papiermachémasse; ich spielte mit diesen Sachen immer gern auch allein. Doch war ich selig, wenn mein Vater mitspielte und die ganze Jagd in aufgeregten raschen Schwung brachte, mich dabei auch in all die Jagdsignale und Rufe einweihend, die so mannigfach in unserer Schwesterprovinz Kurland üblich waren und die er von dortigen Studienfreunden gelernt hatte. Denn jedes Tier wird dort mit einem anderen Ausruf signalisiert; der Hase mit „Halett!“, der Fuchs mit „Haflick!“, soweit ich mich erinnere.“


QUELLEN (Informanten)
Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland
Meine Frage an einige jagdkundige Landsleute ergab, daß es wohl Halitt heißen müßte: so riefen in Kurland die Treiber, wenn ein 'Litauer' (Grauhase) 'hochgemacht' wurde. Beim Signalisieren des Schneehasen riefen die Treiber „Haweiß!“, beim Fuchs „Ha-Fuchs!“. (So Dr. Walter Lange in Duisburg.
Nach Dr. med. Harold Scheinpflug in Friedrichshafen galten die Rufe den Hunden, um sie anzufeuern. In Livland habe man, wenn ein Hase 'hochgemacht' wurde, „Halett!“ oder „Halitt!“ gerufen, beim Reh - „Haflick!“, beim Fuchs - „Haful!“, beim Elch - „Halan!“
Wenn Taube auch den Ruf „Hastink!“ für die Wildkatze anführt, so handelte es sich dabei wohl um einen Scherz des Vaters.

Klinten

QUELLEN (Informanten)

Anderson, Walter: Dorpat
Klinten, Klöße WL 4,35.

Krongießer der
‣ Varianten: Kronengießer

QUELLEN

Gutzeit 1874, 99
Krongießer. In Riga bestand ein Amt der Kupfer- u. Messerschmiede, Schwertfeger und Krongießer, deren Schrägen von 1688 ist. vgl. 236. Dem Krohngießer die Sprühen anbetrauen, 90. J. 1698. Aus dieser berechneten Weite und der gefundenen Stücke Dickte hat der Krohngießer herausgefunden, daß die Glocken gewogen haben müssen Schiffpfund... , 174. 1871. S. 29, aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. Hat dem Kronengießer (dem Kronen getter) gegeben für de Kronne (Kronleuchter) zu gießen, die in S. Johannis Kirchen hänget, 20 Thaler, 406. K. 1583. Erklärung, daß ich nicht Glockengießer, sondern „Kron- u. Glockengießermeister“ bin; die Krongießerei schließt schon an sich die Gürtlerei ein, rig. Ztg. 1873.

Sallmann 1880, 124
Krongießer Glockengießer, eig. der die Kronleuchter gießt.

Gutzeit 1889a, 48
Kronengießer. Wenn er aber ein Kranengießer, der fall gießen einen Leuchter Armb, den man an eine Wandt gebraucht, und einen teßmerser, zum Dritten einen gropen, und das diese drey Stucke unsträflich erfunden worden, 256. J. 1683. Ebenda: Krongießer.
Krongießer. Gerdt Meyer Crongießer, 477. 125; Jochim Walter Krongießer, ebda 131.

Kuienstelle die
‣ Varianten: Kujenstelle

QUELLEN

Gutzeit 1874, 113
Kuienstelle oder Kujenstelle, die, von Hupel in 444 erklärt: die Einfassung oder das Nest der Kuie. — In Livland pflegt man die Heuschläge oder Wiesen nach Kujenstellen zu schätzen, 325. Daher steht in Walter von Plettenbergs offenem Briefe, Wenden 1508: solche Koppel von zwey Kuh-Stede, 325.
Heuschlag von 2 kleinen Kuyen-Stellen, 172. 1781. 195; Kuystellen, ebda 209; 2 Kuyenstellen Heuschlag. 172. 1791. 213.

Pusnak der
‣ Varianten: Pusnack, Pusnacke, Pusnake

QUELLEN

Seemann von Jesersky 1913, 160
Pusnak, der später Geborene, Nesthäkchen.

Masing 1924-1926, 421
Pusnak Junge
8) Puznāk (z = stimmhaftes s. Vielleicht zu russ. pozdnják „Spätling“.)

Kiparsky 1936, 178
Pusnack [puznāk] m. 'Knirps, kleiner Wicht' ‹ r. позднякъ 'Spätling'. So nach JESERSKY 160 und MASING Schelten S. 421, was aber wegen der lautlichen und semasiologischen Differenzen nicht sehr einleuchtet. Unter Berücksichtigung der Nebenform Pusnackel [puznákəl] würde der eventuelle Zusammenhang mit opr. Pusenackel m. 'kleines, unansehnliches erwachsenes Mädchen' (FRISCHBIER II, 192) zu erwägen sein.

Nottbeck 1987, 73
Pusnak - kleines, unscheinbares Wesen / E.K.L.R.
Nimmst du die Pusnaken mit?

Kobolt 1990, 213
Pusnak, mit betonter Endsilbe und stimmhaftem s, m kleiner Junge, Dreikäsehoch, Knirps.
russ. posdnjak Nachgeborener, Spätling; pusinjok, mit betonter Endsilbe, Hering von mittlerer Größe, halbausgewachsener Hering; schwed. pys Knirps; dän. pusling Knirps.


QUELLEN
Lemm, Robert von: Reval, Dorpat
der Pusnak(e) 'ein kleiner Mensch; Steppke.

Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland
der Pusnāk (stimmhaftes s) 'scherzhafte Bezeichnung für einen kleinen Jungen (NB! klein von Wuchs).
Lehnwort aus dem Lettischen: pus-nācis = halb gekommen (zur Welt gekommen) ??
oder aus dem Russischen: posdnják = Spätling ??

Lange, Harald: Riga, Südlivland
Pusnak der Kleine, der Geringe.
Die Pusnaken balgten sich auf dem Hofe.
die Balgerei = Keilerei im Spiel.

Ammon, Kurt: Dorpat
Pusnák, der 'kecker kleiner Kerl'

Walter, Piers: Wenden
Posnák


Pusnak der kleine Junge, auch: Pusnack, WL 4,48
6mal im lett. Sprachbereich belegt, 1mal im estn.


Pusnake 'kleiner Junge' Reval

rigisch Adj
‣ Varianten: rigasch, rigsch, risch

QUELLEN

Hupel 1795a, 193
rigisch bezeichnet 1) die Stadt Riga, 2) den rigischen Kreis, 3) die ganze rigische Statthalterschaft oder Liefland.

Gutzeit 1887a, 44f.
rigisch, früher gew. st. rigasch und rigaisch. Bezeichnet (d. h. bezieht sich auf), bemerkt Hupel, 1) die Stadt Riga; 2) den rigischen Kreis; 3) die ganze rigische Statthalterschaft oder Liefland. Rigischer Stadtverdrag v. 1589; die Rigischen, 352. XXX. 3; die Rigischen haben befühlen, auf sie loszubrennen, 352. XXIX. 1; J. H., ein Rigischer, der unterschiedne Cortisanen beliebet, 349. XXVII. 1. J. 1612/13; es soll den Mitauschen mit Rigischen zu handeln frei sein, 349. XV. 5; ihr Rigischen, 334. III. In 195. rot. Buch neben rigisch auch oft rigsch u. die Rigschen. — Rigische waren da, d. h. Einwohner Rigas, Rigaer.
Gefäße von 100 Pägeln oder 120 Stufen rigisch, 276; einen rigischen, abgestrichenen Loff Roggen, 192. II. rig. Receß v. 1567. — Rigisches st. rigisch Maß. Fünf Lof Rigisches aussäen, 330. 24.
Einheimische u. Rigische Kinder. 174. 1823. 276 u. f. nach Vo. v. 1614; er ist kein Petersburger, sondern rigisch Kind, d. h. aus Riga; ein rigisch Kind macht aus seinem Herzen keine Mördergrube, d. h. ist offenherzig, aufrichtig, treuherzig.

Rig. Almanach 1870, 1, 2
... jedem Patrioten muß warm um's Herz werden, wenn er aus den Schriften Herder's, Hamann's oder Jochmann's erfährt, daß die Bezeichnung 'rigische Freunde' von jenen Männern wie ein Ehrennamen gebraucht wurde.
... einer, dessen Namen kein Rigascher Bürger anders als mit Verehrung ... sprechen sollte.
Vgl. dazu die Verse eines Studentenliedes: „Den Rig'schen Burschen treibt's mit Sturmeswehen, / Für Blau-rot-weiß in Kampf und Tod zu gehen.

Rig. Almanach 1882, 8, 10
Und wenn Düna-Eisgang, Johannismarkt im Domesgang, Krautabend, Hungerkummer, Wiedereröffnung des Stadttheaters und Vorlesung der Bursprake nicht mehr die Hauptereignisse und Hauptstationen des Rigaschen Jahresturnus bedeuten ...
Den Rig'schen Burschen treibt's mit Sturmeswehen, / Für Blau-rot-weiß in Kampf und Tod zu gehen.

Gutzeit 1887a, 48f.
risch (-) ehemals oft f. rigisch Sechs Rische Pfennig, im Hapsalschen Stadtr., übers, v. Arndt in 153. J. 1765. s. Rischkind.

Gutzeit 1887a, 49
Rischkind (-) , das. So schreibenBergm. und Hupel. Richtiger ist rischKind, d. h. rigisch Kind, aus Riga gebürtig.

Kobolt 1990, 223
rigasch, rigisch Adj., Adv. auf Riga bezogen, z.B.: „Rigasche Rundschau“.


QUELLEN (Informanten)

rigisch, rigsch, rigasch
Rigaer (Rigauer); Rigenser; die Rigschen, Livschen, Kurschen
„rigisch“ ist wohl älter und wird allmählich durch „rigasch“ verdrängt. Herder und Haman schreiben ihren „rigischen Freunden“, Neuendahl (Ende des 18. Jh.) vom „Hang der Rigischen zur Sinnlichkeit“. Später heißt es: „Rigascher Almanach“, „Rigasche Zeitung“, der „Rigasche Strand“ usw. Dazu „Rigaer“ als Bezeichnung für Bewohner Rigas, aber auch als Adjektiv „Rigaer Zustände“, „Rigaer Bürger“, der „Rigaer Zeitgenosse von Ferd. Walter Poelchau“. Den rigschen Burschen treibt-s .. Die Rigburschen, Livschen. Rigauer - abschätzig. Rigenser für Rigaer und für Fratres Rigenses.

Weinert, Paul: Riga
rigisch Ich bin ein risisches Kind.

Sparren
bei jm einen Sparren haben

QUELLEN

Pantenius 1872, 116
„Lattensparren“ überflüssige Sympatien für die Letten


QUELLEN (Informanten)
Schönfeldt, Sigrid: Riga
einen Sparren haben etwas verrückt
Ach, der hat ja 'nen Sparren!

Weinert, Paul: Riga
der Sparren
er har einen Sparren 'Er hat einen Vogel'
das Sparren heben 'Aufrichten'. Heute wurden die Sparren gehoben. Die Sparren werden heute gehoben.

Engelbrecht, Hardy: Dorpat
einen Sparren haben 'einen sitzen haben', WL 7,14.

Walter, Woldemar: Ösel, Reval
bei jemandem einen Sparren haben 'gut angeschrieben sein', WL 7,14.

Schubert, Irmtraut: Riga; Schnatze, Claus: Kurland
Du hast wohl einen „Sparren“ 'einen Spleen haben' WL 4,6.


einen Sparren haben 'hochmütig sein' WL 7,14.
3x gemeldet, nicht zu lokalisieren.


einen Sparren haben 'einen Tick haben, wunderlich sein, ein Sonderling sein' usw. WL 7,14. Durchgehend aus dem ganzen Baltikum gemeldet.

spicken

vgl einspicken, hinspicken, nachspicken, abspicken, aufspicken, ausspicken, davonspicken, durchspicken

QUELLEN

Sallmann 1880, 41, 72, 113
Spicker der unerlaubte Zettel zum Ablesen bei Schülern; spicken sich eines solchen Zettels bedienen; abspicken in unerlaubter Weise ablesen, vorspicken vorsagen, zuspicken zurufen.
spicken durch die Lappen gehn, weglaufen, gew. ausspicken, losspicken.
spicken, Spicker von den unerlaubten Hilfsmitteln in Schule und Examen.

Sallmann 1880, 72
spicken durch die Lappen gehn, weglaufen, gew. ausspicken, losspicken.

Seemann von Jesersky 1913, 173
spicken, mit Speck durchziehen

Seemann von Jesersky 1913, 173
spicken o. stoßen:Är spickt mit Fieße; entfliehen: Alle spickten aus, auch heimlich abschreiben.

Kobolt 1990, 255
spicken schw. V. laufen, flitzen, ausreißen, das Weite suchen, z.B.: Sie spickte zum Bäcker, als die Gäste kamen. Wir spickten zur Hintertür hinaus.
plattd. ut-spicken ausreißen; lbg. spicken laufen; ostpr. spicken mit großer Hast laufen.


QUELLEN (Informanten)
Lange, Harald: Riga, Südlivland
spicken: mit dem Fuß spicken;
er spickte aus (lief davon).
Er ist gespickt voll von Anekdoten.
In der Schule spickt man dem Nachbart vor (ab).
Hasen(braten) werden gespickt mit der Spicknadel.
Spicker - ein Zettel mit Notizen zum Abspicken. Das hat er abgespickt - abgelauert, abgeschrieben.

Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland
spicken i.d. Schülersprache: abschreiben, pfuschen
„spicken“ konnte man, indem man beim Nachbarn in seine Arbeit blickte; dann „spickte man ab“. Man konnte aber auch einen gedruckten oder selbstgefertigten „Spicker“ benutzen. Oder der Nachbar „spickte einem vor“ = strampelnd gegen jem. stoßen.
„mit den Füßen spicken“ = strampelnd gegen jem. stoßen.
„ausspicken“, „losspicken“, „auskneifen“, „losziehen“ 'davonlaufen, entkommen'

Schönfeldt, Alfred, Sen.: Riga, Petersburg, Estland; Tode, (Jo)hanna: Riga
(zu Sallmann 72: T.: nur ausspicken, sonst spicken 'mit den Füßen stoßen' bekannt; S: Zusammensetzungen ausspicken, losspicken bekannt)

Campenhausen, Sophie Baronin: Livland: Ilsen, Kreis Walk; Tode, Wally: Libau, Riga
spicken jemanden mit dem Fuß stoßen (auch Riga)
[Weiss - nur 'vorsagen' und 'abschreiben' bekannt]

Weiss, Lis-Marie: Reval; Tode, (Jo)hanna: Riga
spicken stoßen, abschreiben (Riga); mit den Füßen spicken

Etzold, Friedrich Wilhelm: Dorpat, Fellin
spicken Sonderbedeutungen (WL 4,1): 1. jem. mit kl. Geldgeschenken bestechen (1mal im lett. Spr. belegt); 2. reichlich mit etw. versorgen.


spicken rennen WL 5,48. 2mal im lett. Sprachbereich, 4mal im estn. belegt.
spicken 'mit dem Fuß stoßen' (Riga)
spicken 'treten mit dem Fuß', 'abschreiben'
spicken (1) Fleisch mit Speckstreifen durch ziehen' WL 4,1 (von Speck?) Im lett. wie im estn. Sprachbereich oft belegt. (s. Duden)
spicken (2) mit dem Fuß treten, stoßen, WL 4,1. auch: das Pferd 'spickt' - schlägt aus, oder nur mit der Fußspitze. Im lett. Sprachbereich häufig belegt, im estn. nur einige (ca 15-20) Mal.
spicken (3) in der Schule: mogeln, verstohlen ablesen o. abschreiben; lat. 'spicere' - spähen [a. Schönfeldt, s.] WL 4.1. Im lett. wie im estn. Sprachbereich sehr häufig belegt.
spicken (4) schnell laufen, davonlaufen, WL 4,1, vgl. losspicken. 3mal im lett. Sprachbereich, 8mal im estn. Sprachbereich belegt. auch in Ostpreußen.

Anderson, Walter: Dorpat
sich spicken sich auf etwas freuen, WL 4,1.

Graf, A.E.: Reval, Fellin
auf etwas spicken auf etwas lauern, WL 4,1.


sich spicken, auf etw. 'sich auf etw. freuen' WL 3,11. Ca 13x im estn. Spr. belegt.

zermaddert part

QUELLEN

Nottbeck 1987, 102
zermaddert - zermürbt / E.K.
Nach allem, was sie ausgestanden hatten, waren sie ganz zermaddert.


QUELLEN (Informanten)
Anderson, Walter: Dorpat
zermaddert erschöpft, WL 4,10.

Tiene
‣ Varianten: Tine

QUELLEN

Bergmann 1785, 70
die Tiene (von Tonne) ein kleines Fäschen mit einem Deckel und Schlosse, allerley Vorrath darinn zu verwahren.

Hupel 1795a, 238
Tiene, die, (aus dem Ehstn.) ist ein hölzernes, aber gemeiniglich ein längliches, Gefäß mit einem Deckel. (Bergm. welcher es zu eingeschränkt für ein Fäßchen mit einem Deckel und Schloß erklärt, leitet den Ausdruck von Tonne ab; vielleicht weil an etlichen Orten in Deutschland die Tine eine offene Tonne heißt.)

Gutzeit 1892a, 24
Tiene, f. Tine

Gutzeit 1892a, 25
Tine, die, hölzernes, größeres, rundes Gefäß mit einem Deckel. Gewönlich zur Aufbewarung von Mehl, auch Federn, Krollharen u. a. dienend. Bei uns stets ein größeres Gefäß; im brem. Wörterbuch: ein kleines Fässchen mit einem Deckel. — Bei uns gewönlich mit 2 Öhren an 2 verlängerten Dauben, um einen Stab od. Stock durchzustecken und es besser tragen zu können. In Preußen (476): hölzerne Bütte, Kübel, Wanne; Waschtine, Wassertine. In Schiller-Lübbens mnd. Wtb.: Bütte, Kübel, Zuber. — In 153. 1762. 54 heißt es: „Im Lettischen ist Tine ein ausgehölter Klotz, in welchem etwas unter einem Deckel verwahrt wird; ist auch in Niedersachsen gebräuchlich. Prof. Michaelis in Göttingen hat vor einigen Jahren bewiesen, daß die wendische Sprache eine Mutter der meißnischen, hochdeutschen Sprache sei.“ In 411 lett. tihne oder tihnis (lit. tyne Badewanne), ein großes rundes hölzernes Gefäß mit einem Deckel, zu den verschiedensten Zwecken, Bewahren von Kleidern, Mehl, Einsalzen, Einmachen des Kohls u. s. w.
Hupel meinte, das Wort komme aus dem Estnischen. Es ist aber auch in Deutschland bekannt; in Aachen Ziene, Tiene, Zing, die; im Lateinischen und Italienischen tina; in Frankreich une tine und tinette kleines Tönnchen. Ferner im Niederdeutschen und Schwedischen. B. Thomson (Einfluss d. german. Sprachen auf die finnisch-lappischen) vermutet, dass das deutsche Tine in den russ. Ostseeprovinzen aus dem schwed. Tina, hervorgegangen und aus dem balt. Tine wieder die estnische Gestaltung tin, liv. tön und lett. tine. Diese Annamen sind wol bestreitbar, insbesondere inder Hinsicht, dass unser Tine aus dem Schwedischen herstamme.
Zuerst finde ich das Wort in der Schra des rig. Böttcheramts von 1375: tynne. Holler in 406. J. 1582 schreibt: Noch stand im Chor (der russ. Kirche) ene holten Tyne mit dem Lede (Deckel); als dat Lydt (Deckel) abgenommen ward, da tiel die Tynne enttwei. — Acht Thünen, 224. 1827. 5.
Von Balge unterscheidet sich Tine hauptsächlich durch den Deckel. Daher heißt das, was in Preußen (476) Waschtine, Wassertine genannt wird, bei uns Waschbalge, Wasserbalge.

Seemann von Jesersky 1913, 179
Tiene o. tina, großes hölzernes rundes Gefäß mit 2 verlängertem durchlochten Dauben zum Durchstecken eines Tragstabes. Wascht, Fischt.

Sehwers 1918, 58
stīnis, tīnis ein großes, rundes, hölzernes Gefäß mit einem Deckel zum Aufbewahren von Kleidern, Mehl usw., mnd. tine Bütte, Kübel, Zuber.

Mitzka 1923, 19
Tiene Mehlfaß

Masing 1926b, 61
Tiene „grösseres rundes hölzernes Gefäss mit einem Deckel, zur Aufbewahrung von Mehl, Federn etc.“ (mnd. tine „Butte, Kübel, Zuber“; Schumann, S. 17 Tin, Tienken „Holzgefäss, Zuber“; Frischbier II, S. 402).

Sehwers 1936, 275
Tiene lett. tîne, tînis ein großes hölzernes Gefäß mit einem Deckel zu den verschiedensten Zwecken. Bewahren von Kleidern, Mehl, Einsalzen, Einmachen des Kohls usw.
‹ mnd. tīne Bütte, Kübel, Zuber. „Die Tiene hat immer die Gestalt eines abgestumpften Kegels.


QUELLEN (Informanten)

die Tine 'Mehlfaß', WL 4,44.
a.d. Lett. (?), Tihne; auch: Mehltine (s.d.)
Ca 30mal im lett. Sprachbereich belegt (bes. in Kurl.) auch: Holzgefäß allgemein (3x belegt).


Tine 'Gefäß', s. Kaestner, Walter: Zur Ostver..... [?] (1896)


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